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BGH - Entscheidung vom 23.02.2021

VIII ZR 213/20

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313a Abs. 1
BGB § 573 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
ZPO § 313a Abs. 1
BGB § 573 Abs. 1
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 313a Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 1 S. 2
ZPO § 540 Abs. 2

Fundstellen:
FamRZ 2021, 967
MDR 2021, 702
NZM 2021, 432
ZMR 2021, 570

BGH, Beschluss vom 23.02.2021 - Aktenzeichen VIII ZR 213/20

DRsp Nr. 2021/5420

Erlass eines Urteils durch das Berufungsgericht unter Missachtung der an ein Protokollurteil zu stellenden Anforderungen; Voraussetzungen an eine ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum wegen sogenannten Betriebsbedarfs; Fehlen von tatbestandlichen Feststellungen und rechtlicher Begründung

Erlässt das Berufungsgericht unter offenkundiger Verkennung der Voraussetzungen des § 313a Abs. 1 , § 540 Abs. 2 ZPO und damit unter Missachtung der an ein Protokollurteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu stellenden Anforderungen ein Urteil, das weder tatbestandliche Feststellungen noch eine rechtliche Begründung enthält, ist im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision zu unterstellen, dass das Berufungsgericht das in den Tatsacheninstanzen gehaltene und im Beschwerdeverfahren angeführte Vorbringen des Beschwerdeführers nicht hinreichend im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG zur Kenntnis genommen hat und die Entscheidung des Berufungsgerichts hierauf beruht (in Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, juris Rn. 26 i.V.m. 24; vom 18. September 2012 - VI ZR 51/12, NJW-RR 2012, 1535 Rn. 1; vom 16. Mai 2017 - VI ZR 25/16, NJW 2017, 2561 Rn. 12 ff.). Zu den Voraussetzungen an eine ordentliche Kündigung eines Mietverhältnisses über Wohnraum wegen sogenannten Betriebsbedarfs.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut - 1. Zivilkammer - vom 3. Juni 2020 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 7.104 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 313a Abs. 1 ; ZPO § 540 Abs. 1 S. 2; ZPO § 540 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Der Kläger hat den Beklagten auf Räumung und Herausgabe einer Wohnung nebst Garage und Stellplatz in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Räumungs- und Herausgabeklage stattgegeben und dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 14. August 2020 gewährt.

Das am Ende der Sitzung verkündete, von allen drei mitwirkenden Richtern unterzeichnete und dem Sitzungsprotokoll als Anlage beigefügte Urteil des Landgerichts enthält nur Rubrum (§ 313 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO ) und Entscheidungsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ), nicht aber tatsächliche Feststellungen oder eine rechtliche Begründung (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO ). In dem zunächst nur vorläufig aufgezeichneten und nach Fertigstellung allein von der Vorsitzenden Richterin und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichneten Sitzungsprotokoll findet sich im Anschluss an die Verkündung des "anliegenden" Urteils der graphisch hervorgehobene Hinweis: "Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO werden folgende Gründe zu Protokoll gegeben, wobei gemäß §§ 540 Abs. 2 , 313 a ) ZPO von der Darstellung eines Tatbestands abgesehen wird."

Hieran schließen sich rechtliche Erwägungen zur Begründetheit der Berufung des Klägers an. Danach habe das Amtsgericht die Klage zwar zutreffend abgewiesen, weil ein befristetes Mietverhältnis nicht vorliege und die vom Kläger am 17. April 2019 ausgesprochene Kündigung unwirksam sei. Jedoch habe die nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils erklärte weitere Kündigung vom 2. Dezember 2019 das Mietverhältnis beendet, weil der Kläger ein berechtigtes Interesse gemäß § 573 Abs. 1 BGB geltend gemacht habe. Er benötige die Wohnung für den seit Dezember 2016 bei ihm als Haushälter beschäftigten Zeugen T. . Da dieser nicht nur klassische Haushaltstätigkeiten erledige, sondern auch den Pfortendienst durchführe, Telefonate entgegennehme und generell sonst anfallende Aufgaben (Botengänge zur Kirche/Sakristei) übernehme, sei eine Unterbringung in der Nähe des Pfarrhauses erforderlich. Eine dauerhafte Nutzung des Gästezimmers im Pfarrhaus sei unzumutbar. Hinzu komme, dass der Zeuge T. die streitgegenständliche Wohnung ohnehin vor der Anmietung durch den Beklagten bewohnt habe und diese nur deshalb an den Beklagten vermietet worden sei, weil er die Wohnung kurzfristig unter Zurücklassung seines gesamten Mobiliars verlassen habe, was dem Beklagten, der nur einen kurzfristigen Wohnbedarf geltend gemacht habe, auch hinreichend mitgeteilt worden sei.

