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Auskunftspflicht setzt Notwendigkeit der Auskunft im Einzelfall voraus

Der geschiedene Elternteil ist nicht zur Auskunft über seine Einkünfte verpflichtet, wenn er dem Kind freiwillig Ausbilungsunterhalt zahlt.

Darum geht es

Seit der Scheidung der Beteiligten leistet der Vater freiwillig den gesamten Unterhalt für die gemeinsamen, inzwischen volljährigen Kinder, die sich noch in der Ausbildung befinden. Die Mutter verlangt von ihm Auskunft über seine Einkünfte, um für den Fall ihrer späteren Inanspruchnahme ihren Haftungsanteil an dem gesetzlich gemeinsam geschuldeten Ausbildungsunterhalt berechnen zu können.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Der Antrag der Mutter bleibt ohne Erfolg. Zwar haften Eltern für den Unterhalt ihrer Kinder gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Daher besteht zwischen den Eltern ein besonderes Rechtsverhältnis, das grundsätzlich ausreicht, um einen Auskunftsanspruch zu begründen.

Dieser Grundsatz gilt trotz der im Familienrecht bestehenden Sonderbestimmungen (vgl. §§ 1580 und 1605 BGB) nach wie vor auch im Familienrecht. Die §§ 1580 und 1605 BGB regeln nur einen Teilbereich, in dem der Gesetzgeber die gegenseitigen Rechte und Pflichten präzisieren wollte. Dadurch wird aber eine in besonderen Fällen aus § 242 BGB herzuleitende Informationspflicht nicht ausgeschlossen (BGH, Urt. v. 09.12.1987 – IVb ZR 5/87, DRsp-Nr. 1992/2770).

Der durch Treu und Glauben (§ 242 BGB) begründete Auskunftsanspruch besteht aber nur insofern, als er in der konkreten Situation erforderlich ist. Das ist der Fall, wenn zu klären ist, in welcher Höhe der Auskunft Begehrende im Einzelfall zu Unterhaltszahlungen verpflichtet ist.

Unter dieser Voraussetzung steht der Mutter ein Auskunftsanspruch nicht zu. Dass sie die Einkommensverhältnisse des Vaters kennt, ist nicht erforderlich. Denn sie braucht nicht zu befürchten, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Der laufende Bedarf der Kinder ist gedeckt, da ihnen der Vater die notwendigen Mittel zukommen lässt. Somit besteht auch kein weiterer Unterhaltsanspruch der Kinder gegen die Mutter.

Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch des Vaters gegen die Mutter besteht für die Vergangenheit nur in den Grenzen des § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 09.05.1984 – IVb ZR 84/82, DRsp-Nr. 1992/4908). Wer den anderen Elternteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB in Anspruch nehmen will, muss einen solchen Anspruch ausdrücklich geltend machen – andernfalls ist dieser für die Vergangenheit ausgeschlossen.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Vater bei der Mutter nicht gemeldet, um einen Ausgleichsanspruch geltend zu machen. Da die Mutter nicht damit rechnen muss, für rückständige Unterhaltsleistungen an die Kinder aufkommen zu müssen, hat sie keinen Auskunftsanspruch.

Folgerungen aus der Entscheidung

Diese Entscheidung fügt sich in die Rechtsprechung des BGH ein, nach der ein familienrechtlicher Auskunftsanspruch entweder wie in den §§ 1580 und 1605 BGB als Sonderbestimmung gesetzlich geregelt oder aus § 242 BGB herzuleiten ist, aber einer besonderen Begründung bedarf, dass die Auskunft im Einzelfall notwendig ist.

Erst wenn der Vater von der Mutter künftig verlangen sollte, sich am Unterhalt für die Kinder zu beteiligen, hat er Auskunft über sein Einkommen zu erteilen, denn dann ist es erforderlich, dass die Mutter seine Einkommensverhältnisse kennt, um ihren Haftungsanteil berechnen zu können.

Praxishinweis

Wer an seine volljährigen Kinder Unterhalt in einem Umfang zahlt, dass er beim anderen Elternteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB die anteilige Mithaftung, d.h. den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend machen kann, muss dies ausdrücklich und sogleich tun. Andernfalls kann ihm (für die Vergangenheit) § 1613 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegengehalten werden.

weiter zum Volltext BGH, Beschl. v. 17.04.2013 – XII ZB 329/12, DRsp-Nr. 2013/8209