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Die wichtigsten Änderungen durch das KiwoMaG

Das Gesetz zur Erleichterung familiengerichtlicher Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls (KiwoMaG, in Kraft seit 12.07.2008) hat eine ganze Reihe von Änderungen in BGB und FGG mit sich gebracht. Der Beitrag stellt die wichtigsten Änderungen des KiwoMaG vor.

Eine bedeutsame inhaltliche Änderungen betrifft die Einführung der „Erörterung der Kindeswohlgefährdung“ in § 50f FGG. Damit wird den Gerichten und Jugendämtern ein Instrument an die Hand gegeben, bereits im Vorfeld einer Kindeswohlgefährdung mit den Eltern und in geeigneten Fällen auch mit dem Kind die Probleme unter der autoritären Wirkung des Richters gemeinsam zu erörtern. Auch das neu eingeführte Vorrang– und Beschleunigungsgebot des § 50e FGG stellt eine längst überfällige, begrüßenswerte, aber noch ergänzungsbedürftige Neuregelung dar.

Das KiwoMaG kollidiert aber auch mit dem vom Bundestag am 27.06.2008 beschlossenen Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) .

Einzelne Regelungen des FamFG werden bereits jetzt in das FGG bzw. BGB eingefügt (§ 50a FGG entspricht § 160 FamFG; 52 Abs. 3 entspricht § 156 FamFG; § 50e FGG entspricht § 155 FamFG; § 50f FGG entspricht § 157 FamFG und § 1696 Abs. 3 BGB entspricht § 166 Abs. 3 FamFG).

Allerdings wurden auf Empfehlung des Rechtsausschusses im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des KiwoMaG noch wichtige Änderungen vorgenommen, so dass ein vollständiger Gleichlauf mit dem FamFG nicht mehr besteht. So kann nun nach der Änderung des § 50a Abs. 3 FGG das Gericht im Rahmen der Anhörung einen Elternteil in Abwesenheit des anderen anhören, wenn dies zum Schutz eines Elternteils oder aus anderen Gründen erforderlich ist. Auch die Erörterung der Kindeswohlgefährdung soll in begründeten Fällen in Abwesenheit eines Elternteils durchgeführt werden können (§ 50f Abs. 2 FGG). Ferner wurde ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen, dass Inhalt einer einstweiligen Anordnung des Familiengerichts auch ein Umgangsausschluss sein kann (§ 52 Abs. 3 FGG). Es kann aber davon ausgegangen werden, dass diese Änderungen demnächst auch in den Entwurf des FamFG eingearbeitet werden.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

1. § 1666 BGB

a) Abbau von Tatbestandshürden in der allgemeinen Kindesschutznorm des § 1666 Abs. 1 BGB

§ 1666 Abs. 1 BGB n.F.
„Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind .“
Das Tatbestandsmerkmal „elterliches Erziehungsversagen“ wurde aus § 1666 Abs. 1 BGB gestrichen. Zu bedenken ist aber, dass in Fällen einer Kindeswohlgefährdung i.d.R. auch ein elterliches Erziehungsversagen vorliegt (so auch Rosenboom/ Rotax).

Die allgemeine Kindesschutznorm des § 1666 BGB hat nach der neuen Fassung lediglich zwei Tatbestandsmerkmale:

  • die Gefährdungssituation des Kindes bzw. des/der Jugendlichen, und
  • Fähigkeit oder Bereitschaft der Eltern zur Abwendung der Gefährdung.

Durch die Änderung soll hervorgehoben werden, dass Gegenstand der familiengerichtlichen Entscheidung nach § 1666 Abs. 1 BGB nicht die Sanktionierung elterlichen Fehlverhaltens in der Vergangenheit ist. Im Vordergrund soll vielmehr die zukunftsgerichtete Prognose stehen, ob eine Gefährdungssituation des Kindes in körperlicher, seelischer oder finanzieller Hinsicht besteht. Allerdings ist dazu folgendes zu berücksichtigen: Damit das Gericht geeignete Maßnahmen treffen kann, muss es zunächst alle entscheidenden Gesichtspunkte aufklären. Hierfür bedarf es regelmäßig auch einer vergangenheitsorientierten Ermittlung der Ursachen der Kindeswohlgefährdung.

