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BGH - Entscheidung vom 17.01.2017

II ZR 223/15

Normen:
EGZPO § 26 Nr. 8

BGH, Beschluss vom 17.01.2017 - Aktenzeichen II ZR 223/15

DRsp Nr. 2017/3078

Bemessung des Interesses des Rechtsmittelklägers an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung bei einem rechtsmittelführenden Beklagten nach dessen materieller Beschwer

Das Interesse des Rechtsmittelklägers an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung bemisst sich bei einem rechtsmittelführenden Beklagten nach dessen materieller Beschwer und damit nach der Frage, inwieweit die Entscheidung seine Rechtsposition beeinträchtigt oder seinen Pflichtenkreis erweitert. Für das Rechtsmittel des im Rahmen einer Stufenklage zur Auskunft Verurteilten ist anerkannt, dass dessen Interesse, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinausgeht und deshalb bei der Festsetzung des Beschwerdewerts außer Betracht zu bleiben hat.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 17. Juli 2015 wird auf ihre Kosten verworfen.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Normenkette:

EGZPO § 26 Nr. 8 ;

Gründe

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO erforderliche Mindestbeschwer nicht erreicht wird. Die Beklagten haben nicht glaubhaft gemacht, dass der Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren über 15.000 € liegt und den Wert von 20.000 € übersteigt.

a) Das Berufungsgericht hat in der Ladungsverfügung zum Termin zur mündlichen Verhandlung am 12. Mai 2015 den Streitwert vorläufig mit 15.000 € angegeben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12. Mai 2015 hat das Berufungsgericht sodann den Streitwert auf diesen Betrag festgesetzt. Hiergegen haben die Beklagten im Berufungsverfahren nichts eingewandt. Die vom Berufungsgericht ausgeurteilte Feststellung beschwert die Beklagten nicht mehr als die vom Kläger im Berufungsverfahren verteidigte erstinstanzliche Verurteilung der Beklagten zur Auftragserteilung, auf die sich der Streitwertbeschluss des Berufungsgerichts bezieht. Nunmehr machen die Beklagten geltend, dass die Höhe des geltend gemachten Zahlungsanspruchs des Klägers von mindestens 1.272.061,12 € für die Streitwertbemessung und ihre Beschwer maßgeblich sei.

Hat das Berufungsgericht den Streitwert für das Berufungsverfahren auf der Grundlage der von einer Partei gemachten tatsächlichen Angaben nicht über 20.000 € festgesetzt, ist diese Partei gehindert, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren mit neuem Vortrag die in den Tatsacheninstanzen gemachten Angaben zum Wert zu korrigieren, um die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO zu überschreiten (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - II ZR 13/15 Rn. 6 mwN).

b) Der Einwand, die vom Kläger geltend gemachten Zahlungsansprüche betrügen 1.272.061,12 €, rechtfertigt keine höhere Wertfestsetzung als im Berufungsverfahren.

Das Interesse des Rechtsmittelklägers an einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung bemisst sich bei einem rechtsmittelführenden Beklagten nach dessen materieller Beschwer und damit nach der Frage, inwieweit die Entscheidung seine Rechtsposition beeinträchtigt oder seinen Pflichtenkreis erweitert (vgl. BGH, Beschluss vom 13. August 2015 - III ZR 333/14 Rn. 5; Beschluss vom 25. September 2013 - VII ZB 26/11, NJW-RR 2014, 110 Rn. 10). Bei einer Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung ist das wirtschaftliche Interesse an dem Nichteintritt der mit der Erklärung verbundenen Folgen maßgeblich und nach § 3 ZPO zu schätzen (BGH, Beschluss vom 10. November 2011 - V ZR 247/10, Grundeigentum 2012, 558 Rn. 2). Lediglich mittelbare wirtschaftliche Folgen sind bei der Streitwertbemessung und auch bei der Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. November 2011 - V ZR 11/14, Grundeigentum 2015, 252 Rn. 4). Für das Rechtsmittel des im Rahmen einer Stufenklage zur Auskunft verurteilten Beklagten ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass dessen Interesse, die Durchsetzung des Hauptanspruchs zu verhindern, über den unmittelbaren Gegenstand der Entscheidung hinausgeht und deshalb bei der Festsetzung des Beschwerdewerts außer Betracht zu bleiben hat (st. Rspr. BGH, Beschluss vom 24. November 1994 - GSZ 1/94, BGHZ 128, 85 , 89).

Im vorliegenden Fall betrifft der ausgeurteilte Feststellungstenor die Beklagten unmittelbar nur insoweit, als das vom Kläger eingeholte Gutachten mit dem darin gewählten Stichtag zur Ermittlung des Abfindungsguthabens geeignet ist. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sonstige Einwendungen hinsichtlich eines Abfindungsanspruchs des Klägers unberührt bleiben. Das Interesse der Beklagten, die Durchsetzung des Abfindungsanspruchs des Klägers zu verhindern, stellt sich als lediglich wirtschaftliches, mittelbares Interesse dar, das deshalb bei der Bemessung der Beschwer nicht zu berücksichtigen ist.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keine der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO ) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Aurich, vom 09.01.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 1041/13
Vorinstanz: OLG Oldenburg, vom 17.07.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 24/15