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OLG Hamm: Leitlinien zum Unterhaltsrecht – HLL – (Stand: 01.07.2007)

Hinweis zur aktuellen Fassung der HLL

Die Leitlinien vom 1. Juli 2005 gelten fort. Die beabsichtigte grundsätzliche Überarbeitung wird im Hinblick auf die angekündigte Unterhaltsreform zurückgestellt.

Mit Rücksicht auf die Neufassung der Düsseldorfer Tabelle zum 1. Juli 2007 und auf aktuelle Rechtsprechung des BGH werden die Leitlinien jedoch zum 1. Juli 2007 in folgenden Punkten angepasst:

1. Zu Nrn. 11, 3 und 14 HLL:

Als Unterhaltstabelle gilt die Düsseldorfer Tabelle nebst der Kindergeldanrechnungstabelle, Stand jeweils 1. Juli 2007.

Die deutliche Anhebung der Tabellenbeträge in den ersten drei Einkommensgruppen der 4. Altersstufe beruht auf der Entscheidung des BGH vom 17.01.2007 – XII ZR 166/04 (FamRZ 2007, 542).

2. Zu Nr. 21.2 HLL (mit Folgeänderungen in Nrn. 13.3.2, 18, 21.4.2, 23.2.2 HLL):

Der notwendige Selbstbehalt des erwerbstätigen Pflichtigen wird auf 900 € heraufgesetzt.

3. Nr. 21.4.1 HLL lautet nun wie folgt:

Der Selbstbehalt des Pflichtigen gegenüber dem Anspruch des Ehegatten beträgt in der Regel 1.000 € (billiger Selbstbehalt).

4. Von einer Anpassung des Rechenbeispiels im Anhang der Leitlinien wegen der neuen Tabellenbeträge und des angehobenen notwendigen Selbstbehalts wird abgesehen.

Vorbemerkung zu den Leitlinien des Oberlandesgerichts Hamm zum Unterhaltsrecht – HLL – (Stand: 01.07.2005)

Die Leitlinien sind von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts Hamm erarbeitet worden, um eine möglichst einheitliche Rechtsprechung im gesamten OLG-Bezirk zu erzielen. Sie stellen keine verbindlichen Regeln dar – das verbietet sich schon mit Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit – und sollen dazu beitragen, angemessene Lösungen zu finden, ohne den Spielraum einzuengen, der erforderlich ist, um den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden.

Die vorliegende Fassung knüpft an die Leitlinien 2003 an und wurde nur im Hinblick auf gesetzliche Änderungen sowie neue Regelbeträge, Selbstbehalte und Bedarfsätze ergänzt bzw. geändert. Eine umfassende Überarbeitung soll erst im Zusammenhang mit der angekündigten Reform des Unterhaltsrechts erfolgen. Änderungen gegenüber den Leitlinien 2003 sind durch eine senkrechte Linie neben dem Text gekennzeichnet. Um eine einfachere Handhabung zu gewährleisten und die Vergleichbarkeit der Ausführungen der verschiedenen Oberlandesgerichte zu den einzelnen Grundsätzen zu erleichtern, liegt unverändert die unter allen Oberlandesgerichten besprochene bundeseinheitliche Struktur der Leitlinien zugrunde. Soweit unter einzelnen Ziffern keine Ausführungen enthalten sind, soll zu dem entsprechenden Punkt zur Zeit keine Aussage gemacht werden.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist von einem durchschnittlichen Jahresbruttoeinkommen einschließlich Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie sonstigen Zuwendungen, auch Sachbezügen und Gewinnbeteiligungen.

1.2 Höhere einmalige Zuwendungen (z.B. Jubiläumszulagen) können auf einen längeren Zeitraum verteilt werden. Abfindungen sind regelmäßig auf einen angemessenen Zeitraum zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards umzulegen.

1.3 Überstundenvergütungen sind Einkommen, wenn die Überstunden entweder in geringem Umfang anfallen oder berufstypisch sind. Vergütungen für Überstunden, die deutlich über dieses übliche Maß hinausgehen, sind nach Billigkeitsgesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sowie des in § 1577 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Rechtsgedankens anzurechnen. Beim Ehegattenunterhalt sind Überstundenvergütungen nach vorstehender Maßgabe bedarfsbestimmend zu berücksichtigen, wenn sie bereits die intakten Lebensverhältnisse mitgeprägt haben.

Die gleichen Erwägungen gelten für Einkünfte aus einer Nebentätigkeit, die neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.

1.4 Über die Anrechenbarkeit von Auslösungen und Spesen ist nach Maßgabe des Einzelfalls zu entscheiden. Im Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass eine Ersparnis eintritt, die mit einem Drittel der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem anrechenbaren Einkommen zuzurechnen ist.

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit ist an Hand der Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. der Einnahmen-Überschuss-Rechnungen zu ermitteln. Zum Ausgleich von Schwankungen oder zur Feststellung eines Trends (Anlaufphase zu Beginn der selbständigen Tätigkeit bzw. anhaltende Abwärtsentwicklung) ist auf einen mehrjährigen Zeitraum abzustellen; in der Regel sind hierzu drei Jahre ausreichend, während bei erheblichem Einkommensrückgang oder Anhaltspunkten für Manipulationen zur Überprüfung weitere Jahrgänge einbezogen werden können. In diesem Zusammenhang kann den Entnahmen eine Indizwirkung zukommen.