Der Gesetzgeber möchte durch die Änderung nicht die Schwelle für ein tatsächliches Eingreifen des Familiengerichts gegenüber den Eltern (und dem Kind) herabsetzen (vgl. BT-Drucks. 16/6815, S. 14). Er möchte aber errichen, dass die Familiengerichte von den Jugendämtern früher angerufen werden. Ob dieses Ziel erreicht wird, bleibt abzuwarten.

b) Konkretisierung der Rechtsfolgen des § 1666 Abs. 3 BGB

§ 1666 Abs. 3 BGB n.F. (neu eingefügt)
„Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere
1. Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2. Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6. die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.“

In dem neugefassten § 1666 Abs. 3 BGB werden mögliche gerichtliche Maßnahmen nunmehr beispielhaft, also nicht abschließend, explizit aufgeführt. Diese standen dem Gericht bereits nach der bisherigen Rechtslage zur Verfügung, da es alle „zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen treffen“ konnte. Die Änderung stellt also reine Gesetzeskosmetik dar. Eine Erweiterung der Kompetenzen des Gerichts erfolgte durch das KiwoMaG nicht.

2. Überprüfung nach Absehen von gerichtlichen Maßnahmen, § 1696 Abs. 3 BGB

§ 1696 Abs. 3 BGB n.F.:
„Länger dauernde Maßnahmen nach den §§ 1666 bis § 1667 hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen. Sieht das Familiengericht von Maßnahmen nach den §§ 1666 bis 1667 ab, soll es seine Entscheidung in angemessenem Zeitabstand, in der Regel nach drei Monaten, überprüfen. “

Mit der Neufassung des § 1696 Abs. 3 BGB wird dem Familiengericht die zusätzliche Pflicht auferlegt, eine ablehnende Entscheidung einmalig zu überprüfen. Die einmalige Überprüfung soll in der Regel nach drei Monaten erfolgen. Sie kann im Einzelfall also früher oder später angesetzt werden und in begründeten Fällen auch unterbleiben. Durch diese Änderung ist somit keine Dauerkontrolle der Eltern beabsichtigt.

Die Neuregelung greift die Feststellung der Arbeitsgruppe auf, wonach das Absehen von einer Maßnahme nach § 1666 BGB vielfach ungewollt negative Auswirkungen habe. Denn in der Praxis scheut sich das Jugendamt häufig, erneut das Familiengericht anzurufen. Gleichzeitig fühlen sich Eltern durch das Nichteingreifen des Familiengerichts bestätigt und zwar insbesondere auch in Fällen, in denen unter Umständen die Prognose des Gerichts nicht richtig war. Die einmalige Überprüfung der Entscheidung soll zudem der Gefahr vorbeugen, dass Eltern nach einem für sie folgenlosen Gerichtsverfahren die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt ablehnen und ihrem Kind die eventuell erforderliche Hilfe verweigern. Kritisch hierzu äußerten sich Rosenboom/Rotax.

Inwieweit die unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten kritisierte Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung seiner Entscheidung nach § 1696 Abs. 3 BGB n.F. tatsächlich geboten und zielführend ist, wird die Zukunft zeigen.

3. Erörterung der Kindeswohlgefährdung, § 50f FGG

§ 50f FGG n.F.
"(1) In Verfahren nach den §§ 1666, 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht mit den Eltern und in geeigneten Fällen auch mit dem Kind erörtern, wie einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls begegnet werden kann, insbesondere durch öffentliche Hilfen, und welche Folgen die Nichtannahme notwendiger Hilfen haben kann.
(2) Das Gericht hat das persönliche Erscheinen der Eltern zu dem Termin anzuordnen und soll das Jugendamt zu dem Termin laden. Das Gericht führt die Erörterung in Abwesenheit eines Elternteils durch, wenn dies zum Schutz eines Beteiligten oder aus anderen Gründen erforderlich ist."

