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Anwaltsvergütung beim Versorgungsausgleich in Übergangsfällen

In Übergangsfällen i.S.d. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG erhält ein Anwalt für seine Tätigkeit in einem abgetrennten und als selbständige Familiensache fortgeführten Versorgungsausgleichsverfahren gesonderte Gebühren. Soweit er bereits im Scheidungsverbund aus dem Wert des Versorgungsausgleichs Gebühren abgerechnet hat, ist diese Vergütung gem. §§ 15 Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 3 RVG darauf anzurechnen.

Darum geht es:

Die Ehe der Beteiligten ist aufgrund des am 08.07.2009 eingegangenen Scheidungsantrags der Ehefrau vom AG durch Urteil vom 08.04.2010 – nach altem Recht – rechtskräftig geschieden worden. Beide Ehegatten hatten Anrechte bei einer Zusatzversorgungskasse erworben. Unter Hinweis auf die Startgutschriftenproblematik (vergleiche BGH, Beschl. v. 18.03.2009 – XII ZB 188/05, DRsp-Nr. 2009/9127) hat das AG das Versorgungsausgleichsverfahren zunächst ausgesetzt, auf Antrag der Ehefrau vom 22.06.2010 aber wieder aufgenommen. Im Termin vom 26.08.2010 haben die Ehegatten wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet und eine Einigung zum Kindesunterhalt getroffen.

Die Ehefrau hatte zunächst für das Scheidungsverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdeführerin erhalten. Nach Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichsverfahrens hat das AG per Beschluss festgestellt, dass sich die ursprünglich bewilligte Prozesskostenhilfe auch auf dieses wieder aufgenommene Verfahren erstrecke.

Ursprüngliche Berechnung der Anwaltsvergütung

Zunächst hat die Beschwerdeführerin die Festsetzung der Prozesskostenhilfevergütung für das Scheidungsverfahren beantragt und erhalten, und zwar auf der Grundlage des für die Scheidung festgesetzten Gegenstandswerts von 6.000 € (exklusive Versorgungsausgleich).
Dann hat die Beschwerdeführerin beantragt, eine weitere Vergütung für das Versorgungsausgleichsverfahren (Verfahrens-, Termins- und Einigungsgebühr nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) nach dessen Verfahrenswert von 3.000 € festzusetzen. Auf diesen Antrag hat der Kostenbeamte lediglich die Differenz zwischen der bisherigen Vergütung für das Scheidungsverfahren und der Vergütung festgesetzt, die sich bei einer einheitlichen Abrechnung von Scheidung und Versorgungsausgleich ergeben hätte. Die dagegen gerichtete Erinnerung der Beschwerdeführerin hat das AG zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat Erfolg, und die geltend gemachte weitere Vergütung wird vom OLG festgesetzt.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Das OLG führt aus, dass ein wieder aufgenommenes Versorgungsausgleichsverfahren in Übergangsfällen eine selbständige Familiensache bilde, die auch gebührenrechtlich als neue Angelegenheit zu behandeln sei, wenn das Scheidungsverfahren vor dem 01.09.2009 eingeleitet und nach früherem Recht entschieden wurde, die aus dem Verbund abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich aber nach neuem Recht zu behandeln ist (Art. 111 Abs. 4 FGG-RG).

Anwaltsvergütung der Folgesache

Nach § 150 Abs. 5 Satz 2 FamFG erhalte ein Anwalt für seine Tätigkeit in einem solchen abgetrennten Verfahren gesonderte Gebühren. Soweit er allerdings – anders als im vorliegenden Fall – bereits im Scheidungsverfahren aus dem Wert des Versorgungsausgleichs Gebühren verdient und abgerechnet habe, müsse er sich diese Vergütung gem. §§ 15 Abs. 2 Satz 1, 21 Abs. 3 RVG anrechnen lassen.

Eine an sich erforderliche separate Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das abgetrennte Versorgungsausgleichsverfahren liege zwar nicht vor. Das hindert das OLG wegen des im Rahmen des § 56 RVG eingreifenden Verschlechterungsverbots aber nicht an der antragsgemäßen Festsetzung der Gebühren.

Folgerungen aus der Entscheidung

Das OLG folgt in den wesentlichen Punkten dem BGH, der in einem anderen Übergangsfall i.S.d. Art. 111 Abs. 4 FGG-RG zur – auch gebührenrechtlichen – Behandlung wieder aufgenommener Versorgungsausgleichsverfahren bereits grundsätzlich Stellung nahm (BGH, Beschl. v. 16.02.2011 – XII ZB 261/10).

Vor diesem Hintergrund kann die Tätigkeit des Anwalts in solchen wieder aufgenommenen Versorgungsausgleichsverfahren trotz des bisherigen Bestrebens etlicher Gerichte, ihm keine weitere Vergütung dafür zuzubilligen, durchaus lukrativ sein.

Neuer VKH-Antrag erforderlich

Ein Anwalt, der einen bedürftigen Mandanten in einem Übergangsfall nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG schon bei der Scheidung und später erneut in dem wieder aufgenommen Versorgungsausgleichsverfahren vertritt, muss einen Verfahrenskostenhilfeantrag für dieses wieder aufgenommene Verfahren stellen (BGH, Beschl. v. 16.02.2011 – XII ZB 261/10, DRsp-Nr. 2011/3905). Er sollte darauf hinwirken und beachten, dass eine ordnungsgemäße Bewilligung erfolgt.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.03.2011 – 13 WF 34/11