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BGH - Entscheidung vom 22.07.2019

III ZR 625/16

Normen:
GKG § 21 Abs. 1 S. 1
GKG § 66 Abs. 1 S. 1
GKG § 66 Abs. 5 S. 3

Fundstellen:
ZInsO 2019, 1786

BGH, Beschluss vom 22.07.2019 - Aktenzeichen III ZR 625/16

DRsp Nr. 2019/11307

Einlegung einer Erinnerung gegen eine Kostenrechnung; Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 Abs. 1 S. 1 GKG

Der auf die Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gerichtete Rechtsbehelf ist nach Zugang der Kostenrechnung als Erinnerung gegen den Kostenansatz anzusehen. Über die Erinnerung, deren wirksame Einlegung eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht erfordert, entscheidet die zuständige Einzelrichterin des Senats.

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 18. Dezember 2018 (Kassenzeichen XXXXXXXXX) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Normenkette:

GKG § 21 Abs. 1 S. 1; GKG § 66 Abs. 1 S. 1; GKG § 66 Abs. 5 S. 3;

Gründe

I.

Die Klägerin hatte von der Insolvenzschuldnerin die Rückzahlung von Geschäftsführungshonorar begehrt. Nach Zurückweisung ihrer Berufung gegen das die Klageforderung zusprechende Urteil des Landgerichts hatte die Schuldnerin - vertreten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt - Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Das Beschwerdeverfahren war nachfolgend durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin unterbrochen worden. Die streitgegenständliche titulierte Forderung war von der Klägerin zur Insolvenztabelle angemeldet, aber vom Insolvenzverwalter in voller Höhe bestritten worden.

Da der Verwalter das Verfahren nicht aufnahm, erklärte die Klägerin ihrerseits dessen Aufnahme unter Berufung auf den Senatsbeschluss vom 31. Oktober 2012 ( III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 ). Der Aufnahmeschriftsatz wurde nur dem Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin zugestellt.

Mit Beschluss vom 29. November 2018 wies der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurück und legte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO dem beklagten Insolvenzverwalter die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Der Beschluss wurde ihm am 10. Dezember 2018 zugestellt.

Mit Kostenrechnung vom 18. Dezember 2018 wurde für das Beschwerdeverfahren gemäß KV-Nr. 1242 zum GKG eine 2,0-fache Gebühr in Höhe von insgesamt 1.092 € erhoben.

Gegen diese Kostenrechnung hat der Verwalter - nach Übermittlung des Aufnahmeschriftsatzes der Klägerin an ihn - Erinnerung eingelegt. Er macht geltend, dass ihm durch die unterbliebene Zustellung des Aufnahmeschriftsatzes vor Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde die Möglichkeit genommen worden sei, durch eine Rechtsmittelrücknahme Gerichtskosten - zumindest in Höhe einer 1,0-fachen Gebühr - von der Insolvenzmasse abzuwenden, und bittet um Niederschlagung der Kosten. Der Kostenbeamte hat der Erinnerung nicht abgeholfen.

II.

1. Die Erinnerung ist zulässig. Der auf die Nichterhebung von Gerichtskosten wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG gerichtete Rechtsbehelf ist nach Zugang der Kostenrechnung als Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 3 GKG anzusehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. März 1997 - II ZR 314/95, BeckRS 9998, 15474 und vom 15. August 2002 - I ZA 1/01, BeckRS 2002, 7447; OLG Hamburg, Beschluss vom 19. September 2012, BeckRS 2013, 744; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 21 Rn. 54). Über die Erinnerung, deren wirksame Einlegung nach § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG , § 78 Abs. 3 ZPO eine Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt nicht erfordert (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2012 - IX ZR 211/11, NJW-RR 2012, 1465 , 1466), entscheidet nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG die zuständige Einzelrichterin des Senats.

