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Vermittlungsausschuss berät über neue Hartz-IV-Regelsätze und das Bildungspaket

Da der Bundesrat den Gesetzentwurf zur Hartz-IV-Reform am 17.12.2010 abgelehnt hat, verhandelt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat das Gesetz jetzt nach. Die nächste Sitzung ist für Mitte Februar geplant.

Hintergrund: Kritik des BVerfG

Anfang des vorigen Jahres hatte das BVerfG mit Urteil vom 09.02.2010 (1 BvL 1/09) die mangelnde Transparenz bei der Ermittlung der Hartz-IV-Regelsätze kritisiert und dem Gesetzgeber aufgegeben, die Regelsätze für Erwachsene und Kinder nachvollziehbar zu berechnen.

Nach dem „Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ (BT-Drucks. 17/3958) soll der Regelsatz für alleinstehende und alleinerziehende Grundsicherungs-Empfänger ab 2011 geringfügig steigen.

Die Regelsätze ab 2011

Die Regelsatz für Erwachsene sollen betragen:

  • 364 € für alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte,
  • 28 € für Ehegatten und Lebenspartner sowie andere erwachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften, und
  • 291 € für erwachsene Leistungsberechtigte, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben.

Kinder und Jugendliche erhalten ein eigenständig berechnetes Sozialgeld, gestaffelt nach Altersgruppen:

  • 287 € für Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren,
  • 251 € für Kinder von 6 bis unter 14 Jahren und
  • 215 € für Kinder unter 6 Jahren.

Die neuen Regelsätze für Kinder und Jugendliche und für Erwachsene wurden für 2011 auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 berechnet.

Die Regelsätze sollen damit nicht mehr analog zur Rente steigen. Denn die Rentenanpassung ist an die demografische Entwicklung gekoppelt. Mit der Entkoppelung von der Rentenanpassung werden die Anpassungen der Regelsätze in Zukunft zwingend höher sein als die der Rente.

Bildungspaket

Kinder und Jugendliche haben zusätzlich einen Rechtsanspruch auf gezielte Förderung bei Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe. Dies wird über das neue Bildungspaket finanziert. Das Paket besteht aus vier Bereichen: „Lernförderung“, „Kultur, Sport, Mitmachen“, „Zuschuss Mittagessen“ und „Schulbasispaket“.

Das Schulbasispaket wird in zwei Stufen ausbezahlt: 70 € erhalten die Eltern zum 1. August und 30 € zum 1. Februar eines Jahres, um die Schulmaterialien über das Schuljahr gut abdecken zu können. Teil des Schulbasispakts ist auch ein Gutschein für die Teilnahme an eintägigen Schul- oder Kita-Ausflügen.

Bei Bedarf erhalten Schülerinnen und Schüler zusätzlich eine angemessene Lernförderung.

Um Kindern den Zugang zu Vereinen in den Bereichen Sport, Spiel und Kultur, zu Ferienfreizeiten und zu außerschulischer Bildung zu ermöglichen, übernimmt die Agentur für Arbeit einen Jahresbeitrag von bis zu 120 €.

Kinder und Jugendliche, die am Kita- oder Schulmittagessen teilnehmen, erhalten einen Zuschuss von etwa 26 € im Monat.

Jugendliche, die ihre weiterführenden Schulen ab der 10. Klasse nur mit Bus oder Bahn erreichen können, erhalten das Fahrgeld beziehungsweise einen Zuschuss.

Kosten für Unterkunft und Heizung

Jeder Leistungsberechtigte erhält zusätzlich zum Regelbedarf die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung erstattet. Gerade diese Berechnungen der angemessenen Wohnungsgröße führten in den vergangenen Jahren jedoch immer wieder zu einer sehr hohen Anzahl von Widersprüchen und Klagen. Die Angemessenheit soll deswegen künftig nach einheitlichen Kriterien bestimmt werden - transparent und rechtssicher.

Leistung auf Antrag

Die beantragten Leistungen aus dem Bildungspaket werden entweder auf Antrag als personalisierte Gutscheine gewährt oder direkt mit dem Sportverein, der Musikschule, dem Kantinenpächter abgerechnet. Die Jobcenter und Kommunen werden das Bildungspaket umsetzen.

Weniger Abzüge bei Hinzuverdiensten

Die Hinzuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslosengeld-II-Empfänger werden erweitert. Je höher das Erwerbseinkommen eines Leistungsberechtigten, desto soll er behalten können.

Das Bundeskabinett hat entschieden: Wer als Leistungsempfänger ein Erwerbseinkommen zwischen 800 und 1.000 € hat, kann davon künftig statt bislang zehn Prozent dann 20 Prozent behalten. Die Anrechnung von Erwerbseinkommen unter 800 € bleibt unverändert. Die Neuregelung der Hinzuverdienste soll zum 01.07.2011 in Kraft treten.

Kritik der Oppositionsparteien

Die Oppositionsparteien hatten kritisiert, dass im Gesetzentwurf der Bundesregierung als Referenzgruppe nur noch die untersten 15 Prozent der Einpersonenhaushalte zur Berechnung des Bedarfs herangezogen wurden. In vorherigen Berechnungen dienten die untersten 20 Prozent und damit wesentlich ärmere Haushalte als Referenz für die Hartz IV-Berechnung. Ein weiterer Kritikpunkt war die Streichung von Tabak und Alkohol aus dem Bedarfssatz.

Weiterführende Links

Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch