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Persönlichkeitsverletzung durch Anordnung des Umgangs mit den Kindern in deutscher Sprache

Die Auflage, die vom Jugendamt begleiteten Umgangskontakte mit den Kindern in deutscher Sprache durchzuführen, rechtfertigt nicht in jedem Fall eine Entschädigung in Geld.

Darum geht es:

Der Kläger schloss mit seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau, bei der die gemeinsamen Kinder leben, 2003 eine Umgangsregelung, wonach sein Umgang mit den Kindern in Begleitung eines Jugendamtsmitarbeiters stattfinden sollte. Der Kläger verfügt über die deutsche und polnische Staatsangehörigkeit und beherrscht beide Sprachen. Dem Jugendamt teilte er in einem Vorgespräch mit, mit den Kindern auch polnisch sprechen zu wollen. Das Jugendamt lehnte dies mit der Begründung ab, dass kein Polnisch sprechender Mitarbeiter für die Umgangsbegleitung zur Verfügung stehe. Der Kläger nahm daraufhin die vereinbarten Umgangstermine nicht wahr und erhob Klage vor dem VG. Dieses Verfahren erledigte sich durch die Einigung im familienrechtlichen Verfahren, wonach der Umgang in polnischer Sprache stattfinden sollte.

Daraufhin hat der Kläger vor dem LG ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 € wegen Persönlichkeitsverletzung verlangt. Das Jugendamt habe den Umgang nicht wie erforderlich gefördert, sondern verhindert. Das LG hat die Klage abgewiesen, da es dem Kläger durchaus möglich gewesen sei, seine Kinder zu sehen, allerdings in deutscher Sprache. Dagegen hat der Kläger vor dem OLG Berufung eingelegt, die zurückgewiesen wird.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger behauptete Rechtsverletzung rechtfertige keine Wiedergutmachung in Form einer Geldentschädigung. Eine Genugtuung habe der Kläger bereits insoweit erhalten, als das VG die Begründung des Jugendamts als „kaum haltbar“ bezeichnet hat. Die behauptete Rechtsverletzung sei jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass über diese Genugtuung hinaus eine Wiedergutmachung in Form einer Geldentschädigung nötig sei. Denn der Kläger habe die Möglichkeit, bereits 2003 im Wege eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens gegen die Entscheidung des Jugendamts vorzugehen, nicht genutzt.

Dies sei einzig seinem Verantwortungsbereich zuzuordnen. Die Beklagte könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass sein Kontakt zu den Kindern mehrere Monate unterbrochen war. Das Argument, deren Bildungs- und Berufsaussichten hätten durch die fehlende Möglichkeit der Vertiefung ihrer bilingualen Sprachentwicklung gelitten, könne der Kläger nicht zur Begründung eigener Entschädigungsansprüche anführen.

Eine Verletzung seiner Ehre und Würde als polnischsprachiger Bürger liege ebenfalls nicht vor. Das Verhalten der Bediensteten der Beklagten lasse nicht erkennen, dass sie den Kläger wegen seiner Herkunft nicht in der gebotenen Weise geachtet oder die polnische gegenüber der deutschen Sprache als „minderwertig“ angesehen hätten. Das Problem des fremdsprachigen Umgangs hätte sich bei jeder Fremdsprache gestellt, deren Beherrschung bei den hierfür vorgesehenen Begleitpersonen nicht ohne Weiteres vorausgesetzt werden könne.

Folgerungen aus der Entscheidung

Bei der Anordnung des begleiteten Umgangs muss das Gericht das Konkretheitsgebot beachten und eine Entscheidung fixieren, die neben den zeitlichen und örtlichen Gegebenheiten auch alle sonstigen Modalitäten verbindlich festgelegt. Je konkreter und präziser diese Entscheidung gefasst ist, desto leichter sind für die am Verfahren Beteiligten die spätere Umsetzung und ggf. auch Vollstreckung.

Hanseatisches OLG, Urt. v. 04.07.2011 – 1 U 34/10