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BGH - Entscheidung vom 27.02.2019

XII ZB 496/18

Normen:
FamFG § 158 Abs. 4 S. 3
FamFG § 158 Abs. 7 S. 3
BGB § 1835 Abs. 1 S. 3
VBVG § 2

BGH, Beschluss vom 27.02.2019 - Aktenzeichen XII ZB 496/18

DRsp Nr. 2019/6499

Beginn der 15-monatigen Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Vergütung des Verfahrensbeistands in einer Kindschaftssache durch Aufnahme der Tätigkeit

Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 €. Die Ausschlussfrist beginnt bereits zu laufen, sobald der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit aufnimmt, da zu diesem Zeitpunkt sein Vergütungsanspruch entsteht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats - 2. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Naumburg vom 29. August 2018 wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Wert: 550 €

Normenkette:

FamFG § 158 Abs. 4 S. 3; FamFG § 158 Abs. 7 S. 3; BGB § 1835 Abs. 1 S. 3; VBVG § 2 ;

Gründe

I.

In dem vorliegenden Umgangsverfahren ist die Beteiligte zu 1 durch Beschluss des Familiengerichts vom 9. November 2016 zum berufsmäßigen Verfahrensbeistand für das betroffene Kind mit dem erweiterten Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellt worden.

Am 15. Mai 2018 hat die Beteiligte zu 1 die Festsetzung einer Pauschalvergütung nach § 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG beantragt. Das Familiengericht hat den Antrag verworfen, das Oberlandesgericht die zugelassene Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Anspruch auf Pauschalvergütung erlösche gemäß §§ 158 Abs. 7 Satz 1, 277 Abs. 1 Satz 1 FamFG , § 1835 Abs. 1 BGB , wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung bei Gericht geltend gemacht werde. Entstanden sei der Anspruch mit der Aufnahme der Tätigkeit, so dass die Ausschlussfrist spätestens mit dem Verhandlungstermin am 21. November 2016 zu laufen begonnen habe und vor der Antragstellung am 15. Mai 2018 abgelaufen sei.

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Wird die Verfahrensbeistandschaft berufsmäßig geführt, erhält der Verfahrensbeistand für die Wahrnehmung seiner Aufgaben in jedem Rechtszug jeweils eine einmalige Vergütung in Höhe von 350 € (§ 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG ). Im Fall der Übertragung erweiterter Aufgaben nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erhöht sich die Vergütung auf 550 € (§ 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG ).

b) Wie der Senat bereits entschieden hat, findet auf diesen Vergütungsanspruch die Ausschlussfrist von 15 Monaten nach § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB entsprechende Anwendung (Senatsbeschluss vom 5. Oktober 2016 - XII ZB 464/15 - FamRZ 2017, 231 Rn. 16 ff.). Der Vergütungsanspruch erlischt daher, wenn er nicht binnen 15 Monaten nach seiner Entstehung geltend gemacht wird.

Ob für den Fristbeginn der Ausschlussfrist auf das Entstehen des Vergütungsanspruchs mit Aufnahme der Tätigkeit oder auf deren Ende abzustellen ist, hat der Senat bisher offengelassen. Die Frage wird in der Instanzrechtsprechung und in der Literatur uneinheitlich beurteilt.

aa) Nach einer Auffassung beginnt die Ausschlussfrist bereits zu laufen, sobald der Verfahrensbeistand seine Tätigkeit aufnimmt, da zu diesem Zeitpunkt sein Vergütungsanspruch entstehe (Prütting/Helms/Hammer FamFG 4. Aufl. § 158 Rn. 63; Zorn FamRZ 2017, 234 ; vgl. auch Adamus jurisPR-FamR 6/2017 Anm. 4).

bb) Nach anderer Auffassung ist auf das Ende der Tätigkeit des Verfahrensbeistands abzustellen. Zwar entstehe der Vergütungsanspruch mit Aufnahme der vergütungspflichtigen Tätigkeit. Für dieses Verständnis der "Entstehung" des Anspruchs sei allerdings dort kein Raum, wo das Gesetz die Vergütung nicht mehr an eine bestimmte Tätigkeit oder überhaupt an ein Tätigwerden anknüpfe, sondern - wie bei der Betreuung - eine vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste und nur noch formal an die fortbestehende Dauer anknüpfende Vergütung zubillige. In solchen Fällen sei auf die Beendigung der Tätigkeit abzustellen. Da auch der berufsmäßige Verfahrensbeistand eine pauschalierte, vom konkreten Arbeitseinsatz losgelöste Vergütung erhalte, beginne die Ausschlussfrist für ihn erst mit Beendigung der Verfahrensbeistandschaft zu laufen (OLG Zweibrücken MDR 2015, 772 , 773; OLG Hamm Beschluss vom 6. November 2015 - 6 WF 106/15 - juris Rn. 11; Felix Rpfleger 2016, 189 , 198). Andernfalls könne sogar in Einzelfällen, in denen die Führung der Verfahrensbeistandschaft sehr lange dauere, die Vergütung ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr geltend gemacht werden, obwohl die Tätigkeit des Verfahrensbeistands noch andauere (Schneider FamRB 2015, 253).

cc) Die erstgenannte Auffassung, der sich auch das Oberlandesgericht in der angefochtenen Entscheidung angeschlossen hat, ist zutreffend.

