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BSG - Entscheidung vom 27.09.2017

B 6 KA 35/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2

BSG, Beschluss vom 27.09.2017 - Aktenzeichen B 6 KA 35/17 B

DRsp Nr. 2017/15342

Richtgrößenregress Divergenzrüge Einander widersprechende abstrakte Rechtssätze Formgerechte Darlegung einer Divergenz

1. Für die Zulassung einer Revision wegen Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze aus dem LSG-Urteil und aus einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht. 2. Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden; es reicht nicht aus, aus dem Berufungsurteil bestimmte Folgerungen zu ziehen, die mit Aussagen des BSG unvereinbar sein sollen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 30. November 2016 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 19 404 Euro festgesetzt.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 2 ;

Gründe:

I

Umstritten ist ein Richtgrößenregress aus dem Jahr 2001.

Der als Arzt für Allgemeinmedizin in H. an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Kläger überschritt mit Verordnungskosten in Höhe von 965 305 DM die fachgruppenbezogene Richtgröße um 73,5 %. Den daraufhin ursprünglich vom Prüfungsausschuss festgesetzten Regress in Höhe von 58 863 DM reduzierte der beklagte Beschwerdeausschuss auf den Widerspruch des Klägers auf 19 404 Euro. Das SG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG den Bescheid des Beklagten vom 13.2.2008 aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verpflichtet. Es hat die grundsätzlichen Bedenken des Klägers gegen die Rechtmäßigkeit der Richtgrößenvereinbarung und die Festsetzung von Regressen nicht geteilt, ist aber der Auffassung, der Beklagte habe sich zumindest teilweise auf fehlerhaft erfasste Verordnungskosten gestützt. Die vom Kläger geltend gemachten Praxisbesonderheiten seien jedoch vom Beklagten zutreffend berücksichtigt worden.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht der Kläger geltend, das Berufungsurteil beruhe auf einer Abweichung von der Rechtsprechung des BSG (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

II

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie genügt nicht den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG und ist deshalb unzulässig.

1. Für die Zulassung einer Revision wegen Rechtsprechungsabweichung ist Voraussetzung, dass entscheidungserhebliche abstrakte Rechtssätze aus dem LSG-Urteil und aus einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG miteinander unvereinbar sind und das Berufungsurteil auf dieser Divergenz beruht (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 28 RdNr 4). Das muss in der Beschwerdebegründung aufgezeigt werden; es reicht nicht aus, aus dem Berufungsurteil bestimmte Folgerungen zu ziehen, die mit Aussagen des BSG unvereinbar sein sollen. Dem wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger entnimmt dem Berufungsurteil den Rechtssatz, für einen substantiierten Sachvortrag zu Praxisbesonderheiten reiche der Hinweis des Arztes nicht aus, er versorge zahlreiche ältere Patienten und Bewohner von Pflegeheimen. Ob das zutrifft, kann offenbleiben, weil jedenfalls nicht erkennbar ist, mit welcher Entscheidung oder welchem Entscheidungsbegründungssatz der Senat eine davon abweichende Rechtsauffassung vertreten haben könnte. Die von der Beschwerdebegründung zitierten Urteile und Beschlüsse des Senats befassen sich mit den Grundsätzen der Amtsermittlungspflicht der Prüfgremien im Zusammenhang (auch) mit Praxisbesonderheiten. Auf diese Grundsätze, die auch Aussagen zu den Darlegungsobliegenheiten des betroffenen Arztes zu seiner Praxisstruktur enthalten, hat das LSG auf Blatt 9 seines Urteils ausdrücklich Bezug genommen. Inwieweit es sich gleichwohl von diesen Grundsätzen gelöst und abweichende Vorgaben entwickelt haben könnte, wird in der Beschwerdebegründung nicht näher dargelegt. Ob die einzelfallbezogene Beurteilung des Berufungsgerichts, abgesehen von den Hinweisen auf Patienten mit Depression, Parkinsons und Epilepsie, deren Versorgung vom Beklagten als Besonderheit anerkannt worden ist, seien die Darlegungen des Klägers zu seinen Praxisbesonderheiten im Verwaltungsverfahren nicht substantiiert genug, zutrifft, ist unter dem hier allein maßgeblichen Gesichtspunkt der Divergenz ohne Bedeutung.

2. Soweit den Ausführungen auf S 5 der Beschwerdebegründung ein Hinweis darauf entnommen werden könnte, dass der Kläger auch eine Grundsatzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) erheben will, wäre diese unzulässig. Allein mit dem Satz, es bedürfe der Klärung, welche Anforderungen an den Sachvortrag zur Substantiierung von Praxisbesonderheiten zu stellen sind, wird den Begründungsanforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht genügt. Angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des Senats dazu hätte der (noch) bestehende Klärungsbedarf näher bezeichnet werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO . Als erfolgloser Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung folgt der Senat der Festsetzung des LSG, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 52 Abs 3 , § 47 Abs 1 und 3 GKG ).

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 30.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 3 KA 53/13
Vorinstanz: SG Hannover, vom 06.03.2013 - Vorinstanzaktenzeichen S 72 KA 45/08