Eine bedeutsame Neuerung bringt § 50f FGG. In Abgrenzung zu der Anhörung nach §§ 1666, 1666a BGB, § 50a FGG wurde die Eingriffsschwelle für das Familiengericht vorverlegt Denn nach neuer Rechtslage ist ein Erörterungsgespräch bereits bei einer „ möglichen Kindeswohlgefährdung“ und nicht erst bei einer Kindeswohlgefährdung gem. § 1666 Abs. 1 BGB zulässig.

Eine bedeutsame Neuerung bringt § 50f FGG. In Abgrenzung zu der Anhörung nach §§ 1666, 1666a BGB, § 50a FGG wurde die Eingriffsschwelle für das Familiengericht vorverlegt Denn nach neuer Rechtslage ist ein Erörterungsgespräch bereits bei einer „ möglichen KindeswohlBereits im Vorfeld steht dem Familiengericht damit ein Mittel zur Verfügung, um auf die Eltern und die Kinder einzuwirken und die Verbindlichkeit eines vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe aufgestellten Hilfeplans zu verdeutlichen.efährdung“ und nicht erst bei einer Kindeswohlgefährdung gem. § 1666 Abs. 1 BGB zulässig.

Bereits im Vorfeld steht dem Familiengericht damit ein Mittel zur Verfügung, um auf die Eltern und die Kinder einzuwirken und die Verbindlichkeit eines vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe aufgestellten Hilfeplans zu verdeutlichen.

Ziel des Erörterungsgesprächs soll es sein, die Eltern, das Jugendamt und ggf. auch das Kind an einen Tisch zu bringen. Das Gericht soll in diesem Gespräch den Eltern die schwerwiegende Bedeutung der Situation verdeutlichen, auf mögliche Konsequenzen hinweisen und darauf hinwirken, dass die Eltern notwendige Leistungen der Jugendhilfe annehmen und mit dem Jugendamt kooperieren. Das Gericht soll die Eltern zudem auf die Folgen einer anhaltenden Gefährdungslage hinweisen.

Das Gericht hat allerdings die Möglichkeit, bei Vorliegen entsprechender Gründe ganz auf die Durchführung eines gemeinsamen Erörterungsgesprächs zu verzichten und sich auf die getrennt mögliche persönliche Anhörung der Eltern zu beschränken. Beispielhaft ist hier etwa der Fall häuslicher Gewalt zu nennen, bei dem die Sicherheit eines Elternteils nicht durch gerichtsorganisatorische Maßnahmen zu gewährleisten ist. Die Pflicht zur Erörterung der Kindeswohlgefährdung tritt in Kindesschutzverfahren neben die Pflicht zur persönlichen Anhörung der Eltern gem. § 50a FGG. Die Anhörung und die Erörterung können in einem Termin verbunden werden (BT-Drucks. 16/ 6815, S. 17).

4. Persönliche Anhörung der Eltern in Sorgerechtsverfahren, § 50a FGG

§ 50a Abs. 1 FGG n.F.
Das Gericht hört in einem Verfahren, das die Personen- oder Vermögenssorge für ein Kind betrifft, die Eltern an. In Angelegenheiten der Personensorge soll das Gericht die Eltern in der Regel persönlich anhören. In den Fällen der §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind die Eltern stets persönlich anzuhören. , um mit ihnen zu klären, wie die Gefährdung des Kindeswohls abgewendet werden kann.

Die Streichung des letzten Halbsatzes hat zur Folge, dass das Gericht nun mit den Eltern gem. § 50f FGG klären kann, wie die Kindeswohlgefährdung abgewehrt werden kann. Die Streichung der benannten Worte in § 50a Abs. 1 Satz 3 FGG soll mithin Überschneidungen vermeiden.

