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BGH - Entscheidung vom 11.03.2020

2 ARs 350/19

Normen:
StPO § 14

BGH, Beschluss vom 11.03.2020 - Aktenzeichen 2 ARs 350/19

DRsp Nr. 2020/6457

Bestimmung des Gerichtsstands hinsichtlich Zuständigkeit in einer Jugendstrafsache wegen des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes

Tenor

1.

Der Antrag des Amtsgerichts Wolfsburg, das zuständige Gericht zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

2.

Die Sache wird zur weiteren Veranlassung an das Amtsgericht Wolfsburg zurückgegeben.

Normenkette:

StPO § 14 ;

Gründe

Die Jugendschöffengerichte der Amtsgerichte Wolfsburg und Magdeburg streiten über die Zuständigkeit für die weitere Verhandlung und Entscheidung in einer Jugendstrafsache.

1. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat am 29. Mai 2019 beim Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Wolfsburg Anklage gegen den zur Tatzeit 20 Jahre alten Angeklagten wegen 24 Taten des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes erhoben. Das Amtsgericht Wolfsburg hat mit Beschluss vom 9. Juli 2019 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 22. August 2019 hat das Amtsgericht Wolfsburg das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Braunschweig an das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Magdeburg abgegeben, weil der Angeklagte seinen Wohnsitz im dortigen Bezirk habe.

Das Amtsgericht Magdeburg hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, weil sie - im Einzelnen ausgeführt - nicht sachdienlich sei.

Das Amtsgericht Wolfsburg hat das Verfahren daraufhin dem Bundesgerichtshof als gemeinschaftlichem oberen Gericht gemäß 14 StPO zur Entscheidung vorgelegt.

2. Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zurückzuweisen.

a) In einem Streit gemäß § 14 StPO kann der Bundesgerichtshof nur eines der streitenden Gerichte als zuständiges Gericht bestimmen. Die Bestimmung muss unterbleiben, wenn keines der bislang am Streit beteiligten Gerichte zuständig ist (Senat, Beschlüsse vom 14. Juni 2016 - 2 ARs 211/16, juris Rn. 4; vom 27. September 2000 - 2 ARs 69/00, NStZ 2001, 110 ; vom 19. September 1986 - 2 ARs 206/86, BGHR StPO § 462a Abs. 1 Befasstsein 2 mwN; siehe auch KK-StPO/Scheuten, 8. Aufl., § 14 Rn. 4). Beteiligt sind am Streit bislang nur die Amtsgerichte Wolfsburg und Magdeburg; zuständig für die Verhandlung und Entscheidung der Sache sind jedoch die Amtsgerichte Gifhorn oder Salzwedel.

b) Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 9. Januar 2020 zutreffend ausgeführt:

"Eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Wolfsburg bestand bereits bei Anklageerhebung nicht. Weder liegen die Tatorte D. (Amtsgerichtsbezirk Gifhorn) und J. (Amtsgerichtsbezirk Salzwedel) der dem Angeklagten zur Last gelegten Missbrauchstaten im dortigen Bezirk, noch hatte er bei Anklageerhebung dort seinen Wohnsitz. Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 29. Mai 2019 ging am 13. Juni 2019 beim Amtsgericht Wolfsburg ein [...]. Ausweislich des Schreibens des Landkreises Gifhorn vom 19. Juli 2019 war der Angeklagte jedoch bereits am 28. Mai 2019 nach Magdeburg verzogen [...].

Die Voraussetzungen für eine Abgabe des Verfahrens gemäß § 42 Abs. 3 JGG - der hier in Verbindung mit § 108 JGG anwendbar wäre - an das Amtsgericht Magdeburg liegen ebenfalls nicht vor. Zum einen setzt dies voraus dass der Angeklagte seinen Aufenthaltsort nach Erhebung der Anklage gewechselt hat (st. Rspr., vgl. BGHSt 13, 209 , 218; BGHR JGG § 42 Abs. 3 Abgabe 2; Senat, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 2 ARs 117/11 und vom 3. Juli 2013 - 2 ARs 244/13), was hier nicht der Fall ist. Zum anderen hielt sich der Angeklagte jedenfalls im Zeitpunkt der Abgabeentscheidung des Amtsgerichts Wolfsburg bereits nicht mehr im Amtsgerichtsbezirk Magdeburg auf. Denn ausweislich des Vermerks der Polizei Gifhorn vom 27. August 2019 ist er seit August in Jübar im Amtsgerichtsbezirk Salzwedel wohnhaft [...]."

Dem tritt der Senat bei.

Vorinstanz: AG Wolfsburg, - Vorinstanzaktenzeichen 250 Js 20003/19
Vorinstanz: AG Magdeburg, - Vorinstanzaktenzeichen 269 Js 33588/19