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BSG - Entscheidung vom 05.08.2020

B 12 R 17/20 B

Normen:
SGB IV § 7
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 05.08.2020 - Aktenzeichen B 12 R 17/20 B

DRsp Nr. 2020/18334

Sozialversicherungsbeitragspflicht für eine Tätigkeit als Kraftfahrer für Kühltransporte Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts vom 4. März 2020 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGB IV § 7 ; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

I

In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten darüber, ob ein vom Kläger beantragtes Statusfeststellungsverfahren zu seiner Tätigkeit als Kraftfahrzeugführer bei der Firma R. Kühltransporte fortzuführen sei. Ein zunächst von der Rechtsvorgängerin der Beklagten erlassener Bescheid vom 25.2.2004, mit dem Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung festgestellt worden war, wurde auf den Widerspruch des Klägers mit Bescheid vom 21.7.2004 wegen eines bei Statusfeststellung anhängigen Betriebsprüfungsverfahrens aufgehoben; im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Das hiergegen geführte sozialgerichtliche Verfahren blieb ebenso wie das gegen den Betriebsprüfungsbescheid vom 4.2.2004 gerichtete Verfahren in allen Instanzen erfolglos. Mit Bescheid vom 5.2.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.9.2015 lehnte die Beklagte die Aufhebung des Teilabhilfebescheids vom 21.7.2004 und die "Aufnahme des abgebrochenen Statusfeststellungsverfahrens" ab. Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (SG Gießen Urteil vom 30.8.2018; Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 4.3.2020). Das LSG hat auf die Entscheidungsgründe des SG Bezug genommen, wonach das Betriebsprüfungsverfahren eine Sperrwirkung bezüglich des Statusfeststellungsverfahrens entfaltet habe. Dem Kläger stehe es bei einer ggf geplanten erneuten Tätigkeit als Kraftfahrer für dieselbe Firma frei, zukünftig einen Antrag nach § 7a Abs 1 SGB IV zu stellen. Im Übrigen würde auch das Wiederaufgreifen des Statusfeststellungsverfahrens nicht zu der Feststellung führen, dass der Kläger selbstständig gewesen sei. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des LSG.

II

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG ). Der Kläger hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG die sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und des Verfahrensmangels 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

1. Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17, Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § Nr 31 S 48, Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger führt im Wesentlichen aus, dass die fehlende Bindungswirkung der Beurteilung im Betriebsprüfungsverfahren für künftige Entscheidungen nur auf dem Papier bestehe. Faktisch bestehe doch eine Sperrwirkung, weil sich die nachfolgenden Entscheidungen daran orientieren würden. Die Instanzgerichte würden bei der Einstufung von Kraftfahrern im Vergleich zu sog Freelancern gleichheitswidrig nach der sozialen Wertigkeit der beruflichen Tätigkeit entscheiden und die vertragliche Ausgestaltung nach dem Willen der Parteien missachten. Es sei nicht ersichtlich, "warum sich das 'freie Dienstverhältnis' auf sog. Tätigkeiten höherer Art beschränken soll".

Der Kläger hat mit diesem Vortrag bereits keine Rechtsfragen zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts 162 SGG ) mit höherrangigem Recht ( BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - juris RdNr 11 mwN) formuliert. Die Bezeichnung einer hinreichend bestimmten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann ( BSG Beschluss vom 10.9.2014 - B 10 ÜG 3/14 B - juris RdNr 11 mwN). Insbesondere wenn ein Verfassungsverstoß geltend gemacht wird, muss eine Rechtsfrage derart klar formuliert sein, dass deutlich wird, welche konkrete Regelung welchen einfachen Rechts als mit der Verfassung nicht in Einklang stehend erachtet wird. Daran fehlt es hier.

Der Kläger hat sich in seiner Begründung auch nicht ansatzweise mit der umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 7 SGB IV , insbesondere zur Weisungsabhängigkeit und zur Eingliederung in den Betrieb befasst. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und den einschlägigen Normen ist aber erforderlich, um aufzuzeigen, dass und warum sich diesen Entscheidungen keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragen entnehmen lassen sollen (vgl BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).

Zudem fehlt es an Darlegungen dazu, warum es angesichts der verfahrensrechtlichen Konstellation bereits im vorliegenden Rechtsstreit auf die künftige statusrechtliche Einordnung der Tätigkeit als Kraftfahrer entscheidungserheblich ankommen soll.

2. Soweit der Kläger rügt, dass das LSG in unzulässiger Weise auf frühere Entscheidungen verwiesen habe, fehlt es zur Darlegung eines entscheidungserheblichen Verfahrensmangels an substantiierten Ausführungen. Weder hat der Kläger den Sachverhalt dazu hinreichend dargetan noch befasst er sich mit den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, unter denen das Berufungsgericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen kann (vgl etwa § 153 Abs 2 SGG ).

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 04.03.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 1 BA 56/19
Vorinstanz: SG Gießen, vom 30.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 6 R 474/15