1.6 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen

1.6.1 Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sind – vermindert um die Aufwendungen zur Finanzierung und Erhaltung des Objektes – Einkommen. Die Berücksichtigungsfähigkeit von Tilgungsleistungen richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. AfA-Beträge sind für Gebäude nicht abzusetzen.

1.6.2 Einnahmen aus Kapitalvermögen sind nach Abzug der Werbungskosten als Einkommen zu berücksichtigen.

1.7 Steuererstattungen bzw. Steuernachzahlungen sind grundsätzlich auf das Zahlungsjahr umzulegen. Es besteht die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile in Anspruch zunehmen. Dies gilt auch für das Realsplitting; diesbezüglich ist im laufenden Kalenderjahr die Eintragung eines Freibetrages auf der Lohnsteuerkarte aber nur zu veranlassen, wenn die betreffende Belastung auch der Höhe nach feststeht.

1.8 Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder).

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld117 SGB III), Krankengeld und Krankentagegeld sind Einkommen.

2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 1932 SGB II) ist Einkommen bei dem Verpflichteten; bei dem Berechtigten dagegen nicht, es sei denn, der Anspruch kann nach § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht übergeleitet werden.

2.3 Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht überhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG-Leistungen sind mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG Einkommen. Das gilt in der Regel auch dann, wenn sie als Darlehn gewährt werden.

2.5 Erziehungsgeld ist nur ausnahmsweise als Einkommen zu behandeln (§ 9 Satz 2 BErzGG).

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten sind Einkommen.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld und ähnliche Sozialleistungen sind Einkommen, wobei § 1610a BGB zu beachten ist.

2.8 Pflegegeld nach dem PflegeversicherungG (§§ 37 ff. SGB XI), das an den Pflegenden weitergeleitet wird, ist nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 6 SGB XI Einkommen. Pflegegeld nach § 64 SGB XII für eigene schwerbehinderte Kinder und nach § 39 SGB VIII für die Aufnahme fremder Kinder ist mit seinem im Einzelfall zu bemessenden Vergütungsanteil Einkommen.

2.9 Leistungen zur Grundsicherung nach den §§ 4143 SGB XII sind Einkommen beim Verwandtenunterhalt.

2.10 Sonstige Sozialhilfe (SGB XII) ist in der Regel kein Einkommen. Allerdings kann die Geltendmachung rückständigen Unterhalts neben bereits gewährter Sozialhilfe ausnahmsweise treuwidrig sein, wenn dies wegen eines gesetzlichen Ausschlusses des Anspruchsüberganges auf den Sozialhilfeträger zu einer doppelten Befriedigung des Berechtigten führen würde.

2.11 Für Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz gelten die Ausführungen unter Ziffer 2.10.

3. Kindergeld

Das staatliche Kindergeld zählt nicht zum bedarfsprägenden Einkommen. Es ist nach § 1612b BGB unter den Eltern bei der Bemessung des Kindesunterhalts auszugleichen. Grundsätzlich erfolgt eine hälftige Anrechnung des Kindergeldes auf den Tabellenunterhalt, § 1612b Abs. 1 BGB. Nach Absatz 5 dieser Vorschrift unterbleibt jedoch eine Anrechnung des Kindergeldes, soweit der Pflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 % des Regelbetrags zu leisten (siehe Kindergeldanrechnungstabelle im Anhang II).

Kinderzulagen und Kinderzuschüsse zur Rente sind, wenn die Gewährung des staatlichen Kindergeldes entfällt, in Höhe des fiktiven Kindergeldes wie Kindergeld zu behandeln (§ 65 EStG, § 1612c BGB).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers aller Art, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Aufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

5.1 Der Vorteil des mietfreien Wohnens im eigenen Haus oder in der Eigentumswohnung – Wohnvorteil – ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln.

5.2 Im Ehegattenunterhalt ist während der Trennungszeit der Wohnvorteil des bleibenden Ehegatten entsprechend der nur noch eingeschränkten Nutzung mit dem sog. angemessenen Wohnwert anzusetzen. Dieser richtet sich nach dem Mietpreis auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine den ehelichen Lebensverhältnissen angemessene kleinere Wohnung. Die verbrauchsunabhängigen Grundstückslasten und der Finanzierungsaufwand (unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung) mindern den angemessenen Wohnwert.

5.3 Nach der Scheidung richtet sich der Wohnvorteil bei der Bedarfsbemessung (§ 1578 BGB) nach dem objektiven oder vollen Mietwert (Marktmiete) unter Abzug verbrauchsunabhängiger Grundstückslasten und etwaigen Finanzierungsaufwandes (Zinsen und Tilgung) sowie unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung. Nach der Veräußerung des Familienheimes treten die tatsächlichen bzw. die erzielbaren Einkünfte aus dem Erlös an die Stelle des Wohnwertes, ohne auf diesen beschränkt zu sein.

5.4 Auch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit bzw. Bedürftigkeit ist nach der Scheidung – gegebenenfalls auch schon nach langer Trennungszeit – grundsätzlich auf den objektiven oder vollen Mietwert abzustellen. In welchem Umfang – neben den verbrauchsunabhängigen Grundstückslasten – auch der Finanzierungsaufwand den Wohnwert mindert, muss im Einzelfall nach den allgemeinen Regeln über die Berücksichtigung von Schulden (Ziffer 10.4) entschieden werden. Ist dem verbleibenden Ehegatten ausnahmsweise eine Verwertung (durch Teil- oder Vollvermietung oder Veräußerung) nicht möglich oder nicht zumutbar, wird – wie im Trennungsunterhalt – nur der angemessene Wohnwert angesetzt.

