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Rückwirkende Geltendmachung von Unterhaltsforderungen auch ohne Verzug des Unterhaltspflichtigen

Betreuungsunterhalt kann gemäß § 1615 l BGB rückwirkend für ein Jahr nach Entstehung des Anspruchs ohne die verzugsbegründenden Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB verlangt werden.

Darum geht es

Im zugrundeliegenden Fall trennte sich ein nicht miteinander verheiratetes Paar kurz nach der Geburt ihres Kindes. Für das Kind zahlte der Mann Unterhalt. Die Kindesmutter machte für sich zunächst keinen Unterhalt geltend. Erst ein Jahr später verlangte sie diesen rückwirkend für den Zeitraum ab Geburt des Kindes.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des Senats ist die spezielle Verweisung in § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB auf § 1613 Abs. 2 BGB Ausdruck dafür, dass Betreuungsunterhalt gemäß § 1615 l BGB rückwirkend für ein Jahr nach Entstehung des Anspruchs ohne die verzugsbegründenden Voraussetzungen des § 1613 Abs. 1 BGB verlangt werden kann, wenn bei der Geburt des Kindes nach § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a BGB aus rechtlichen Gründen die Geltendmachung nicht möglich war.

Entstanden ist der Unterhaltsanspruch ab April 2010 mit Geburt des Kindes. Das rechtliche Hindernis ist aber erst mit Anerkennung der Vaterschaft gemäß der Jugendamtsurkunde vom 07.06.2010 weggefallen. Der Unterhaltsschuldner wurde schließlich mit anwaltlichem Schreiben vom 17.03.2011 und damit vor Ablauf der Jahresfrist wegen der Rückstände in Verzug gesetzt, so dass § 1615 l Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB der Geltendmachung nicht entgegensteht.

Der Unterhaltspflichtige hatte außerdem eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf drei Jahre beantragt. Dies wurde ihm verwehrt, da vorliegend die 3-Jahresfrist nach § 1615 l Abs. 2 Satz 3 noch lange nicht abgelaufen ist. Eine Prognoseentscheidung dahingehend, ob schon jetzt davon ausgegangen werden kann, dass die Mutter vollschichtig arbeiten und ihren Bedarf decken können wird, kann derzeit aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation nicht sicher getroffen werden.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es wurde Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Es bleibt also abzuwarten, wie das oberste Zivilgericht in der Sache entscheidet.

OLG Köln, Beschl. v. 17.04.2012 – 4 UF 277/11