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Im Vergleich vorgenommene Einkommensfiktion entfällt nicht durch Zeitablauf

Allein der Zeitablauf von mehr als fünf Jahren seit Abschluss eines Vergleichs führt nicht ohne weiteres zum Wegfall einer hierin vorgenommenen Einkommensfiktion. Erst wenn der Unterhaltspflichtige sich ernsthaft und intensiv ohne Erfolg um eine Arbeitsstelle bemüht hat, ist ihm das fiktive Einkommen nicht mehr zuzurechnen.

Darum geht es

Der Antragsteller ist Vater eines Kindes, welches bei seiner Mutter lebt. Vor dem Amtsgericht verpflichtete er sich 2007, an die Kindesmutter monatlichen Unterhalt i.H.v. 199 € für das Kind zu zahlen. Dem lag der Hinweis des Gerichts zugrunde, dass der Antragsteller bei vollschichtiger Arbeit einen Nettolohn von 1.239 € bei einem Stundelohn von 11,01 € erzielen würde. In der Folgezeit war der gelernte Einzelhandelskaufmann zunächst teilzeitbeschäftigt. Er wurde arbeitslos, arbeitete dann als Lagerhelfer, war nach erneuter Arbeitslosigkeit als stellvertretender Marktleiter sowie als Paketfahrer tätig und ist nunmehr erneut arbeitslos.

Der Antragsteller wandte sich mit einem Abänderungsantrag gegen den titulierten Kindesunterhalt, berief sich auf Leistungsunfähigkeit und beantragte Verfahrenskostenhilfe. Das Familiengericht hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Der Antragsteller habe nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass er nicht in der Lage sei, weiterhin einen Stundelohn von 11,01 € zu erzielen.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Unter Vorlage von 15 Bewerbungsschreiben aus dem September 2012, trug er vor, er bewerbe sich umfangreich in seiner gelernten Tätigkeit. Die Prognose bzgl. seines Einkommens habe sich als nicht richtig erwiesen. Das Familiengericht half der Beschwerde nicht ab. Der Antragsteller habe vor Antragstellung offenbar keine Bewerbungsbemühungen unternommen. Trotz mehrfacher Ankündigungen hat der Antragsteller keine weiteren Bewerbungsunterlagen vorgelegt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg, der Antrag auf Abänderung des Unterhaltsvergleichs habe keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Der Antragsteller habe keine Tatsachen vorgetragen, die eine Abänderung des Vergleichs rechtfertigen könnten.
Obwohl er geringere Einkünfte erzielt hat, als im Vergleich zugrunde gelegt, sei an den fiktiven Erwerbseinkünften festzuhalten. Der Antragsteller habe aufgrund des protokollierten, berechneten Einkommens die Obliegenheit, sich um eine entsprechende Tätigkeit (Vollbeschäftigung als Einzelhandelskaufmann) zu bemühen. Entsprechende Bemühungen habe er nicht hinreichend dargelegt.

Ein nachhaltiges Bewerbungsbemühen ließe sich mittels der vorgelegten Bewerbungen nicht belegen, sie betreffen nur den Monat September 2012.

Der bloße Zeitablauf führe als solcher nicht zum Wegfall der Fiktion. Dem Unterhaltspflichtigen sei das fiktive Einkommen solange zuzurechnen, wie er sich nicht hinreichend um einen neuen Arbeitsplatz bemüht hat. Erst dann, wenn er sich ernsthaft und intensiv um eine Arbeitsstelle bemüht hat, kann er gegebenenfalls im Wege eines Abänderungsantrags geltend machen, dass die Bemühungen erfolglos waren.

Weiter zum Volltext: OLG Hamm, Beschl. v. 04.07.2013 - 2 WF 203/12, DRsp-Nr. 2013/17915

Lesen Sie hierzu auch: Geschiedenenunterhalt - Abänderungsantrag gem. § 239 FamFG