5.5 Im Kindesunterhalt bemisst sich der Wohnvorteil des pflichtigen Elternteils nach dem vollen Mietwert. Während der Trennungszeit der Eltern kann es jedoch wegen der noch nicht bestehenden Verwertungsobliegenheit geboten sein, nur den angemessenen Wohnwert anzusetzen. Grundstückslasten und Finanzierungsaufwand sind regelmäßig in vollem Umfang zu berücksichtigen. In engen wirtschaftlichen Verhältnissen kann der Tilgungsanteil als Vermögensbildung außer Ansatz bleiben.

6. Haushaltsführung / Zusammenleben

6.1 Für die unentgeltliche Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten, insbesondere eines neuen Partners, ist eine angemessene Vergütung zu fingieren und als Einkommen zu berücksichtigen. Dieses kann im Falle einer Vollversorgung mit Beträgen von 250–500 € angesetzt werden.

6.2 Das Zusammenleben in einer häuslichen Gemeinschaft kann unter dem Gesichtspunkt ersparter Wohn- und Haushaltskosten nach den Umständen des Einzelfalles die Bedürftigkeit mindern bzw. die Leistungsfähigkeit steigern. Vgl. auch Nr. 21.5.

7. Einkommen aus überobligatorischer (unzumutbarer) Erwerbstätigkeit

Einkommen aus überobligatorischer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. Vgl. im übrigen Nr. 1.3 sowie Nr. 17.1 und 17.3.

8. Freiwillige Leistungen Dritter

Freiwillige Leistungen Dritter (z.B. Geldleistungen, Wohnungsgewährung) sind regelmäßig nicht als Einkommen zu berücksichtigen, es sei denn die Berücksichtigung entspricht dem Willen des zuwendenden Dritten. Im Mangelfall kann jedoch bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit bzw. Bedürftigkeit eine Anrechnung derartiger Leistungen auch gegen den Willen des Zuwendenden erwogen werden.

9. Einkommensfiktion

Zum Einkommen können auch Einkünfte zu rechnen sein, die aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielt werden müßten, aber tatsächlich nicht erzielt werden.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 In dem jeweiligen Jahr gezahlte Steuern auf das Einkommen und notwendige Vorsorgeaufwendungen sind vom Bruttoeinkommen abzuziehen. Hierzu zählen Aufwendungen für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Kapitallebensversicherungen sind – neben der gesetzlichen Rentenversicherung - in der Regel nicht notwendig. Auf Nr. 1.7 wird verwiesen.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

10.2.1 Notwendige berufsbedingte Aufwendungen von Gewicht mindern das Einkommen, soweit sie konkret dargelegt werden.

10.2.2 Für Fahrten von der Wohnung zum Arbeitsplatz sind – jedenfalls in engen wirtschaftlichen Verhältnissen – in der Regel nur die Kosten öffentlicher Verkehrsmittel absetzbar. Ist die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar, sind die Kosten der PKW-Nutzung in der Regel mit 0,24 € je Kilometer (Formel: Entfernungskilometer x 2 x 0,24 € x 220 Arbeitstage : 12 Monate) abzugsfähig. Wenn die einfache Entfernung über 30 Kilometer hinausgeht, wird von der Mehrheit der Senate empfohlen, die weiteren Kilometer wegen der eintretenden Kostenersparnis nur mit den Betriebskosten von 0,09 €/km anzusetzen. Neben den Fahrtkosten sind regelmäßig keine weiteren Kosten (etwa für Kredite oder Reparaturen) abzugsfähig.

10.2.3 Bei einem Auszubildenden sind in der Regel 85 € als Ausbildungsaufwand abzuziehen (Nr. 12.2), soweit dieser Aufwand nicht bereits in dem Bedarfssatz enthalten ist (Nr. 13.1.2).

10.3 Das Einkommen aus einer neben der Kinderbetreuung ausgeübten überobligatorischen Erwerbstätigkeit kann um den notwendigen, konkret dargelegten Aufwand für die Betreuung des Kindes vermindert werden. Fallen keine konkreten Betreuungskosten an, kann – sofern besondere Erschwernisse dargelegt werden – ein Betreuungsbonus belassen werden, dessen Höhe sich nach dem Alter des Kindes richtet, jedoch den jeweiligen Bedarfssatz des Barunterhalts nicht erreicht. Das gilt ebenfalls bei der Prüfung der Frage, ob der betreuende Elternteil auch zu dessen Barunterhalt beitragen muss (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Auf Nr. 12.3 wird verwiesen.

10.4 Schulden

10.4.1 Schulden können das anrechenbare Einkommen vermindern. Beim Ehegattenunterhalt sind Verbindlichkeiten nur dann bedarfsbestimmend, wenn sie schon die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Andernfalls beeinflussen sie nur die Leistungsfähigkeit bzw. die Bedürftigkeit. Soweit die Verbindlichkeiten noch bei intakter Ehe eingegangen sind oder ihre Begründung als Folge der Trennung oder aus sonstigen Gründen unumgänglich war, können sie in der Regel nach einer den Billigkeitsgrundsätzen entsprechenden Gesamtabwägung der Einzelfallumstände in angemessenen Raten (Zinsen und Tilgung) im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplans abzugsfähig sein. Im Rahmen der Gesamtabwägung ist die Zumutbarkeit der Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens zu prüfen.

