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BSG - Entscheidung vom 15.04.2019

B 14 AS 16/18 BH

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 105 Abs. 2 S. 2
SGG § 153 Abs. 3 S. 1

BSG, Beschluss vom 15.04.2019 - Aktenzeichen B 14 AS 16/18 BH

DRsp Nr. 2019/7333

Voraussetzung zur Wahl zwischen mündlicher Verhandlung und einem Rechtsmittel Unterzeichnung eines Urteils

1. Die Möglichkeit, statt eines Rechtsmittels eine mündliche Verhandlung zu beantragen, gibt es nur für die Fälle, in denen die Berufung nicht gegeben ist.2. Die Unterschrift eines Urteils erfolgt nur durch die Berufsrichter, nicht durch die ehrenamtlichen Richter

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. Januar 2018 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt M, B, beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 105 Abs. 2 S. 2; SGG § 153 Abs. 3 S. 1;

Gründe:

Dem Kläger kann - ungeachtet der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - PKH nicht bewilligt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO ). Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, die angestrebte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil des LSG erfolgreich zu begründen. Eine Erfolgsaussicht würde nur bestehen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe - grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung (Divergenz), Verfahrensmangel - mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Ein solcher Zulassungsgrund ist bei der im PKH-Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung unter Berücksichtigung des Akteninhalts nicht erkennbar. Eine allgemeine Überprüfung des Rechtsstreits in dem Sinne, ob das LSG in der Sache richtig entschieden hat, ist im Rahmen einer Beschwerde nach § 160 SGG nicht zulässig.

Der Kläger wendet sich in der Sache dagegen, dass bei ihm kein Mehrbedarf für hauswirtschaftliche Verrichtungen in Höhe von 150 Euro monatlich berücksichtigt wurde. Er wirft dem LSG in diesem Zusammenhang eine unrichtige Würdigung der Schwere seiner Behinderung vor und meint, das Gericht habe in dieser Hinsicht seine Aufklärungspflicht verletzt. Im Übrigen rügt der Kläger die nicht ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts. Man habe ihm außerdem eine mündliche Verhandlung beim SG verweigert und das Urteil des LSG sei nicht von allen drei Richtern unterschrieben worden.

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ). Es ist nicht erkennbar, dass eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Insbesondere sind die Voraussetzungen, unter denen Mehrbedarfe gemäß § 21 SGB II gewährt werden können, durch die Rechtsprechung des BSG bereits geklärt (zu den allgemeinen Voraussetzungen vgl BSG vom 29.4.2015 - B 14 AS 8/14 R - BSGE 119, 7 = SozR 4-4200 § 21 Nr 22).

Ebenso wenig sind Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) gegeben. Es ist nicht erkennbar, dass das LSG in seinem Urteil einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG aufgestellt hat.

Es liegen auch keine Verfahrensmängel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) vor, auf denen das Urteil des LSG beruhen kann und die in zulässiger Weise geltend gemacht werden könnten. Insbesondere ist ein absoluter Revisionsgrund nach § 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO wegen einer unvorschriftsmäßigen Besetzung der Richterbank nicht gegeben. Das LSG hat das Verfahren ausweislich seines Beschlusses vom 25.10.2017 in zulässiger Weise gemäß § 153 Abs 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen, da die Voraussetzung eines Gerichtsbescheids, gegen den die Berufung gegeben ist (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG ), vorliegt. Es wurde im Berufungsverfahren vorschriftsmäßig aufgrund mündlicher Verhandlung in der Besetzung mit dem Berichterstatter und zwei ehrenamtlichen Richtern entschieden (§ 153 Abs 5 SGG ). Der Antrag des Klägers auf mündliche Verhandlung vor dem SG ist dagegen nach vorheriger Anhörung zu Recht zurückgewiesen worden, denn die Möglichkeit, statt eines Rechtsmittels eine mündliche Verhandlung zu beantragen, ist nur für die Fälle möglich, in denen die Berufung nicht gegeben ist (§ 105 Abs 2 Satz 2 SGG ). Schließlich ist das Urteil gemäß § 153 Abs 3 Satz 1 SGG ordnungsgemäß unterschrieben worden. Die Unterschrift erfolgt nur durch die Berufsrichter, nicht durch die ehrenamtlichen Richter (s dazu Keller in Meyer-Ladewig ua, SGG , 12. Aufl 2017, § 153 RdNr 9).

Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG ) vor. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 23.1.2018 hat der Kläger beanstandet, dass der Senat keine weiteren Ermittlungen bezüglich der Zuerkennung eines Merkzeichens "G", das Gegenstand eines anderen Verfahrens ist, vorgenommen habe. Einen konkreten Beweisantrag hat der Kläger dagegen nicht gestellt. Das LSG hat die Gründe für einen Verzicht von weiteren Ermittlungen im Übrigen in seinem Urteil ausführlich dargestellt. Dass es sich hätte gedrängt sehen müssen, weitere Ermittlungen vom Amts wegen durchzuführen, ist nicht erkennbar.

Da der Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH hat, ist auch sein Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen (§ 73a SGG iVm § 121 ZPO ).

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 23.01.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 32 AS 79/17
Vorinstanz: SG Berlin, vom 02.01.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 100 AS 4990/15