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Rechtskraft und Totalrevision im schuldrechtlichen Ausgleich

Entscheidungen zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach neuem Recht dürfen nicht zur Totalrevision eines öffentlich-rechtlichen Ausgleichs führen, der vor Inkrafttreten des neuen Rechts zustande kam.

Den derzeitigen Entscheidungen der Familiengerichte zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich liegt regelmäßig ein Verfahren zum öffentlich-rechtlichen Ausgleich zugrunde, das vor Inkrafttreten des neuen Rechts rechtskräftig abgeschlossen wurde. In diesen Fällen sind zwar der Durchführung des schuldrechtlichen Ausgleichs die Regelungen des neuen Rechts zugrunde zu legen, wobei aber die entsprechende Entscheidung nach der Rechtsprechung des BGH nicht zu einer Totalrevision des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs führen darf (BGH FamRZ 1993, 304).

Unter Zugrundelegung der gesetzlichen Regelung einerseits und der Rechtsprechung des BGH andererseits, ist beim Zusammentreffen einer Entscheidung zum schuldrechtlichen Ausgleich nach neuem Recht und einer rechtskräftigen Entscheidung zum öffentlich-rechtlichen Ausgleich nach altem Recht wie folgt zu verfahren.

Nach früherem Recht lagen dem schuldrechtlichen Ausgleich die Bestimmungen des § 1587 f Nr.1 bis Nr. 5 BGB a.F. sowie die Regelung des § 2 VAHRG zugrunde. Danach ist zu unterscheiden zwischen

a) Anrechten, die isoliert vom Ergebnis des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs von vorn herein dem schuldrechtlichen Ausgleich überlassen wurden. Es handelt sich dabei bspw. um betriebliche Anrechte, die wegen Nichterfüllung der zeitlichen Voraussetzungen (früher § 1 Abs. 1 BetrAVG, jetzt § 1 b BetrAVG) gem. § 1587 f Nr. 4 BGB a.F. dem schuldrechtlichen Ausgleich vorbehalten blieben oder um Anrechte, die gem. § 1587 o BGB a.F. aufgrund einer Vereinbarung der Eheleute, unabhängig von der Berechnung des öffentlich-rechtlichen Ausgleichs, schuldrechtlich auszugleichen sind.

b) Anrechten, denen eine Berechnung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs vorausging und die nach dem Ergebnis des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs dem schuldrechtlichen Ausgleich überlassen blieben oder Anrechte bei denen ein öffentlich-rechtlicher Ausgleich durch Beitragszahlung angeordnet wurde, wobei der verpflichtete Ehegatte die angeordneten Beiträge nicht oder nicht vollständig eingezahlt hat.

Da bei einem isolierten schuldrechtlichen Ausgleich keine der Berechnung entsprechende rechtskräftige Entscheidung vorliegt, sind bei einer derzeitigen Entscheidung zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich alle Bestimmungen des VersAusglG anzuwenden. So ist bspw. bei betrieblichen Anrechten, deren Ehezeitanteil bei Anwendung des früheren Rechts ausnahmslos gem. § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB a.F. zeitratierlich zu ermitteln war, nunmehr zu prüfen, ob eine unmittelbare Bewertung gem. § 39 VersAusglG in Betracht kommt.

Anders ist bei einem dem schuldrechtlichen Ausgleich vorhergegangenen öffentlichrechtlichen Ausgleich nach früherem Recht zu verfahren. In einem solchen (häufigeren) Fall ist aufgrund der früheren Entscheidung des Familiengerichts festzustellen, welcher rechtskräftige öffentlich-rechtliche Wertausgleich der (Rest-) Entscheidung zum schuldrechtlichen Ausgleich zugrunde lag. Die Neuregelungen des VersAusglG sind danach nur auf die (Rest-) Entscheidung anzuwenden, die der (Rest-) Entscheidung vorausgegangene Entscheidung zum öffentlich-rechtlichen Wertausgleich hat Bestand.

Bspw. wurde in den Regelfällen des § 1587 f Nr. 1 bis 3 BGB a.F. bzw. des § 2 VAHRG in einem ersten Berechnungsschritt zunächst nach Verrechnung der beiderseitigen Anrechte der gesamte Ausgleichsanspruch der ausgleichsberechtigten Person ermittelt. Der dieser Verrechnung zugrunde liegende öffentlich-rechtliche Ausgleichsanspruch der berechtigten Person wurde rechtskräftig entschieden. Nur ein nach dieser Verrechnung verbleibender schuldrechtlicher Ausgleich unterfällt den Regelungen des VersAusglG.