10.4.2 Beim Unterhalt für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder sind Schulden nach obiger Maßgabe regelmäßig nur dann voll berücksichtigungsfähig, wenn der Regelbetrag sichergestellt wird. Andernfalls ist lediglich ein Anwachsen der Verbindlichkeiten zu vermeiden (nur Abzug von Kreditzinsen).

10.5 Unterhaltsleistungen

10.6 Vermögenswirksame Leistungen vermindern das Einkommen nicht. Jedoch sind dem Pflichtigen bzw. Berechtigten etwaige Zusatzleistungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage (mit dem Nettobetrag) sowie die staatliche Sparzulage voll zu belassen.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger sowie noch im Haushalt eines Elternteils lebender volljähriger unverheirateter Kinder ist der Unterhaltstabelle (Düsseldorfer Tabelle) zu entnehmen (siehe Anhang I).

11.1 In den Tabellensätzen sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten.

11.2 Eingruppierung

11.2.1 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Pflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren Anzahl von Berechtigten können Abschläge, bei einer geringeren Anzahl Zuschläge – durch Einstufung in höhere/niedrigere Gruppen – angemessen sein. Besteht eine Unterhaltspflicht lediglich gegenüber einem Kind (also nicht auch gegenüber einem Ehegatten und einem weiteren Kind), kann eine Höhergruppierung um mehr als nur eine Einkommensgruppe in Betracht kommen. Eine Eingruppierung in eine höhere Einkommensgruppe setzt jedoch voraus, dass dem Pflichtigen nach Abzug des Tabellenkindesunterhalts und des Ehegattenunterhalts der für die höhere Einkommensgruppe maßgebende Bedarfskontrollbetrag (Nr. 11.2.2) verbleibt.

11.2.2 Der Kindesunterhalt muss in einem angemessenen Verhältnis zu dem Betrag stehen, der dem Pflichtigen nach Abzug des Kindes- und des Ehegattenunterhaltes für den eigenen Bedarf verbleibt (Bedarfskontrollbetrag). Wird der Bedarfskontrollbetrag unterschritten, ist der Unterhalt der nächst niedrigeren Einkommensgruppe, deren Bedarfskontrollbetrag gewahrt wird, zu entnehmen. In den ersten sechs Einkommensgruppen der Unterhaltstabelle ist der Bedarfskontrollbetrag wegen der Kindergeldanrechnungsvorschrift des § 1612b Abs. 5 BGB weitgehend ohne Bedeutung.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der Betreuungsunterhalt i.S.d. des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.

12.2 Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet. Die Ausbildungsvergütung ist – nach Kürzung um den ausbildungsbedingten Mehrbedarf (Nr. 10.2.3) – als Einkommen zu behandeln.

12.3 Der Elternteil, der in seinem Haushalt ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, braucht deshalb neben dem anderen Elternteil regelmäßig keinen Barunterhalt zu leisten. Er kann jedoch auch barunterhaltspflichtig sein, wenn sein Einkommen bedeutend höher als das des anderen Elternteils ist oder wenn sein eigener angemessener Unterhaltsbedarf (1.100 €) bei zusätzlicher Leistung auch des Barunterhalts nicht unterschritten wird, während der an sich allein barunterhaltspflichtige Elternteil hierzu ohne Beeinträchtigung seines eigenen angemessenen Unterhaltsbedarfs nicht in der Lage ist (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB).

12.4 Zusatzbedarf

13. Volljährige Kinder

13.1.1 Volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben, erhalten, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, den Tabellenbetrag der vierten Altersstufe. Ihr Bedarf bestimmt sich nach dem zusammengerechneten Einkommen der Eltern aus der Unterhaltstabelle (dazu Nr. 11), und zwar ohne Abzug wegen doppelter Haushaltsführung. Diese Grundsätze finden auch auf privilegierte volljährige Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) Anwendung.

13.1.2 Der Bedarf eines Studenten beträgt bei auswärtiger Unterbringung in der Regel 640 € (darin sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 270 € enthalten). Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Hausstand angesetzt werden. Ein eigener Kranken- bzw. Pflegeversicherungsbeitrag ist in diesem Betrag nicht enthalten. Dagegen sind in dem Bedarfssatz ausbildungs- bzw. berufsbedingte Aufwendungen bis zu einem Betrag von monatlich 85 € enthalten.

13.2 Einkommen des Kindes, auch BAföG-Darlehn und Ausbildungsbeihilfen, werden – gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen (vgl. Nr. 10.2.3) – auf den Bedarf angerechnet.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

13.3.1 Die Haftungsanteile der Eltern1606 Abs. 3 Satz 1 BGB), die für ein volljähriges Kind unterhaltspflichtig sind, bestimmen sich nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkommen abzüglich ihres angemessenen Selbstbehalts (1.100 € ) und abzüglich der Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte.

13.3.2 Für die Unterhaltspflicht gegenüber privilegierten volljährigen Kindern i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB bemessen sich die Haftungsanteile der Eltern nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkommen abzüglich ihres notwendigen Selbstbehalts (770 € bzw. 890 €). Die Barunterhaltspflichten gegenüber minderjährigen Kindern sind auch in diesem Fall vorweg abzuziehen. Hiervon kann im Einzelfall abgesehen werden, wenn der Vorwegabzug zu einem unbilligen Ergebnis führt wie z.B. bei der Berücksichtigung nicht gemeinsamer minderjähriger Kinder.

13.3.3 Ein Elternteil hat jedoch in der Regel höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen aus der Unterhaltstabelle ergibt.

