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Auswirkung der Abschaffung der Dreiteilungsmethode auf Unterhaltsvereinbarungen

Unterhaltsvereinbarungen, die auf der durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Januar 2011 beanstandeten Rechtsprechung des Senats zur Bedarfsermittlung durch Dreiteilung des zur Verfügung stehenden Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen sowie des früheren und des jetzigen unterhaltsberechtigten Ehegatten beruhen, sind weder nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam noch nach §§ 119 ff. BGB anfechtbar.

Darum geht es

Die Parteien wurden 1998 geschieden und schlossen einen Vergleich wegen des vom Kläger an die Beklagte zu zahlenden Nachscheidungsunterhalts. 2008 hat der Kläger die Abänderung dieses Vergleichs beantragt. Im Berufungsverfahrens haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen, dem die grundlegende Entscheidung des BGH (Urt. v. 30.07.2008 – XII ZR 177/06, DRsp-Nr. 2008/17440 = BGHZ 177, 356) zur „Bedarfsbemessung durch Dreiteilung“ zugrunde gelegen hat. Das OLG hat darauf hingewiesen, dass deren Umsetzung im konkreten Fall dazu führt, dass die Beklagte seit dem 30.07.2008 keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt mehr hat. Dem haben sich die Parteien angeschlossen und vereinbart, dass der Beklagten seit dem 30.07.2008 kein Nachscheidungsunterhalt mehr zusteht.

Nachdem das BVerfG (Beschl. v. 25.01.2011 – 1 BvR 918/10, DRsp-Nr. 2011/2852 = FamRZ 2011, 437) entschieden hatte, dass die Dreiteilungsmethode des BGH verfassungswidrig ist, hat die Beklagte den Teilvergleich angefochten und wieder Unterhalt begehrt.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Anfechtung durch die Beklagte hat keinen Erfolg.

Eine Anfechtung wegen Irrtums greift nicht durch, weil kein relevanter Irrtum vorgelegen hat. Ein solcher Irrtum hätte nur dann vorgelegen, wenn sich die Parteien darüber gestritten hätten, wie sich ein bestimmter Sachverhalt zugetragen hat, bei Vergleichsschluss einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt hätten und der gesamte Streit nicht entstanden wäre, hätten sie den richtigen Sachverhalt zugrunde gelegt, § 779 Abs. 1 BGB.

Über Tatsachen hat zwischen den Parteien kein Streit bestanden. Vielmehr war die Rechtsprechung des BGH der Grund für den Vergleich. Ob auch ein bloßer Rechtsirrtum von § 779 Abs. 1 BGB erfasst wird, lässt der BGH offen, weil es darauf hier nicht ankommt.

Ausschlaggebend ist dagegen, dass sich die Parteien bei Vergleichsschluss nicht über einen bestimmten Sachverhalt geirrt haben, sondern darüber, wie sich das Recht künftig entwickelt. Ihr Irrtum hat also darin bestanden, dass sie nicht wussten, dass das BVerfG die Rechtsauffassung des BGH für verfassungswidrig erklären wird. Ein derartiger Irrtum über die künftige Rechtsentwicklung ist kein relevanter Irrtum i.S.d. § 779 BGB.

Im Übrigen hat auch kein Streit bestanden, da beide Parteien einvernehmlich davon ausgegangen sind, dass die Rechtsprechung zur Dreiteilungsmethode Bestand haben wird.

Damit kann der Vergleich zwar nicht angefochten werden, aber es ist möglich, nach der Änderung der Rechtsprechung durch das BVerfG die Anpassung des Vergleichs zu verlangen.

Diese Anpassung ist erst vom Monat nach der Entscheidung des BVerfG an möglich. Daher kann die Beklagte vom Februar 2011 an eine Unterhaltsforderung geltend machen, wie sie besteht, wenn die Dreiteilungsmethode bei der Unterhaltsberechnung nicht berücksichtigt wird.

Praxishinweis

Diese Entscheidung fügt sich folgerichtig in die bisherige Rechtsprechung zu der Frage ein, wie sich eine Änderung der Rechtsprechung auf bestehende Unterhaltsvereinbarungen auswirkt. Bereits bisher berechtigte eine Änderung der Rechtsprechung oder sonstiger Umstände zu einer Abänderung bestehender Regelungen. Das gilt bei einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, aber auch der Sätze der Düsseldorfer Tabelle. Nichts anderes gilt für den Fall, dass die höchstrichterliche Rechtsprechung durch das BVerfG korrigiert wird.

Weiter zum Voltext: BGH, Urt. v. 20.03.2013 – XII ZR 72/11, DRsp-Nr. 2013/7127

Lesen Sie hierzu auch: Trennungsunterhaltsvereinbarung