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BVerfG - Entscheidung vom 13.10.2022

1 BvR 1204/22

Normen:
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 34 Abs. 2 Alt 1
BVerfGG § 92
BVerfGG § 23 Abs. 1 S. 2
BVerfGG § 34 Abs. 2 Alt. 1
BVerfGG § 92
BVerfGG § 93a Abs. 2

BVerfG, Beschluss vom 13.10.2022 - Aktenzeichen 1 BvR 1204/22

DRsp Nr. 2022/17022

Form und Frist der Verfassungsbeschwerde

Tenor

1.

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2.

Dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt (...), wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro (in Worten: fünfhundert Euro) auferlegt.

Normenkette:

BVerfGG § 93a Abs. 2 ;

[Gründe]

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.

Insbesondere ist die Annahme nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG ), weil die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; BVerfGK 12, 189 <196>; stRspr). Sie ist aus mehreren Gründen offensichtlich unzulässig. Zum einen wahrt sie nicht die Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG , weil die erhobene Anhörungsrüge nicht geeignet war, diese Frist offen zu halten, sondern offensichtlich aussichtslos gewesen ist (vgl. BVerfGK 7, 115 <116>; 11, 203 <205>), weil ihre Begründung von vornherein keine Gehörsverletzung (vgl. Art. 103 Abs. 1 GG ) aufzeigt und deshalb über ihre Unzulässigkeit keine Ungewissheit bestehen konnte. Zum anderen ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich nicht den gesetzlichen Bestimmungen der § 92 , § 23 Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz BVerfGG entsprechend begründet, weil der Beschwerdeschrift jegliche auf den Einzelfall bezogene Auseinandersetzung mit den fachgerichtlichen Entscheidungen fehlt (vgl. nur etwa BVerfGE 130, 1 <21> m.w.N.; stRspr).

Von einer weitergehenden Begründung wird insoweit gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

2. Die Kammer hat von ihrer Befugnis Gebrauch gemacht, dem Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin gemäß § 34 Abs. 2 , 1. Alternative BVerfGG eine Missbrauchsgebühr aufzuerlegen.

Ein Missbrauch in diesem Sinne liegt unter anderem dann vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig und ihre Einlegung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 <97>; 14, 468 <470>; stRspr). Das Bundesverfassungsgericht muss nicht hinnehmen, dass es in der Erfüllung seiner Aufgaben, nämlich grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen, durch für jedermann erkennbar aussichtslose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. BVerfGK 3, 219 <222>; 6, 219; 10, 94 <97>).

Vor diesem Hintergrund ist die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr gegen den für die Beschwerdeführerin auftretenden Rechtsanwalt schon deshalb geboten, weil die von ihm eingereichte Begründung der Verfassungsbeschwerde in mehrfacher Hinsicht offensichtlich nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.

Von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, ist zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfGE 88, 382 <384>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18. Februar 2016 - 1 BvR 134/16 -, Rn. 7 m.w.N.; stRspr).

Diese Obliegenheiten hat der Bevollmächtigte bei der Vertretung der Beschwerdeführerin in gravierender Weise außer Acht gelassen. Nicht nur musste sich die Aussichtslosigkeit der von ihm im fachgerichtlichen Verfahren erhobenen Anhörungsrüge aufdrängen, sondern auch der Umstand, dass eine Verfassungsbeschwerde nicht zulässig erhoben sein kann, wenn jede auf den Einzelfall bezogene Auseinandersetzung mit den angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen fehlt.

Nachdem der Bevollmächtigte der Beschwerdeführerin mit der von ihm verfassten Verfassungsbeschwerde nach allem gravierend hinter den an ihn als Rechtsanwalt zu stellenden Anforderungen zurückgeblieben ist, erscheint der Kammer eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 500 Euro angemessen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 03.06.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 45/21
Vorinstanz: OLG Celle, vom 09.05.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 45/21
Vorinstanz: OLG Celle, vom 20.04.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 45/21