14. Zur Verrechnung des Kindergeldes siehe Nr. 3.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarfsprägung durch die ehelichen Lebensverhältnisse

Der Anspruch eines Ehegatten wird begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB), die durch die eheprägenden Einkünfte und sonstigen vermögenswerten Vorteile beider Ehegatten bestimmt werden. Eheprägendes Einkommen können auch solche Erwerbseinkünfte sein, die ein Ehegatte erstmals nach der Trennung oder der Scheidung erzielt oder pflichtwidrig zu erzielen unterläßt. Renten sind unabhängig davon, ob sie auf Anwartschaften beruhen, die vor, während oder nach der Ehe oder aufgrund des Versorgungsausgleichs erworben worden sind, als eheprägende Einkünfte zu behandeln. Auch Erträge aus dem Erlös aus der Veräußerung des Familienheimes sind bedarfsprägend (vgl. Nr. 5.3).

15.2 Halbteilung, Erwerbstätigenbonus und Berechnungsmethoden

15.2.1 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Einkommen). Besteht Anspruch auf angemessenen Unterhalt (§§ 1361, 1569 ff. BGB, § 58 EheG), schuldet der Pflichtige danach in der Regel 3/7 seines verteilungsfähigen Erwerbseinkommens und 1/2 seiner sonstigen anrechenbaren Einkünfte.

15.2.2 Hat der Berechtigte eigenes eheprägendes Erwerbseinkommen, kann er 3/7 des Unterschiedsbetrages zum Erwerbseinkommen des Pflichtigen und 1/2 des Unterschiedsbetrages sonstiger eheprägender Einkünfte beider Ehegatten beanspruchen (Differenzmethode). Nichtprägende Einkünfte des Berechtigten werden – Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 – auf die 3/7- bzw. 1/2-Quote angerechnet (Anrechnungsmethode).

15.2.3 Bei der Berechnung des Erwerbstätigenbonus und der Quote von 3/7 bzw. 1/2 ist von den Mitteln auszugehen, die den Ehegatten nach Vorwegabzug ihrer zu berücksichtigenden Verbindlichkeiten (z.B. Beiträge zur Alters-, Kranken- und Pflegeversicherung, Kredit- und Sparraten, berufsbedingte Aufwendungen) und des Kindesunterhalts (Tabellenbetrag) noch für den Verbrauch zur Verfügung stehen.

15.2.4 Beim Zusammentreffen von Erwerbseinkommen mit anderen Einkünften empfiehlt sich aus Gründen der Übersichtlichkeit die Anwendung der Additionsmethode, die zum gleichen Ergebnis führt wie die Differenzmethode. (Beispiel zu den Berechnungsmethoden siehe Anhang III).

15.3 Bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen hält ein Teil der Senate die gebotene konkrete Bedarfsberechnung für erforderlich, wenn das nach Abzug der berücksichtigungsfähigen Aufwendungen einschließlich des Kindesunterhaltsbedarfs verbleibende Einkommen der Eheleute den Betrag des Einkommens der höchsten Einkommensgruppe der Unterhaltstabelle überschreitet.

15.4 Vorsorgebedarf

15.4.1 Die Kosten einer notwendigen Kranken- und Pflegeversicherung des berechtigten Ehegatten, die weder dessen Arbeitgeber zahlt, noch vom eigenen Einkommen des Berechtigten bestritten werden, sowie die Kosten der Altersvorsorge (Altersvorsorgeunterhalt) können zusätzlich verlangt werden. Diese Kosten sind bei der Berechnung der 3/7- bzw. 1/2 Quote vorab vom anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen abzuziehen.

15.4.2 Der Altersvorsorgeunterhalt1578 Abs. 3 BGB) wird in Anknüpfung an den dem Berechtigten zustehenden Elementarunterhalt regelmäßig nach der Bremer Tabelle zweistufig berechnet. In Fällen besonders günstiger wirtschaftlicher Verhältnisse und bei Anwendung der Anrechnungsmethode kommt eine einstufige Berechnung in Betracht. Soweit Einkünften des Berechtigten kein Versorgungswert zukommt (z.B. Einkünfte wegen der Versorgung eines neuen Partners), bleiben diese bei der Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts unberücksichtigt.

15.4.3 Wegen des Vorrangs des Elementarunterhalts besteht ein Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nur insoweit, als das Existenzminimum des Berechtigten (vgl. Nr. 21.4.2) gedeckt ist.

15.5 Konkret geltend gemachter trennungsbedingter Mehrbedarf kann darüber hinaus berücksichtigt werden, wenn dieser Bedarf aus zusätzlichen nichtprägenden Einkünften befriedigt werden kann.

16. Bedürftigkeit

17. Erwerbsobliegenheit/überobligatorisches Einkommen

17.1.1 Betreut ein Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind, das noch die Grundschule besucht, besteht in der Regel keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Nach der Grundschulzeit ist nach den Umständen des Einzelfalls zu entscheiden, ob und in welchem Umfang bereits eine Erwerbsobliegenheit besteht. Hat das Kind das 16. Lebensjahr vollendet, muß regelmäßig eine Vollzeittätigkeit ausgeübt werden. Werden mehrere minderjährige Kinder betreut, bestimmt sich die Erwerbsobliegenheit nach den Umständen des Einzelfalls.