§ 50a Abs. 3 FGG n.F.
„Das Gericht darf von der Anhörung nur aus schwerwiegenden Gründen absehen. Unterbleibt die Anhörung allein wegen Gefahr im Verzuge, so ist sie unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hört einen Elternteil in Abwesenheit des anderen Elternteils an, wenn dies zum Schutz eines Elternteils oder aus anderen Gründen erforderlich ist.“

Dass ein Elternteil getrennt vom anderen Elternteil persönlich angehört werden kann, wurde erst kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt. Insoweit weicht das KiwoMaG von dem FamFG ab. Von der Neuregelung erfasst werden insbesondere Fälle häuslicher Gewalt.

5. Vorrang- und Beschleunigungsgebot, § 50e FGG

§ 50e FGG n.F.
„(1) Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls, sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen.
(2) Das Gericht erörtert in Verfahren nach Absatz 1 die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen.
(3) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen.
(4) In Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls hat das Gericht unverzüglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen.“

Diese Neuregelung war auch im Rahmen der anstehenden FGG-Reform geplant (vgl. § 155 FamFG) und wurde nun vorgezogen. Die Vorschrift statuiert für Verfahren, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen sowie für Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls ein ausdrückliches Vorrang- und Beschleunigungsgebot. Es wird klargestellt, dass diese Verfahren bevorzugt und vor anderen anhängigen Verfahren durchzuführen sind. Dieses Gebot richtet sich an die Gerichte in allen Rechtszügen (BT-Drucks. 16/ 6815 S. 16). Es gilt auch für einstweilige Anordnungen in Umgangssachen. Allerdings wird das Beschleunigungsgebot durch den Grundsatz des Kindeswohls begrenzt, wenn im konkreten Fall ein Zuwarten gewinnbringend ist.

§ 50e Abs. 2 Satz 2 FGG enthält die Verpflichtung des Familiengerichts, einen Termin in der Sache innerhalb eines Monats nach Beginn des Verfahrens anzuberaumen. Die Monatsfrist gilt auch dann, wenn lediglich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein bestimmtes Verfahren beantragt wird (BT-Drucks. 16/ 6815 S. 16). Sie darf nur in Ausnahmefällen und aus zwingenden Gründen (z.B. Erkrankung) überschritten werden (§ 50e Abs. 2 Satz 4 FGG). Kein ausreichender Grund ist nach dem Willen des Gesetzgebers das Vorliegen einer Terminkollision für einen Beteiligtenvertreter in einem anderen Verfahren, sofern es sich nicht ebenfalls um eine der in Absatz 1 aufgeführten Angelegenheiten handelt. Der Beteiligtenvertreter hat vielmehr in der anderen Sache einen Verlegungsantrag zu stellen, dem das Gericht wegen des Vorrangs der Kindschaftssache stattzugeben hat. Kritisiert wird, dass sich das Beschleunigungsgebot lediglich an das Gericht und mittelbar an die Rechtsanwälte richtet, aber eine gleich lautende Verpflichtung der zu beteiligenden Jugendämter fehlt (so auch Rosenboom/ Rotax ). Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber diese Verpflichtung des Jugendamts im Rahmen der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens noch einarbeitet.

Nach § 50e Abs. 3 FGG soll das Gericht das persönliche Erscheinen der Beteiligten zu dem Termin anordnen. Hiermit sollen die Aufklärung des Sachverhalts und die Erörterung der Probleme mit allen Beteiligten ermöglicht werden. Allerdings kann das Gericht wie etwa in Fällen erkennbarer familiärer Gewalt von der Anordnung des persönlichen Erscheinens zum Termin absehen und eine getrennte Anhörung der Beteiligten oder eine Anhörung unter Sicherheitsvorkehrungen durchführen. Deshalb wurde die Vorschrift als Soll-Vorschrift ausgestaltet (vgl. BT-Drucks. 16/ 6815, S. 17).