Das Protokoll und das Urteil des Berufungsgerichts sind nicht miteinander verbunden. Vielmehr ist das Urteil dem Sitzungsprotokoll lediglich nachgeheftet. Das Protokoll wurde den Parteien im Juni 2020 zugestellt. Gegen das Urteil des Berufungsgerichts hat der Beklagte Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, durch die er die Zulassung der Revision wegen Gehörsverletzung mit dem Ziel der Klageabweisung erstrebt.

II.

Die frist- und formgerecht eingereichte Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 3 , 4 , § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ) ist zulässig. Entgegen der im Sitzungsprotokoll von der Vorsitzenden der Berufungskammer geäußerten Ansicht, wonach ein Tatbestand gemäß § 540 Abs. 2 , § 313a ZPO mangels Anfechtbarkeit des Berufungsurteils entbehrlich sei, ist der Beschwerdewert für eine Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht. Der Wert der geltend gemachten Beschwer beläuft sich auf 24.864 €. Das Berufungsgericht hat verkannt, dass sich die Beschwer bei einem Streit über das Bestehen eines unbefristeten Mietverhältnisses gemäß §§ 8 , 9 ZPO auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete beläuft (st. Rspr.; siehe zuletzt Senatsbeschluss vom 4. Februar 2020 - VIII ZR 16/19, WuM 2020, 298 Rn. 2 mwN).

Mangels tatbestandlicher Feststellungen im Berufungsurteil (auch das Sitzungsprotokoll, auf das es - wie nachfolgend noch darzulegen sein wird - ohnehin nicht ankommt, enthält solche Feststellungen nicht) ist der Vortrag des Beklagten in seiner Nichtzulassungsbeschwerde, soweit er anhand des Urteils nicht überprüft werden kann, als richtig zu unterstellen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2017 - VI ZR 25/16, NJW 2017, 2561 Rn. 10; vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, juris Rn. 9). Dies gilt auch, soweit die dem Revisionsgericht von Amts wegen obliegende Prüfung betroffen ist, welche Beschwer der Beklagte geltend macht (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, aaO Rn. 9 ff.). Dieser beruft sich im Rahmen seiner Nichtzulassungsbeschwerde auf das Bestehen eines unbefristeten Mietverhältnisses. Er macht geltend, der Grund für eine Befristung sei ihm bei Vertragsschluss entgegen § 575 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht schriftlich mitgeteilt worden, so dass das Mietverhältnis gemäß § 575 Abs. 1 Satz 2 BGB als unbefristet gelte. Damit bemisst sich seine Beschwer nach §§ 8 , 9 ZPO .

III.

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Wie die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht rügt, verletzt die angefochtene Entscheidung in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG ). Denn das Berufungsgericht hat in offenkundiger Verkennung der Voraussetzungen der § 313a Abs. 1 , § 540 Abs. 2 ZPO und damit unter Missachtung der an ein Protokollurteil gemäß § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu stellenden Anforderungen ein Urteil erlassen, das lediglich die in § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO genannten Voraussetzungen erfüllt, jedoch nicht mit einem - vorher erstellten und sämtliche Darlegungen nach § 540 Abs. 1 ZPO enthaltenden - Sitzungsprotokoll verbunden worden ist und daher nicht erkennen lässt, dass sich das Berufungsgericht mit dem - von der Nichtzulassungsbeschwerde angeführten - Vorbringen des Beklagten in der Berufungserwiderung befasst hat.

1. Das Berufungsurteil enthält entgegen der Vorschrift des § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO weder eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts noch trifft es ergänzende oder abweichende Feststellungen zum Streitstoff in zweiter Instanz. Dieser Mangel wurde nicht durch das nach Fertigstellung allein durch die Vorsitzende der Berufungskammer und den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterzeichnete Sitzungsprotokoll behoben. Denn abgesehen davon, dass dieses Protokoll auch in anderer Hinsicht nicht den Anforderungen an ein Protokollurteil im Sinne des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO genügt (dazu nachfolgend unter 2), ist hierin unter Verstoß gegen § 540 Abs. 2 , § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von tatsächlichen Feststellungen in der irrtümlichen Annahme abgesehen worden, gegen das Berufungsurteil sei unzweifelhaft ein Rechtsmittel nicht eröffnet.