17.1.2 Zur Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten siehe Nr. 10.3.

17.2 Im ersten Jahr nach der Trennung besteht für den Berechtigten in der Regel keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

17.3 Soweit Einkünfte des Berechtigten aus einer – auch erst nach Trennung/Scheidung aufgenommenen – überobligatorischen Erwerbstätigkeit die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben/prägen, sind sie nach Abzug des mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Aufwandes (z.B. Nr. 10.3) nach Billigkeit zu berücksichtigen (vgl. Nr. 7) und in eine Differenzberechnung einzustellen; soweit solche Einkünfte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben/prägen, sind sie nach § 1577 Abs. 2 BGB auf den Bedarf (bzw. die 3/7 oder 1/2 Quote) anzurechnen.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615l BGB

Der Bedarf der Mutter und des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§ 1615l Abs. 1, 2, 4 BGB) richtet sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils; er beträgt aber in der Regel mindestens 770 € monatlich, bei Erwerbstätigkeit 890 €.

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Pflichtigen

21.1 Dem Pflichtigen muß nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Selbstbehalt (Eigenbedarf) verbleiben.

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Der Selbstbehalt des Pflichtigen beträgt im Falle des § 1603 Abs. 2 BGB gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) Kindern mindestens 770 €, bei Erwerbstätigkeit des Pflichtigen mindestens 890 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 360 € enthalten.

21.3 Angemessener Selbstbehalt

21.3.1 Der Selbstbehalt des Pflichtigen beträgt gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 1 BGB) im Regelfall 1.100 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 450 € enthalten.

21.3.2 Der angemessene Selbstbehalt eines pflichtigen Kindes gegenüber den Eltern beträgt mindestens 1.400 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleiben kann. Hierin sind Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und für Heizung (Warmmiete) in Höhe von 450 € enthalten.

21.3.3 Der angemessene Selbstbehalt gegenüber der Mutter/dem Vater eines nichtehelichen Kindes (§§ 1615l Abs. 3 Satz 1, 4, 1603 Abs. 1 BGB) beträgt im Regelfall 940 € und bei Erwerbstätigkeit 1.000 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) in Höhe von 450 € enthalten.

21.4 Eheangemessener Selbstbehalt

21.4.1 Der Selbstbehalt des Pflichtigen gegenüber dem Anspruch des Ehegatten entspricht dem notwendigen Selbstbehalt (Nr. 21.2), wenn bei dem berechtigten Ehegatten minderjährige oder privilegierte volljährige Kinder leben, die ebenfalls Unterhaltsansprüche gegen den Pflichtigen haben. In anderen Fällen kann – namentlich bei Beachtung des § 1581 BGB – ein erhöhter Selbstbehalt in Betracht kommen. Unter Billigkeitsgesichtspunkten wird vielfach ein Betrag von 1.000 € in Frage kommen (billiger Selbstbehalt), der auch für den nicht erwerbstätigen Pflichtigen gilt.

21.4.2 Als Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten, das neben der Mangelverteilung (vgl. Nr. 23) z.B. im Rahmen des § 1579 BGB von Bedeutung sein kann, kommt – einschließlich evtl. trennungsbedingten Mehrbedarfs – in der Regel ein Betrag von 770 € in Betracht, bei eigener Erwerbstätigkeit von 890 € und für den Fall, daß der Ehegatte mit dem Pflichtigen zusammenlebt, ein solcher von 560 €, bei eigener Erwerbstätigkeit von 650 €.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

Eine angemessene Erhöhung des Selbstbehalts kommt in Betracht, wenn die in den jeweiligen Selbstbehalten enthaltenen Wohnkosten nach den Umständen unvermeidbar erheblich überschritten werden. Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt wird (vgl. dazu auch Nr. 6.2).

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Ist bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder der Pflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 560 €, bei dessen Erwerbstätigkeit 650 € angesetzt.

22.2 Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder, Enkel oder nach § 1615 l Abs. 1, 2 BGB der Pflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 800 € angesetzt.

22.3 Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.050 € angesetzt. Im Familienbedarf von mindestens 2.450 € (1.400 + 1.050 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 800 € (450 € + 350 €) enthalten.

23. Mangelfall

23.1 Reicht das Einkommen des Pflichtigen nach Abzug seines Selbstbehalts (Nr. 21) zur Deckung des Bedarfs aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus, liegt ein Mangelfall vor. Bei der Frage, ob ein Mangelfall vorliegt, entspricht der anzusetzende Bedarf für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder ihrem Bedarf nach der Unterhaltstabelle, für den getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten seinem konkret berechneten Bedarf (Nr. 15), wobei im Einzelfall zur Vermeidung eines unbilligen Ergebnisses vom Vorwegabzug des Kindesunterhalts abgesehen werden kann. Liegt ein Mangelfall vor, ist die Verteilungsmasse (= bereinigtes Einkommen des Pflichtigen abzüglich Selbstbehalt) auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Einsatzbeträge (vgl. Nr. 23.2) zu verteilen.

23.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1 für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder auf 135 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe (= Einkommensgruppe 6 der Unterhaltstabelle),

23.2.2 für den getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten auf das Existenzminimum, das sind 770 € bei Nichterwerbstätigen und 890 € bei Erwerbstätigen,

23.2.3 für den mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten auf dessen Existenzminimum, das sind 560 €/650 € (vgl. Nr. 22.1).

Anrechenbares Einkommen des Berechtigten ist von seinem Einsatzbetrag abzuziehen.