2. Die Erinnerung ist jedoch unbegründet. Denn von der Erhebung der zutreffend berechneten Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren ist nicht gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen.

a) Zwar liegt eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne dieser Vorschrift vor, da die nach § 250 ZPO erforderliche Zustellung des Aufnahmeschriftsatzes an den Insolvenzverwalter vor Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde unterblieben ist. Die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin ändert daran nichts. Denn dessen Prozessvollmacht war bereits zuvor durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 117 Abs. 1 InsO erloschen und auch nicht nach zivilprozessualen Vorschriften als fortbestehend anzusehen, weshalb er kein Zustellungsbevollmächtigter des Verwalters war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Oktober 1988 - X ZB 16/88, NJW-RR 1989, 183 ). Dass dieser Zustellungsmangel nach § 189 ZPO durch Weiterleitung des Aufnahmeschriftsatzes an den Verwalter geheilt wurde, ist - da sich der Schriftsatz nicht mehr in den Akten des Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin befindet - zwar zu vermuten, steht aber nicht fest. Das danach wohl nicht wirksam aufgenommene, sondern weiterhin unterbrochene Verfahren ist schließlich durch den nicht anfechtbaren Senatsbeschluss vom 29. November 2018 rechtskräftig beendet worden (vgl. BGH, Beschluss vom 31. März 2004 - XII ZR 167/00, NZI 2004, 341 ), der die der angefochtenen Kostenrechnung zugrundeliegende Kostenentscheidung enthält.

b) Jedoch besteht objektiv kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der unterbliebenen Zustellung des Aufnahmeschriftsatzes und den in Ansatz gebrachten Kosten. Denn auch bei einer Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde wäre gemäß KV-Nr. 1243 zum GKG eine 1,0-fache Gebühr entstanden. Deren Erhöhung durch die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde nach KV-Nr. 1242 zum GKG auf eine 2,0-fache Gebühr ist ebenfalls nicht - was erforderlich wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 16. August 1984, VersR 1984, 1154 ; Hartmann, aaO Rn. 42) - unmittelbare Folge des in Rede stehenden Zustellungsmangels. Sie beruht vielmehr darauf, dass der Erinnerungsführer die Beschwerde nicht zurückgenommen hat, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich gewesen wäre.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Erinnerungsführer aufgrund der Anmeldung zur Insolvenztabelle von der in beiden Vorinstanzen titulierten Forderung der Klägerin wusste, die er - nach der von ihm vorzunehmenden Prüfung durch Sichtung der Geschäftsunterlagen der Schuldnerin und gegebenenfalls Befragung von deren Geschäftsführerin - in voller Höhe bestritten hatte. Ihm war aufgrund der Anmeldung und der Geschäftsunterlagen der Schuldnerin auch bekannt oder jedenfalls erkennbar, dass über die Forderung noch nicht rechtskräftig entschieden worden und insoweit eine Nichtzulassungsbeschwerde der Schuldnerin anhängig war, wobei es nach § 179 Abs. 2 InsO ihm als Insolvenzverwalter oblegen hätte, seinen Widerspruch gegen die titulierte Forderung durch Aufnahme des Beschwerdeverfahrens zu verfolgen. Gleichwohl blieb der Erinnerungsführer untätig, indem er weder das Beschwerdeverfahren aufnahm noch die Nichtzulassungsbeschwerde während des mehr als einjährigen Zeitraums zwischen der Anmeldung der Klageforderung zur Insolvenztabelle und der Senatsentscheidung vom 29. November 2018 zurücknahm. Letzteres wäre ihm nach § 249 Abs. 2 ZPO sogar während der Verfahrensunterbrechung möglich gewesen, da die Rechtsmittelrücknahme nach §§ 565 , 516 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegenüber dem Gericht und nicht gegenüber dem Gegner zu erklären ist (vgl. Zöller, ZPO , 32. Aufl., § 249 Rn. 5).

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 17.06.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 16 O 284/14
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 06.10.2016 - Vorinstanzaktenzeichen I-6 U 113/15
Fundstellen
ZInsO 2019, 1786