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BGH - Entscheidung vom 07.03.2017

VIII ZR 262/16

Normen:
ZPO § 8
ZPO § 9
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt.
ZPO § 712
EGZPO § 26 Nr. 8

BGH, Beschluss vom 07.03.2017 - Aktenzeichen VIII ZR 262/16

DRsp Nr. 2017/4578

Einstellung der Zwangsvollstreckung bzgl. Räumung und Herausgabe der Wohnung

Das Revisionsgericht kann die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. Dies ist der Fall, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer unterhalb der vorgegebene Wertgrenze von 20.000 Euro liegt.

Tenor

Der Antrag des Beklagten vom 6. März 2017, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts München I - 14. Zivilkammer - vom 28. September 2016 gemäß § 719 Abs. 2 ZPO einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.

Normenkette:

ZPO § 8 ; ZPO § 9 ; ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt.; ZPO § 712 ; EGZPO § 26 Nr. 8 ;

Gründe

I.

Der Beklagte ist vom Berufungsgericht mit für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil vom 28. September 2016 zur Räumung und Herausgabe der von ihm genutzten Wohnung des Klägers in München verurteilt worden. Der zuständige Gerichtsvollzieher hat angekündigt, am Donnerstag, dem 9. März 2017 eine Zwangsräumung durchzuführen. Der Beklagte, der gegen das Berufungsurteil Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat, beantragt die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

II.

Der Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ist unbegründet. Nach § 719 Abs. 2 ZPO , der gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO in dem hier gegebenen Fall der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwendung findet, kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (st. Rspr.; zuletzt Senatsbeschlüsse vom 15. August 2012 - VIII ZR 238/12, WuM 2012, 571 Rn. 6 mwN; vom 22. Oktober 2013 - VIII ZR 214/13, [...] Rn. 1 mwN; vom 16. September 2014 - VIII ZR 221/14, WuM 2014, 681 Rn. 1 mwN; vom 16. September 2015 - VIII ZR 135/15, WuM 2015, 681 Rn. 1 mwN; vom 23. März 2016 - VIII ZR 26/16, WuM 2016, 305 Rn. 5). So liegen die Dinge hier.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bereits unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer sich - entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde - lediglich auf 16.105,74 € beläuft und damit die in § 26 Nr. 8 EGZPO vorgegebene Wertgrenze von mehr als 20.000 € nicht erreicht. Zwar trifft die Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde zu, dass der Wert der geltend gemachten Beschwer im Streitfall mit dem dreieinhalbfachen Jahresbetrag der Nettomiete (§§ 8 , 9 ZPO ) zu bemessen ist, weil das Bestehen eines Mietverhältnisses im Streit steht, dessen Dauer unbestimmt ist (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 16. September 2015 VIII ZR 135/15, aaO Rn. 3 mwN; vom 23. März 2016 - VIII ZR 26/16, aaO Rn. 7). Bei dieser Berechnung ist auch, worin der Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls beizupflichten ist, nicht lediglich der vom Beklagten zeitweise gezahlte Betrag von 250 € monatlich als Bemessungsfaktor anzusetzen, sondern die im Mietvertrag vom 22. Juni 1996 vereinbarte höhere Nettomiete. Jedoch beträgt diese, anders als die Nichtzulassungsbeschwerde infolge eines Versehens meint, nicht 750 €, sondern ausweislich der in den Tatsacheninstanzen vorgelegten und von der Nichtzulassungsbeschwerde auch in Bezug genommenen Vertragsurkunde nur 750 DM monatlich, was einer Monatsmiete von 383,47 € entspricht. Da die dem Beklagten durch die vom Landgericht ausgesprochene Verpflichtung zur Räumung und Herausgabe der Wohnung entstehende Beschwer sich damit nur auf den zweiundvierzigfachen Betrag der vereinbarten Nettomonatsmiete und damit auf lediglich 16.105,74 € beläuft, ist die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten bereits unzulässig.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre darüber hinaus auch unbegründet, weil der geltend gemachte Revisionszulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO ) nicht gegeben ist und das Berufungsurteil im Übrigen keinen Rechtsfehler erkennen lässt.

3. Auf die im Einstellungsantrag weiter erörterte Frage, ob die unterlassene Stellung eines Vollstreckungsschutzantrags nach § 712 ZPO im Berufungsverfahren eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung ausnahmsweise nicht gehindert hätte, kommt es damit aus Rechtsgründen nicht an.

Vorinstanz: AG München, vom 15.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 453 C 26721/15
Vorinstanz: LG München I, vom 28.09.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 14 S 7301/16