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BSG - Entscheidung vom 05.10.2020

B 14 AS 419/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 05.10.2020 - Aktenzeichen B 14 AS 419/19 B

DRsp Nr. 2020/17413

Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Auferlegung von Kosten wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 12. Juni 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist nicht zulässig.

Den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung hat die Klägerin in der Begründung der Beschwerde wegen keiner der von ihr formulierten Rechtsfragen schlüssig dargelegt 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erfordert die Formulierung einer bestimmten abstrakten Rechtsfrage, der in dem Rechtsstreit eine grundsätzliche, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beigemessen wird (vgl BSG vom 22.8.1975 - 11 BA 8/75 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11). Die abstrakte Rechtsfrage ist klar zu formulieren, um an ihr die weiteren Voraussetzungen für die Revisionszulassung prüfen zu können (Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX. Kap, RdNr 181). Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung die Rechtseinheit in ihrem Bestand erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird. Daher ist aufzuzeigen, ob und inwieweit zu der aufgeworfenen Frage bereits Rechtsgrundsätze herausgearbeitet sind und in welchem Rahmen noch eine weitere Ausgestaltung, Erweiterung oder Änderung derselben durch das Revisionsgericht zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits erforderlich erscheint (vgl Krasney in Krasney/Udsching, aaO, IX. Kap, RdNr 65 f). Es ist darzustellen, dass die Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) ist. Die Frage darf sich nicht unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen (vgl BSG vom 21.1.1993 - 13 BJ 207/92 - SozR 3-1500 § Nr 8). Außerdem muss dargetan werden, dass die Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. Das bedeutet, dass das BSG auf eine zulässige Revision hin sachlich über die Rechtsfrage zu entscheiden haben wird (vgl Hauck in Hennig, SGG , § 160a RdNr 267 mwN, Stand September 2019).

Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin bezeichnet folgende Formulierungen als klärungsbedürftige Rechtsfragen:

"1.) Im Bereich des SGB II hat ein Leistungsträger, wenn er den Leistungsberechtigten in einer Eingliederungsvereinbarung zur Durchführung von kostenpflichtigen Maßnahmen als eigene Leistung verpflichtet, die damit verbundenen Kosten als Leistungen des Job Centers zu übernehmen, auch wenn es hierfür keine anderweitige Rechtsgrundlage gibt. 2.) Sprachkurse für Langzeitarbeitslose mit Migrationshintergrund und der Aussicht auf erfolgreichen Abschluss sind grundsätzlich förderfähig im Sinne des SGB II .

3.) Die Verhängung von Missbrauchsgebühren gegenüber Klägern ohne vorherigen Nachweis eines eindeutigen missbräuchlichen Verstoßes gegen anzuwendende höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG und deren Benennung in der Begründung der Missbrauchsentscheidung ist unzulässig."

Wegen der ersten Frage hat die Klägerin jedenfalls die Klärungsfähigkeit nicht hinreichend dargelegt, weil nicht erkennbar ist, wieso die Beantwortung der Frage für den Rechtsstreit von Bedeutung werden kann. Nach der Schilderung der Klägerin hat der Beklagte den Kostenträger (für einen zum beabsichtigten Studium erforderlichen B2-Nachweis) mit "ESF?, private Förderung?" bezeichnet und in der Eingliederungsvereinbarung festgehalten, dass die Klägerin einen "B2" Integrationskurs absolvieren werde und zeitnah den Beginn und das Ende des Kurses mitteilen solle. Eine konkrete Erklärung des Beklagten, er selbst sei zur Förderung der Maßnahme bereit, hat die Klägerin nicht wiedergegeben. Als in der Eingliederung vereinbarte, sie selbst treffende Pflicht ist nach ihrer Darstellung die Vorlage einer Immatrikulationsurkunde festgehalten. Wie sich in diesem Fall eine Verpflichtung des Beklagten zur Kostenübernahme für einen Sprachnachweis aus der Eingliederungsvereinbarung ergeben soll, erschließt sich schon aus dem Vorbringen der Klägerin nicht.

Wegen der zweiten Frage ist die Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dargelegt. Ausweislich der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde hat die Klägerin einen B2-Sprachnachweis wegen der Aufnahme eines Hochschulstudiums führen müssen. Inwieweit unter dieser Voraussetzung die Förderung durch Kostenübernahme des Sprachnachweises als Eingliederung in Arbeit nach dem SGB II gesetzlich möglich sein soll - worauf die Formulierung "grundsätzlich förderfähig" und der Hinweis auf die Förderung nach § 16f SGB II deuten - ergibt sich aus den Ausführungen der Klägerin nicht. In diesem Zusammenhang fehlt insbesondere eine Auseinandersetzung der Klägerin mit der Frage, wann Eingliederung "in Arbeit" vorliegen kann, wie sie auch der Wortlaut des § 16f Abs 1 SGB II voraussetzt.

Die dritte Frage kann - unabhängig davon, ob sie nicht nur auf die Prüfung der Berechtigung zur Auferlegung einer Missbrauchsgebühr im konkreten Fall der Klägerin zielt - nicht zur Zulassung einer Revision führen, nachdem die Klägerin mit der ersten und zweiten Frage keinen Revisionszulassungsgrund zur Hauptsache dargelegt hat. Die isolierte Überprüfung der vom LSG getroffenen Entscheidung, einem Beteiligten Kosten wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung aufzuerlegen, ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ausgeschlossen (vgl BSG vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - SozR 4-1500 § 192 Nr 1 RdNr 14-15 mwN; BSG vom 2.7.2018 - B 5 R 62/18 B - RdNr 7).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 12.06.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 7 AS 464/18
Vorinstanz: SG Altenburg, vom 08.03.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 42 AS 534/14