23.3 Rechenbeispiel zum Mangelfall siehe Anhang III.

23.4 Wegen der Kindergeldanrechnung wird auf Nr. 3 verwiesen.

24. Konkurrenz von Unterhaltsansprüchen

24.1 Zusammentreffen von Ansprüchen minderjähriger Kinder, privilegierter volljähriger Kinder und getrennt lebender bzw. geschiedener Ehegatten:

Minderjährige Kinder, privilegierte volljährige Kinder und getrennt lebender/geschiedener Ehegatte sind gleichrangig (§ 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Kinder erhalten den Tabellenunterhalt wie zu Nr. 11, der Ehegatte die Sätze wie zu Nr. 15. Im Mangelfall (vgl. Nr. 23.1) gilt Nr. 23.2.

24.2 Zusammentreffen von Ansprüchen mehrerer gleichrangiger Ehegatten:

24.2.1 Die Ehegatten (etwa die geschiedene Ehefrau und die zweite Ehefrau) erhalten grundsätzlich den gleichen Anteil. Die Verteilung erfolgt also im Verhältnis 4:3:3, ist der Pflichtige nicht erwerbstätig, im Verhältnis 1:1:1.

24.2.2 Lebt ein Ehegatte mit dem Pflichtigen zusammen, ist mit Rücksicht auf die Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung in der Regel ein Ausgleich zugunsten des anderen Ehegatten in der Weise vorzunehmen, dass sich ein Verhältnis von 4:3,3:2,7 ergibt, wenn der Pflichtige nicht erwerbstätig ist, von 3,6:3,6:2,8.

24.2.3 Hat der geschiedene Ehegatte eigenes Einkommen, kann folgende Lösung erwogen werden:

Zunächst ist der Unterhalt des zweiten Ehegatten (ohne Einkommen) nach dem anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen unter Berücksichtigung beider Ehegatten (Ehefrauen), aber ohne Berücksichtigung des Einkommens des geschiedenen Ehegatten zu berechnen. Sodann ist in einem zweiten Gang der Anspruch des geschiedenen Ehegatten nach Nr. 15 zu errechnen, wobei jedoch zuvor von dem Einkommen des Pflichtigen der im ersten Gang ermittelte Unterhalt des zweiten Ehegatten vorab als Verbindlichkeit abzuziehen ist.

Im Mangelfall (vgl. Nr. 23.1) ist die Verteilungsmasse im Verhältnis ihrer Einsatzbeträge nach Nrn. 23.2.2 und 23.2.3 aufzuteilen.

Für den Fall, dass der zweite Ehegatte Einkommen hat, wird von einem Lösungsvorschlag abgesehen.

24.3 Zusammentreffen von Ansprüchen mehrerer gleichrangiger Ehegatten und minderjähriger sowie privilegierter volljähriger Kinder:

Die Kinder erhalten den Tabellenunterhalt wie zu Nr. 11, die Ehegatten die Anteile wie zu Nr. 24.2.1 und 24.2.2 nach Vorwegabzug des Kindesunterhalts. Im Mangelfall (vgl. Nr. 23.1) gilt Nr. 23.2.

24.4 Zusammentreffen von Ansprüchen mehrerer Ehegatten bei Vorrang des geschiedenen Ehegatten:

Bei Vorrang des geschiedenen Ehegatten (§ 1582 BGB) ist dessen Unterhaltsbedarf nach den in Nr. 24.1 dargestellten Grundsätzen zu ermitteln. Bei Vorhandensein minderjähriger und privilegierter volljähriger Kinder neben dem geschiedenen und dem zweiten Ehegatten gilt der in § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB angeordnete Gleichrang aller Kinder mit dem Ehegatten nur für den nach § 1582 BGB vorrangig geschiedenen, nicht auch für den nachrangigen zweiten Ehegatten. Gleichrang aller Kinder mit dem zweiten Ehegatten ist nur dann anzunehmen, wenn der geschiedene Ehegatte keine Unterhaltsansprüche hat oder stellt.

24.5 Zusammentreffen von Ansprüchen mit bereits titulierten Ansprüchen:

Soweit Unterhaltsansprüche anderer Berechtigter bereits tituliert sind, ist die Rechtslage in der Regel wie bei gleichzeitiger Entscheidung über alle Unterhaltsansprüche zu beurteilen. Der Verpflichtete/Berechtigte ist auf eine Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO zu verweisen.

Sonstiges

25. Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

Anhang

I. Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.2007)

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen (Anm. 3, 4)

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 3 BGB)

Vomhundertsatz der Regelbeträge

Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6)

0–5

6–11

12–17

ab 18

1.

 

bis

1300

202

245

288

389

100

770/900

2.

1300

1500

217

263

309

389

107

950

3.

1500

1700

231

280

329

389

114

1000

4.

1700

1900

245

297

349

401

121

1050

5.

1900

2100

259

314

369

424

128

1100

6.

2100

2300

273

331

389

447

135

1150

7.

2300

2500

287

348

409

471

142

1200

8.

2500

2800

303

368

432

497

150

1250

9.

2800

3200

324

392

461

530

160

1350

10.

3200

3600

344

417

490

563

170

1450

11.

3600

4000

364

441

519

596

180

1550

12.

4000

4400

384

466

548

629

190

1650

13.

