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BGH - Entscheidung vom 25.06.2020

I ZR 205/19

Normen:
ZPO § 3

BGH, Beschluss vom 25.06.2020 - Aktenzeichen I ZR 205/19

DRsp Nr. 2020/11216

Unzulässige Nichtzulassungsbeschwerde eines Kreditanbieters; Klage eines Verbraucherschutzverbands wegen unlauterer Werbung; Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer

Tenor

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 27. September 2019 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Streitwert: 15.000 €

Normenkette:

ZPO § 3 ;

Gründe

I. Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Die Beklagte vermittelt Kurzzeitkredite über Beträge von 100 bis 300 € mit einer Laufzeit von bis zu 30 Tagen. Für diese Kredite hat sie im Oktober 2017 wie aus der Anlage K 1 ersichtlich mit einem effektiven Jahreszinssatz von 13,9% geworben. Die Vergabe der Kredite erfolgt durch die n. privatbank AG. Für die Vermittlung der Kredite erhebt die Beklagte bei den Kunden kein Entgelt, sie bietet jedoch entgeltpflichtige Zusatzoptionen an, so etwa die Möglichkeit zur Erstellung eines "Bonitätszertifikats" in Höhe von 10%. Die Beklagte beschreibt dieses Zertifikat auf ihrer Internetseite wie folgt: "Das Bonitätszertifikat von V. ist mehr als eine interne Bonitätsermittlung. Es ist Ihre Chance auf einen Kleinkredit, auch mit einer mittleren Bonität."

Der Kläger hält die Werbung der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 PAngV für unlauter, weil die Kosten für die Erstellung des Bonitätszertifikats in die Berechnung der Gesamtkosten der vom Verbraucher zu entrichtenden Zinsen und aller sonstigen Kosten einschließlich Vermittlungskosten einzubeziehen seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Androhung von näher bezeichneten Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern für die Vermittlung von Krediten mit einem Effektivzinssatz zu werben bzw. werben zu lassen, in dem die Kosten für die Erstellung eines Bonitätszertifikats zur Vorlage gegenüber der kreditgebenden Bank zu Zwecken der Bonitätsverbesserung nicht mitberücksichtigt sind, wenn dies wie folgt geschieht: [es folgt die Abbildung der Anlage K 1].

Ferner hat der Kläger die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 214 € beantragt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Revision nicht zugelassen.

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der von der Beklagten mit einer Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO aF, jetzt § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ).

1. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des Urteils. Wendet sich - wie hier - die beklagte Partei mit der Revision gegen die in der Vorinstanz zu ihren Lasten titulierte Unterlassungspflicht, so richtet sich der Wert der Beschwer nach ihrem gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bemessenden Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung. Der so zu bemessende Wert der Beschwer entspricht zwar nicht zwangsläufig, aber doch regelmäßig dem nach dem Interesse der klagenden Partei an dieser Verurteilung zu bemessenden Streitwert. Denn das Interesse des Klägers an einer Unterlassung ist pauschalierend und unter Berücksichtigung von Bedeutung, Größe und Umsatz des Verletzers, Art, Umfang und Richtung der Verletzungshandlung sowie subjektiven Umständen auf Seiten des Verletzers, wie etwa dem Verschuldensgrad, zu bewerten. Auf eine höhere Beschwer im Fall der Verurteilung hat die beklagte Partei deshalb schon in den Vorinstanzen hinzuweisen. Einer beklagten Partei, die weder die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass für die Festlegung des Streitwerts maßgebliche Umstände, die bereits dort vorgebracht worden sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, ist es regelmäßig versagt, sich erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Wert zu berufen (st. Rspr.; siehe nur BGH, Beschluss vom 24. September 2013 - II ZR 117/11, juris Rn. 3; Beschluss vom 27. Oktober 2016 - III ZR 300/15, juris Rn. 5; Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZR 41/17, NJW 2017, 3164 Rn. 11; Beschluss vom 19. Oktober 2017 - VI ZR 19/17, VersR 2018, 181 Rn. 5; Beschluss vom 10. Januar 2019 - V ZR 130/18, WuM 2019, 286 Rn. 6; Beschluss vom 19. Dezember 2019 - I ZR 94/19, K&R 2020, 375 Rn. 6, mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen beträgt der Beschwerdewert für den in Rede stehenden Unterlassungsantrag 15.000 €.

a) Die Beschwerde macht geltend, die Beschwer der Beklagten betrage mindestens 100.000 €. Sie generiere mit der Erstellung von Bonitätszertifikaten einen Jahresumsatz von weit über 100.000 €, der nahezu ausschließlich auf die beanstandete Werbung zurückzuführen seien. Dieser Umsatz gehe ihr künftig verloren, wenn sie die Werbung zu unterlassen habe. Der Streitwert sei durch das Berufungsgericht erheblich zu niedrig festgesetzt worden. Die Beklagte habe gegen diesen Beschluss mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2019 Streitwertbeschwerde erhoben.

b) Damit hat die Beschwerde keinen Erfolg.

aa) Das Landgericht hat einen Streitwert von 15.000 € festgesetzt. Das Berufungsgericht hat den Streitwert für die Berufungsinstanz mit Beschluss vom 27. September 2019 ebenfalls auf 15.000 € festgesetzt. Diesem Wert entspricht die von der Beklagten geltend zu machende Beschwer in der Revisionsinstanz.

bb) Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, auf einen höheren Streitwert rechtfertigende Umstände schon in der Berufungsinstanz hingewiesen zu haben. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist zudem zu entnehmen, dass die Beklagte nach dem Hinweis des Berufungsgerichts keine Einwände gegen die von diesem beabsichtigte Streitwertfestsetzung erhoben hat. Die von der Beschwerde erwähnte Streitwertbeschwerde ist erst nach Abschluss der Berufungsinstanz erhoben worden. Es kann angesichts des deutlichen Hinweises des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung auch nicht die Rede davon sein, dass die Streitwertfestsetzung überraschend erfolgte. Die Beklagte hatte hinreichend Anlass und auch Gelegenheit, noch in der Berufungsinstanz einen den Betrag von 20.000 € übersteigenden Streitwert geltend zu machen.

cc) Im Übrigen gibt die Beschwerde auch in der Sache keinen Anlass zur Annahme einer höheren Beschwer. Der Beklagten ist lediglich die Werbung für ihre Dienstleistung verboten worden, wenn diese - wie in der im Verbotstenor in Bezug genommenen Anlage - die Kosten für die Erstellung des Bonitätszertifikats nicht berücksichtigt. Es ist nicht anzunehmen, dass dieses Verbot zu einem Totalausfall der Umsätze der Beklagten führt, weil dieser eine unter Beachtung der Bestimmungen der Preisangabenverordnung erfolgende Werbung unbenommen bleibt.

Vorinstanz: LG Berlin, vom 30.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 52 O 105/18
Vorinstanz: KG, vom 27.09.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 5 U 128/18