In § 50e Abs. 4 FGG wird die Verpflichtung des Gerichts geregelt, in Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung unverzüglich nach der Verfahrenseinleitung den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu prüfen. Die Regelung betrifft alle Verfahren, die wegen einer Gefährdung des Kindeswohls eingeleitet werden können, z.B. auch Verfahren, die auf eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB gerichtet sind.

6. Hinwirken auf Einvernehmen; Aussetzung, § 52 FGG

§ 52 Abs. 3 FGG n.F.
„Im Fall des Absatzes 2 soll das Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung über den Verfahrensgegenstand prüfen; in Verfahren, die das Umgangsrecht betreffen, soll das Gericht den Umgang durch einstweilige Anordnung regeln oder ausschließen.“

Zweck dieser Regelung ist es, einer Entfremdung zwischen dem Kind und der den Umgang begehrenden Person während des Verfahrens entgegenzuwirken. Beratungsanordnungen oder die Anordnung einer sachverständigen Begutachtung führen i.d.R. zu erheblichen Verfahrensverzögerungen. Im Durchschnitt dauern Umgangsverfahren in Deutschland 6,8 Monate. Daher soll das Gericht den Umgang in diesen Fällen vorläufig regeln, um eine für das Kindeswohl abträgliche Situation zu verhindern. Nach dem gesetzgeberischen Willen darf das Gericht nur dann von einer vorläufigen Umgangsregelung absehen, wenn bereits im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung absehbar ist, dass die Anordnung des Gerichts lediglich zu einer unwesentlichen Verfahrensverzögerung führt (BT- Drucks. 16/6815, S. 18).

7. Mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung, § 1631b BGB

§ 1631b BGB n.F.
„Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, bedarf der Genehmigung des Familiengerichts. Die Unterbringung ist zulässig, wenn sie zum Wohl des Kindes, insbes. zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung, erforderlich ist und der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch andere öffentliche Hilfen begegnet werden kann. Ohne die Genehmigung ist die Unterbringung nur zulässig, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist; die Genehmigung ist unverzüglich nachzuholen. Das Gericht hat die Genehmigung zurückzunehmen, wenn das Wohl des Kindes die Unterbringung nicht mehr erfordert.“  Unterbringung, § 1631b BGB

Bislang waren die Voraussetzungen der Erteilung der Genehmigung des Gerichts für eine mit einer geschlossenen Unterbringung eines Minderjährigen verbundene Freiheitsentziehung gesetzlich nicht definiert. Nunmehr werden die Voraussetzungen gesetzlich festgelegt. § 1631b BGB n.F. normiert, dass die geschlossene Unterbringung zum Wohl des Kindes erforderlich sein muss und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sowie der Vorrang anderer öffentlicher Hilfen zu beachten sind.
Durch die Konkretisierung möchte der Gesetzgeber Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffen. Eine materielle Verschärfung ist hingegen nicht beabsichtigt.

In § 70e FGG sind zudem die Qualifikationsanforderungen für den Sachverständigen normiert.

In § 70e FGG sind zude§ 70e Abs. 1 FGG n.F.
„Vor einer Unterbringungsmaßnahme nach § 70 Abs. 1, Satz 2, Nr. 1 und 3 hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen einzuholen, der den Betroffenen persönlich zu untersuchen oder zu befragen hat. In den Fällen des § 70 Abs. 1, Satz 2 Nr. 1 Buchstabe a soll der Sachverständige in der Regel Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie sein; das Gutachten kann auch durch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen erstattet werden.“  die Qualifikationsanforderungen für den Sachverständigen normiert.

Es wird also klargestellt, dass das Gericht in der Regel einen Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie beauftragen soll, aber ausnahmsweise auch einen in Fragen der Heimerziehung ausgewiesenen Psychotherapeuten, Psychologen, Pädagogen oder Sozialpädagogen mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragen kann. Dies biete sich etwa an, wenn ein psychiatrischer Hintergrund nicht vorliegt (BT-Drucks. 16/ 6815, S. 18). Hierdurch möchte der Gesetzgeber eine Vereinfachung des Verfahrens erreichen.