Zwar hat der Senat für die Betreuervergütung entschieden, dass die Ausschlussfrist des § 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. § 2 VBVG frühestens mit dem Ablauf des einzelnen Betreuungsmonats beginnt. Dieses ist darauf gestützt worden, dass für ein Verständnis, der Anspruch entstehe fortlaufend tageweise, dort kein Raum ist, wo das Gesetz die Vergütung des Berufsbetreuers nicht mehr an eine bestimmte Tätigkeit oder überhaupt an ein Tätigwerden anknüpft, sondern dem Betreuer eine von seinem konkreten Arbeitseinsatz losgelöste und nur noch formal an die fortbestehende Dauer der Betreuung anknüpfende Vergütung zubilligt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Betreuer in dem zu vergütenden Betreuungsmonat auch tatsächlich für den Betreuten überhaupt oder in dem vom Gesetz pauschalierend unterstellten Umfang tätig geworden ist. In dieser Konstellation ist es konsequent, dass der Vergütungsanspruch grundsätzlich erst mit dem Ablauf des einzelnen Betreuungsmonats zur Entstehung gelangt und deshalb auch die Ausschlussfrist jedenfalls nicht vor diesem Zeitpunkt in Lauf gesetzt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Mai 2008 - XII ZB 53/08 - FamRZ 2008, 1611 Rn. 29 f.).

Im Unterschied dazu steht die Vergütung des Verfahrensbeistands in einer Kindschaftssache unter anderen gesetzlichen Voraussetzungen. Der Anspruch entsteht nicht wie bei der Betreuung in periodischen Abständen, losgelöst von der Entfaltung einer dem Amt entsprechenden Tätigkeit, und kann jeweils erst nach drei Monaten geltend gemacht werden (§ 9 VBVG ), sondern er entsteht einmalig und in Abhängigkeit von der konkret entfalteten Tätigkeit.

Der gesamte Vergütungsanspruch entsteht in dem Moment, in dem der Verfahrensbeistand mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben begonnen hat. Zwar ist allein die Entgegennahme des Bestellungsbeschlusses nicht ausreichend. Es genügt jedoch für das Entstehen der Vergütungspauschale, dass der Verfahrensbeistand in irgendeiner Weise im Kindesinteresse tätig geworden ist (Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - XII ZB 682/12 - FamRZ 2014, 373 Rn. 17 mwN). Anknüpfungspunkt für die Vergütung des Verfahrensbeistands ist demnach gerade nicht, wie bei der Betreuung, die fortbestehende Dauer seiner Bestellung, aber auch nicht die Beendigung seiner Tätigkeit mit Abschluss des jeweiligen Rechtszuges (Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 268/10 - FamRZ 2010, 1896 Rn. 30).

Entsteht jedoch der Anspruch bereits vollständig mit der ersten Tätigkeit des Verfahrensbeistands gemäß seiner Bestellung, kann nur dieser Anknüpfungspunkt den Lauf der Ausschlussfrist auslösen (ähnlich bereits Zorn FamRZ 2017, 234 ; Bork/Jakoby/Schwab/Zorn FamFG 3. Aufl. § 158 Rn. 45; Keuter ZKJ 2017, 69 und FamRZ 2018, 14 ).

dd) Nach diesem Grundsatz war der Vergütungsanspruch der Beteiligten zu 1 im Zeitpunkt seiner Geltendmachung bereits erloschen. Etwas anderes ergibt sich im vorliegenden Fall auch unter Vertrauensschutzgesichtspunkten nicht daraus, dass Verfahrensbeistände - anders als es im örtlichen Gerichtsbezirk gegenüber Sachverständigen und Betreuern üblich ist - nicht durch Merkblätter auf die Ausschlussfrist hingewiesen werden.

c) Vom Verstreichen der Ausschlussfrist erfasst wird auch die Mehrvergütung, die auf dem gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG erweiterten Aufgabenkreis beruht. Denn um die erhöhte Vergütung beanspruchen zu können, muss der Verfahrensbeistand die ihm nach § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG zusätzlich übertragenen Tätigkeiten nicht bereits aufgenommen haben, vielmehr entsteht die Vergütungserhöhung bereits bei der Übertragung der Aufgaben (Senatsbeschluss vom 27. November 2013 - XII ZB 682/12 - FamRZ 2014, 373 Rn. 20 ff.), so dass es hinsichtlich des Laufs der Ausschlussfrist bei der einheitlichen Anknüpfung an die erste Aufnahme einer bestellungsgemäßen Tätigkeit verbleibt. Daher liegt der Zeitpunkt der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs auch insoweit außerhalb der Ausschlussfrist.

Vorinstanz: AG Bernburg, vom 01.06.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 4 F 555/16 4 F 554/16
Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 29.08.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 8 WF 168/18