2. Dem Urteil des Berufungsgerichts fehlt zudem auch die gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , Satz 2 ZPO erforderliche rechtliche Begründung, auf die in Anbetracht einer möglichen Anfechtung durch eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht gemäß § 540 Abs. 2 , § 313a Abs. 1 Satz 2 ZPO hätte verzichtet werden dürfen. Soweit im Anschluss an die Verkündung des nur mit Rubrum und Entscheidungsformel (§ 313 Abs. 1 Nr. 1 - 4 ZPO ) versehenen, aber gemäß § 315 Abs. 1 Satz 1 ZPO von allen mitwirkenden Richtern unterschriebenen Urteils rechtliche Erwägungen, die für die verkündete Entscheidung maßgeblich gewesen sein sollen, in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sind, sind diese nicht Bestandteil des angefochtenen Urteils geworden und erfüllen für sich betrachtet nicht die Anforderungen an ein Protokollurteil im Sinne des § 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO .

a) Ein Protokollurteil bedarf keiner Begründung, wenn die nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ZPO an die Stelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen tretenden tatsächlichen und rechtlichen Darlegungen bereits in das Sitzungsprotokoll aufgenommen worden sind (§ 540 Abs. 1 Satz 2 ZPO ). Dies kann auf zwei möglichen Wegen geschehen.

aa) Ein solches Protokollurteil kann in der Weise prozessordnungsgemäß ergehen, dass ein Urteil, welches alle nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO erforderlichen Bestandteile enthält, von den mitwirkenden Richtern unterschrieben und mit dem Sitzungsprotokoll verbunden wird, um so den inhaltlichen Bezug zu den in das Sitzungsprotokoll "ausgelagerten" Darlegungen herzustellen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Urteile vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03, BGHZ 158, 37 , 41; vom 28. September 2004 - VI ZR 362/03, NJW 2005, 830 unter II 1 d; vom 23. November 2006 - I ZR 276/03, GRUR 2007, 631 Rn. 16; vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 9; vom 8. April 2008 - XI ZR 377/06, NJW-RR 2008, 1521 Rn. 10; vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 177/07, WuM 2010, 97 Rn. 6; vom 1. März 2010 - II ZR 213/08, NJW-RR 2010, 911 Rn. 8; Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, juris Rn. 18). Ein bloßer Hinweis auf das Sitzungsprotokoll genügt dagegen nicht (BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03, aaO). Auch reicht es nicht aus, wenn die nach § 311 Abs. 2 ZPO für die Verkündung regelmäßig erforderliche schriftlich abgefasste Urteilsformel bereits von den mitwirkenden Richtern unterschrieben wurde und dieses Schriftstück sodann mit dem zunächst vorläufig aufgezeichneten Sitzungsprotokoll nach dessen Herstellung verbunden wird (BGH, Urteile vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, aaO Rn. 11 mwN; vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 177/07, aaO; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. Februar 2004 - V ZR 249/03, aaO S. 40 f. ["vorher in das Sitzungsprotokoll aufgenommen"]). Denn das - aus mehreren Teilen bestehende - Protokollurteil muss schon im Zeitpunkt seiner Unterzeichnung durch die mitwirkenden Richter in vollständiger Form abgefasst sein (BGH, Urteile vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, aaO; vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 177/07, aaO).

bb) Die zweite Möglichkeit, ein den gesetzlichen Vorgaben des § 540 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO entsprechendes Prozessurteil zu erlassen, besteht darin, dass ein Sitzungsprotokoll erstellt wird, das neben den erforderlichen Darlegungen nach § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO zugleich auch sämtliche nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO gebotenen Angaben enthält und von allen mitwirkenden Richtern unterschrieben wird (BGH, Urteile vom 11. Juli 2007 - XII ZR 164/03, NJW-RR 2007, 1567 Rn. 10; vom 8. April 2008 - XI ZR 377/06, NJW-RR 2008, 1521 Rn. 11; vom 1. März 2010 - II ZR 213/08, NJW-RR 2010, 911 Rn. 8; vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 177/07, WuM 2010, 97 Rn. 6; Beschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, juris Rn. 19). In diesem Fall stellt die betreffende Urkunde zugleich die Sitzungsniederschrift und das Urteil dar.

b) Das Vorgehen des Berufungsgerichts wird den beschriebenen Anforderungen nicht gerecht, sondern erfüllt allenfalls die Voraussetzungen des vorliegend nicht einschlägigen § 313a Abs. 1 ZPO . Das Sitzungsprotokoll war zum Zeitpunkt der Verkündung des abgekürzten Urteils weder bereits hergestellt noch wurde es mit dem Urteil verbunden. Da es weder die nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO erforderlichen Bestandteile enthält noch die Unterschriften aller Richter trägt, stellt es auch für sich genommen nicht ein eigenständiges Protokollurteil dar.

