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BGH - Entscheidung vom 02.03.2017

V ZR 172/16

Normen:
ZPO § 97 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 02.03.2017 - Aktenzeichen V ZR 172/16

DRsp Nr. 2017/4352

Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde; Rechtsschutzbedürfnis für eine auf verjährte Grundschuldzinsen beschränkte Vollstreckungsgegenklage; Erhebung der Klage zur Unzeit

Einer Vollstreckungsgegenklage, die auf verjährte Grundschuldzinsen beschränkt ist, deretwegen die Zwangsvollstreckung nicht betrieben wird, kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn ausschließlich prozessfremde Ziele verfolgt werden. Ist die Vollstreckungsgegenklage erst kurz vor dem im Versteigerungsverfahren anberaumten Termin, in dem die Entscheidung über einen Zuschlag verkündet werden sollte, erhoben worden, so rechtfertigt dies den Schluss, dass die Klage zur Unzeit erhoben wurde.

Tenor

Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt.

Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. September 2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 350.000 €.

Normenkette:

ZPO § 97 Abs. 1 ;

Gründe

1. Bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde warf die Rechtssache die in der Rechtsprechung der Instanzgerichte umstrittene Rechtsfrage auf, ob und unter welchen Voraussetzungen einer Vollstreckungsgegenklage, die auf verjährte Grundschuldzinsen beschränkt ist, deretwegen die Zwangsvollstreckung nicht betrieben wird, das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Dieser Zulassungsgrund ist indessen zwischenzeitlich entfallen, weil die Frage durch Urteil des Senats vom 21. Oktober 2016 ( V ZR 230/15, WM 2016, 2381 ff.) entschieden worden ist. Die Revision des Klägers wäre dennoch zuzulassen, wenn sie nach der Klärung der Rechtsfrage durch den Senat Aussicht auf Erfolg hätte; sonst ist sie zurückzuweisen (BVerfGK 18, 105, 112).

2. Dieser zweite Fall liegt hier vor.

a) Der Senat hat die Frage nicht in dem von dem Kläger für richtig gehaltenen, sondern im entgegengesetzten Sinne entschieden. Danach kann das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn der Schuldner während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage erhebt, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient (Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15, WM 2016, 2381 Rn. 23).

b) Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Beklagte vollstreckt nicht wegen der verjährten Zinsen. Darüber hinaus sind Indizien festgestellt, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass der Kläger ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt. Die Vollstreckungsgegenklage ist danach erst kurz vor dem im Versteigerungsverfahren anberaumten Termin, in dem die Entscheidung über einen Zuschlag verkündet werden sollte, erhoben worden. Dies rechtfertigt den Schluss, dass die Klage zur Unzeit erhoben wurde (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15, WM 2016, 2381 Rn. 27). Der Hinweis der Nichtzulassungsbeschwerde auf den Vortrag des Klägers, er habe seinen Prozessbevollmächtigen erst kurz zuvor das Mandat erteilt, führt zu keiner anderen Bewertung. Daraus ergibt sich nicht die Notwendigkeit, kurzfristig eine Vollstreckungsgegenklage zu erheben, da das Versteigerungsverfahren nicht wegen der verjährten Zinsen betrieben wurde. Darüber hinaus legt das Berufungsgericht seiner Würdigung zugrunde, dass die Beklagte ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet hat. Dass der Verzicht erst nach Klageerhebung erfolgte, ist schon deshalb unerheblich, weil der Kläger ihn nicht zum Anlass genommen hat, eine Erledigungserklärung abzugeben (vgl. Senat, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15, WM 2016, 2381 Rn. 28 f.).

c) Die angefochtene Entscheidung ist auch im Übrigen frei von Rechtsfehlern. Sie wirft auch keine sonstigen Fragen auf, die eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO . Der Gegenstandswert entspricht dem Nennbetrag der vor dem 1. Januar 2007 entstandenen Zinsforderungen aus den Grundschuldurkunden.

Vorinstanz: LG Arnsberg, vom 06.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 238/14
Vorinstanz: OLG Hamm, vom 22.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen I-5 U 46/15