4400

4800

404

490

576

662

200

1750

 

 

über

4800

nach den Umständen des Falles

II. Kindergeldverrechnungstabelle (Stand: 01.07.2007)

Kindergeldanrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB

Kind

Gruppe der DT

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1. bis 3. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

6

= 196

245 –

0

= 245

288 –

0

= 288

ab 4. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

18,50

= 183,50

245 –

3,50

=241,50

288 –

0

= 288

1. bis 3. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

21

= 196

263 –

9

= 254

309 –

0

= 309

ab 4. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

33,50

= 183,50

263 –

21,50

= 241,50

309 –

9,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

35

= 196

280 –

26

= 254

329 –

17

= 312

ab 4. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

47,50

= 183,50

280 –

38,50

= 241,50

329 –

29,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

49

= 196

297 –

43

= 254

349 –

37

= 312

ab 4. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

61,50

= 183,50

297 –

55,50

= 241,50

349 –

49,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

63

= 196

314 –

60

= 254

369 –

57

= 312

ab 4. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

75,50

= 183,50

314 –

72,50

= 241,50

369 –

69,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

77

= 196

331 –

77

= 254

389 –

77

= 312

ab 4. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

89,50

= 183,50

331 –

89,50

= 241,50

389 –

89,50

= 299,50

Das anzurechnende Kindergeld kann auch nach folgender Formel berechnet werden:

Anrechnungsbetrag = 1/2 des Kindergeldes + Richtsatz der jeweiligen Einkommensgruppe – Richtsatz der 6. Einkommensgruppe (135 % des Regelbetrages). Bei einem Negativsaldo entfällt die Anrechnung. Ab Einkommensgruppe 6 wird stets das Kindergeld zur Hälfte auf den sich aus der Tabelle ergebenden Unterhalt angerechnet (§ 1612b Abs. 1 BGB).

III. Rechenbeispiele

1. Differenzmethode/Additionsmethode

Mann (M): 3.500 € Nettoeinkommen; Frau (F): 700 € Nettoeinkommen

800 € Wohnvorteil des in der Ehewohnung verbliebenen M,

600 € Hauslasten von M getragen

Additionsmethode:

3500 € x 6/7 =

3.000 €

 

Einkommen M

 

+ 800 €

 

Wohnvorteil

 

– 600 €

 

Hauslasten

700 € x 6/7 =

+ 600 €

 

Einkommen F

 

3.800 €

 

 

1/2 =

1.900 €

 

Bedarf der F

 

– 600 €

 

Einkommen F

 

1.300 €

 

Anspruch F

Differenzmethode:

3.500 € x 6/7 =

3.000 €

 

Einkommen M

 

+ 800 €

 

Wohnvorteil

 

– 600 €

 

Hauslasten

700 € x 6/7 =

– 600 €

 

Einkommen F

 

2.600 €

 

 

1/2 =

1.300 €

 

Anspruch F

oder

(3.500 € – 700 €) x 3/7 = 1.200 € + ([800 € – 600 €] x 1/2) = 1.300 €

2. Mangelfallberechnung:

Mann (M): 1.550 € Nettoeinkommen; Frau (F): kein Einkommen; Kind 8 Jahre (K1); Kind 5 Jahre (K2)

1. Stufe: Bedarfsermittlung und Feststellung des Mangelfalls:

1.550 €

 

anrechenbares Einkommen des M

– 282 €

 

Unterhalt K1, Tabellen-Bedarfssatz der 3. Eink.-Gruppe / 2. Altersstufe

– 233 €

 

Unterhalt K2, Tabellen-Bedarfssatz der 3. Eink.-Gruppe / 1. Altersstufe

1.035 €

 

 

3/7 = 444 € Bedarf der F nach den ehelichen Lebensverhältnissen

Bei einem Missverhältnis zwischen Kindes- und Ehegattenbedarf kommt eine Korrektur der Bedarfsermittlung durch Verzicht auf Vorwegabzug des Kindesunterhalts in Betracht (Nr. 23.1).

Leistungsfähigkeit des M:

1.550 €

 

anrechenbares Einkommen des M.

– 282 €

 

Bedarf K1

– 233 €

 

Bedarf K2

– 444 €

 

Bedarf F

 

591 €

 

verbleiben M

Es liegt ein Mangelfall vor, da das verbleibende Einkommen unterhalb des notwendigen Selbstbehalts von 890 € liegt (Nr. 23.1). Ein etwaiger Kindergeldausgleich bleibt bei der Feststellung des Mangelfalles unberücksichtigt.

2. Stufe: Mangelverteilung

Ermittlung der Verteilungsquote: Verhältnis des Gesamtbetrages der Einsatzbeträge aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten auf der Grundlage des jeweiligen Existenzminimums der Kinder (Nr. 23.2.1) und der Ehefrau (Nr. 23.2.2) in Höhe von 1.380 € (334 € für K1, 276 € für K2 und 770 € für F) zur Verteilungsmasse 660 € (1.550 € – 890 € Selbstbehalt) = 47,83%.

Aufteilung der Verteilungsmasse:

auf K1 entfallen 334 € x 47,83 % = 160 €

auf K2 entfallen 276 € x 47,83 % = 132 €

auf F entfallen 770 € x 47,83 % = 368 €.

Da die für die Kinder ermittelten Beträge unter den Zahlbeträgen der 6. Eink.-Gruppe abzgl. hälftiges Kindergeld liegen (hier: 257 € und 199 €), kann das Kindergeld weder zur Hälfte noch mit einem Teilbetrag hiervon zugunsten des M abgezogen werden, d.h. die Anrechnungsregelung des § 1612b Abs.5 BGB führt dazu, dass ein Kindergeldausgleich nicht stattfindet.

3. Stufe: Billigkeitsprüfung des Ergebnisses

Eine Korrektur des Ergebnisses unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit und Angemessenheit ist hier nicht veranlasst.