3. Da das Berufungsurteil keine tatbestandlichen Feststellungen enthält, ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren der von der Beschwerdebegründung angeführte Vortrag des Beklagten aus der Berufungserwiderung als richtig zu unterstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017 - VI ZR 25/16, NJW 2017, 2561 Rn. 10 mwN).

Danach hat der Beklagte das Vorliegen eines befristeten Mietverhältnisses in Abrede gestellt und die vom Kläger ausgesprochenen Kündigungen vom 17. April 2019 und 2. Dezember 2019 für unwirksam gehalten, weil weder die Voraussetzungen für eine Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB noch für eine Betriebsbedarfskündigung gemäß § 573 Abs. 1 BGB vorlägen. Er hat unter anderem geltend gemacht, der Zeuge T. gehöre nicht zum Haushalt des Klägers, selbst wenn er - was bestritten werde - zwischenzeitlich das Gästezimmer im Pfarrhaus nutze. Weiter hat er unter Beweisantritt vorgetragen, im Pfarrhof seien noch weitere Wohnungen vorhanden, von denen jedenfalls die Dachgeschosswohnung leer stehe. Ein Betriebsbedarf im Sinne des § 573 Abs. 1 BGB bestehe ebenfalls nicht. Der Zeuge T. arbeite - was unter Beweis gestellt werde - in Vollzeit im -Werk in L. , weswegen bestritten werde, dass er überhaupt Tätigkeiten für den Kläger erbringe. Selbst wenn er aber als Pfarrhaushälter eingesetzt sein sollte, müsse er diese Aufgaben jedenfalls nicht jederzeit kurzfristig ausüben. Soweit der Kläger sich darauf berufe, der Zeuge T. übe auch Tätigkeiten für die Pfarrei aus, könne der Kläger, der die Wohnung in eigenem Namen vermietet habe, einen Betriebsbedarf der Pfarrei als Dritte nicht geltend machen.

4. Ob das Berufungsgericht diesen - von der Nichtzulassungsbeschwerde im Einzelnen angeführten - Vortrag des Beklagten in der Berufungserwiderung bei seiner Entscheidung hinreichend berücksichtigt hat, kann aufgrund des sich auf die Angaben nach § 313 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ZPO beschränkenden Berufungsurteils nicht beurteilt werden. Es ist daher mangels tatsächlicher Feststellungen im Urteil und mangels einer rechtlichen Begründung zu unterstellen, dass das Berufungsgericht dieses Vorbringen nicht hinreichend im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG zur Kenntnis genommen hat und die Entscheidung des Berufungsgerichts hierauf beruht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Juli 2007 - XII ZR 87/05, juris Rn. 26 i.V.m. 24; vom 18. September 2012 - VI ZR 51/12, NJW-RR 2012, 1535 Rn. 1; vom 16. Mai 2017 - VI ZR 25/16, NJW 2017, 2561 Rn. 12 ff.).

IV.

Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts aufzuheben und der Rechtsstreit zur neuen Entscheidung und Verhandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO ). Für das neue Berufungsverfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 BGB nur vorliegt, wenn das geltend gemachte Interesse ebenso schwer wiegt wie die in § 573 Abs. 2 BGB beispielhaft angeführten Kündigungsgründe (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 45/16, BGHZ 214, 269 Rn. 24 mwN). Ein "Betriebsbedarf", den der Kläger letztlich für sich geltend macht (Haushältertätigkeiten, Pfortendienst, Sekretariatsaufgaben) rechtfertigt eine Kündigung über ein Wohnraummietverhältnis gemäß § 573 Abs. 1 BGB nur, wenn die Nutzung der Wohnung für die "betrieblichen Abläufe" nach den Aufgaben der Bedarfsperson von wesentlicher Bedeutung ist (Senatsurteil vom 29. März 2017 - VIII ZR 44/16, NJW 2017, 2819 Rn. 33 mwN). Die im Sitzungsprotokoll angestellten Erwägungen tragen ein berechtigtes Interesse im Sinne von § 573 Abs. 1 BGB nicht, da die dort aufgeführten Tätigkeiten, die der Zeuge T. , der im Hauptberuf bei B. beschäftigt ist, für den Kläger erbringt, eine Unterbringung in der Nähe des Pfarrhauses nicht geboten erscheinen lassen.

Vorinstanz: AG Landshut, vom 25.11.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 3 C 1231/19
Vorinstanz: LG Landshut, vom 03.06.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 14 S 4340/19
Fundstellen
FamRZ 2021, 967
MDR 2021, 702
NZM 2021, 432
ZMR 2021, 570