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BGH - Entscheidung vom 24.07.2019

3 StR 160/19

Normen:
StGB a.F. § 75 Abs. 1 Nr. 1
StGB § 261 Abs. 7 S. 1

BGH, Beschluss vom 24.07.2019 - Aktenzeichen 3 StR 160/19

DRsp Nr. 2019/13919

Auslegungsfähigkeit des Ausspruchs über die Wertersatzeinziehung i.R.d. Verurteilung wegen leichtfertiger Geldwäsche

Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung ist bei einem nicht eindeutigen Wortlaut auslegungsbedürftig. Die im Urteilstenor gewählte Formulierung, dass die Einziehung eines bezifferten Wertersatzbetrages angeordnet wird, lässt offen, wer der von der Maßnahme Betroffene ist.

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. November 2018 wird verworfen; jedoch wird der Ausspruch über die Einziehung dahin klargestellt, dass die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 448.005,44 € gegen die E. mit Sitz in Großbritannien (Company-No.: XXX) angeordnet ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Normenkette:

StGB a.F. § 75 Abs. 1 Nr. 1 ; StGB § 261 Abs. 7 S. 1;

Gründe

1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen leichtfertiger Geldwäsche zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 20 € verurteilt, ihm Zahlungserleichterungen bewilligt und bestimmt, dass von dieser Geldstrafe wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung 30 Tagessätze als vollstreckt gelten. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO . Der Schuldspruch, der Strafausspruch und die Kompensationsentscheidung weisen aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen dem Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler auf.

2. Soweit das Landgericht außerdem auf die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 448.005,44 € erkannt hat, ist der Urteilstenor - wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich - dahin klarzustellen, dass sich diese Anordnung gemäß § 261 Abs. 7 Satz 1 i.V.m. § 74 Abs. 2 Nr. 1 , Abs. 4 , § 74c Abs. 1 StGB aF (s. Art. 316h Satz 1 EGStGB ) allein gegen die in Großbritannien ansässige E. richtet, für die der Angeklagte - nach den Urteilsfeststellungen - im Sinne des § 75 Satz 1 Nr. 1 StGB aF handelte.

a) Dass diese Klarstellung der Urteilsformel geboten ist, ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

aa) Der Ausspruch über die Wertersatzeinziehung ist ebenso auslegungsfähig wie -bedürftig. Schon sein Wortlaut ist nicht völlig eindeutig. Die im Urteilstenor gewählte Formulierung "Es wird die Einziehung von Wertersatz i.H.v. 448.005,44 EUR angeordnet" lässt offen, wer der von der Maßnahme Betroffene ist. Zwar deuten der Kontext dieses Ausspruchs sowie die Struktur der Urteilsformel darauf hin, dass sich die Einziehung als weitere Rechtsfolge der abgeurteilten Tat - wie die verhängte Geldstrafe - gegen den Angeklagten richten könnte. Namentlich die Urteilsgründe und die angewendeten Strafvorschriften im Sinne des § 260 Abs. 5 Satz 1 StPO sprechen indes entscheidend gegen ein solches Verständnis (zur Auslegungsfähig- und -bedürftigkeit eines Strafurteils wegen Zweifeln infolge von Widersprüchen zwischen dem Urteilstenor und den -gründen s. etwa KK-Appl, StPO , 8. Aufl., § 458 Rn. 5a; LR/Graalmann-Scheerer, StPO , 26. Aufl., § 458 Rn. 2 mwN).

bb) Die Urteilsgründe sowie die angegebenen angewendeten Strafvorschriften (§ 260 Abs. 5 Satz 1 StPO ) lassen nur die Auslegung zu, dass die Einziehung von Wertersatz gegen die E. angeordnet ist.

In den Urteilsgründen ist zum einen wiederholt herausgestellt, die vereinnahmten Gelder unterlägen der "Wertersatzeinziehung gegenüber der E. " (UA S. 19 f.), somit habe die Maßnahme "gegen" diese rechtsfähige Gesellschaft zu "erfolgen" (UA S. 20). Dabei wird jeweils auf die Vorschrift des § 75 Abs. 1 Nr. 1 StGB aF verwiesen, die es gestattet, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen auf die Einziehung gegen die vom Täter vertretene juristische Person zu erkennen. In diesem Zusammenhang hat das Landgericht Bezug genommen auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 28. März 2017 in der Sache 4 StR 350/16, mit dem er für eine vergleichbare Fallkonstellation entschieden hat, dass eine Einziehungsanordnung gegen den dort angeklagten Täter ausscheide, eine solche allenfalls gegen die begünstigte Gesellschaft ergehen könne (juris Rn. 3). Zum anderen ist in den Urteilsgründen dargelegt, dass mangels Nachweises tatsächlicher Zahlungen von Geldwäschelohn die Einziehung "beim Angeklagten persönlich" ausgeschlossen sei (s. UA S. 22).

Überdies findet sich unter den im Anschluss an die Urteilsformel aufgeführten angewendeten Strafvorschriften die Regelung des § 75 Satz 1 Nr. 1 StGB aF.

cc) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts steht der hier vorgenommenen Auslegung nicht entgegen, dass die E. nicht als Einziehungsbeteiligte zum Verfahren zugezogen worden ist (§ 424 Abs. 1 StPO ). Daraus lässt sich in Anbetracht der vorbenannten Umstände nicht auf den Willen der Strafkammer schließen, keine Einziehungsentscheidung gegen diese Aktiengesellschaft nach britischem Recht zu treffen. So könnte das Landgericht - mit Blick auf § 431 Abs. 1 Satz 2 StPO aF bzw. § 425 Abs. 1 StPO nF - angenommen haben, unter den gegebenen Umständen sei die Verfahrensbeteiligung der E. tatsächlich nicht ausführbar. Im Übrigen steht der Einziehungsbetroffenen das Nachverfahren offen (s. §§ 433 , 434 StPO nF).

b) Der Senat ist nicht gehindert, die Revision des Angeklagten insgesamt im Beschlusswege zu verwerfen, obwohl der Generalbundesanwalt hinsichtlich des Ausspruchs über die Wertersatzeinziehung keinen Verwerfungsantrag nach § 349 Abs. 2 StPO gestellt, vielmehr beantragt hat, das angefochtene Urteil insoweit gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und die Sache an das Landgericht zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Die Revision des Angeklagten erfasst nicht die Anordnung der Wertersatzeinziehung, die sich nicht gegen ihn, sondern gegen eine andere - juristische - Person richtet. Dementsprechend geht die Revisionsbegründung nicht auf diese Maßnahme ein. Hätte sich der Angeklagte ausdrücklich gegen die Einziehungsentscheidung gewandt, wäre das Rechtsmittel insoweit - jedenfalls infolge der entsprechenden Klarstellung des Urteilstenors - unzulässig. Denn diesbezüglich fehlt es an einer Beschwer des Angeklagten, weil er durch diese Anordnung nicht unmittelbar beeinträchtigt ist (vgl. hierzu LR/Jesse, StPO , 26. Aufl., Vor § 296 Rn. 51 mwN; LR/Franke aaO, § 333 Rn. 21).

Die vom Generalbundesanwalt beantragte Teilaufhebung und -zurückverweisung, um eine von der Strafkammer ersichtlich nicht gewollte Wertersatzeinziehung gegen den Angeklagten nachzuholen, kommt daher schon aus prozessualen Gründen nicht in Betracht.

Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 28.11.2018