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BSG - Entscheidung vom 03.07.2019

B 5 RS 10/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 03.07.2019 - Aktenzeichen B 5 RS 10/18 B

DRsp Nr. 2019/12344

Divergenzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Formgerechte Darlegung einer Divergenz Beruhen der angefochtenen Entscheidung auf einer Abweichung

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz erfordert auch, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. 2. Die Beschwerdebegründung muss insoweit erkennen lassen, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht.3. Schließlich ist die Darlegung erforderlich, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 24. April 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

Die Beteiligten streiten im Zugunstenverfahren darüber, ob die Beklagte die bisherigen Höchstwertfestsetzungen von Arbeitsentgelten, die während der Zugehörigkeit zur Sonderversorgung der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR tatsächlich erzielt wurden, im Feststellungsbescheid zurücknehmen und zusätzlich gezahltes Verpflegungs- und Bekleidungsgeld als weiteres Arbeitsentgelt für den Zeitraum 1.8.1984 bis 30.6.1990 feststellen muss.

Mit Urteil vom 24.4.2018 hat das Sächsische LSG einen solchen Anspruch der Klägerin verneint und ihre Berufung gegen das Urteil des SG Leipzig vom 22.3.2017 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie macht ein Abweichen des LSG-Urteils von der Rechtsprechung des BSG geltend (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zugrunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 f mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Die Klägerin trägt als Rechtssatz vor, auf dem die Entscheidung des LSG beruhe:

"Dass (richtig: Das) den Angehörigen der Zollverwaltung gewährte Verpflegungsgeld und das Bekleidungsgeld haben allein der Funktionsfähigkeit der Zollverwaltung durch einen gesunden, körperlich und geistig intakten, vollverpflegten Personalkörper und damit ausschließlich der betriebsfunktionalen Zielsetzung der Zollverwaltung gedient und hätten damit keinen Lohncharakter im Sinne eines Entgeltes für verrichtete Dienste gehabt."

Als Rechtsatz des BSG (Urteile vom 26.5.2004 - B 12 KR 5/04 R und vom 1.12.2009 - B 12 R 8/08 R) stellt die Klägerin dem gegenüber,

"dass Vorteile nur dann keinen Arbeitslohncharakter besitzen, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden, wobei diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann. Hierbei ist auf die Begleitumstände wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck abzustellen."

Die Klägerin extrahiert aus der angegriffenen Entscheidung des LSG schon nicht hinreichend konkret und zutreffend einen tragenden abstrakten Rechtssatz. Mit ihrer Formulierung "das den Angehörigen der Zollverwaltung gewährte Verpflegungsgeld und das Bekleidungsgeld haben allein der Funktionsfähigkeit der Zollverwaltung [...] und damit ausschließlich der betriebsfunktionalen Zielsetzung der Zollverwaltung gedient und hätten damit keinen Lohncharakter [...] gehabt" gibt die Klägerin keine eigenen rechtlichen Maßstäbe des LSG aus dem Berufungsurteil wieder. Als vermeintlicher Rechtssatz wird vielmehr das Ergebnis der Prüfung des LSG dargestellt, dass unter Berücksichtigung der einschlägigen DDR-Vorschriften kein Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG vorliegt.

Deshalb zeigt die Klägerin auch keinen Widerspruch "im Grundsätzlichen" auf, wie es eine Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG voraussetzt. Aus der Beschwerdebegründung geht nicht hervor, worin der Widerspruch zwischen den vom LSG angewandten und den von der Klägerin wiedergegebenen rechtlichen Maßstäben des BSG bestehen soll. Soweit die Klägerin vorträgt, die Gewährung des Verpflegungsgeldes könne "auch und gerade unter Beachtung der am 1.8.1991 geltenden steuerlichen Regelungen" nicht "als eine solche notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen" bewertet werden und dies mit weiteren Ausführungen zur fehlenden Kontrolle der tatsächlichen Verwendung und steuerrechtlichen Überlegungen begründet, macht sie allenfalls einen im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde unbeachtlichen Subsumtionsfehler geltend. Auf die vermeintliche Fehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung kann die Nichtzulassungsbeschwerde indes nicht gestützt werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 67 ). Dies gilt auch, soweit die Klägerin Ausführungen zum Bekleidungsgeld macht und mit weiterer Begründung vorträgt, auch diese Zahlung sei "nicht allein aus betriebsfunktionalen Erwägungen heraus" erfolgt.

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Senat am 27.6.2019 entschieden hat, dass es sich bei dem an einen Angehörigen der Zollverwaltung der ehemaligen DDR gezahlten Verpflegungsgeld nach den einschlägigen Vorschriften des DDR-Rechts nicht um Arbeitsentgelt iS von § 6 Abs 1 S 1 AAÜG handelte (B 5 RS 2/18 R - Terminbericht).

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 24.04.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 5 RS 362/17
Vorinstanz: SG Leipzig, vom 22.03.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 13 RS 105/14