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BGH - Entscheidung vom 17.05.2017

IV ZR 391/16

Normen:
ZPO § 78b Abs. 1

BGH, Beschluss vom 17.05.2017 - Aktenzeichen IV ZR 391/16

DRsp Nr. 2017/6969

Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts im Fall der späteren Mandatsniederlegung; Darlegung der unverschuldeten Beendigung des Mandatsverhältnisses; Schadenersatzbegehren im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vermächtnisses

Einer Partei kann ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Hat die Partei zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat.

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg - 6. Zivilsenat - vom 29. November 2016 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert: 35.000 €

Normenkette:

ZPO § 78b Abs. 1 ;

Gründe

I. Die Klägerin macht, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, gegen die Erben des Karl August M. Ansprüche auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Erfüllung eines Vermächtnisses geltend. Das Landgericht hat ihrer Klage mit Teil- und Grundurteil vom 17. September 2015 teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts (bis auf den rechtskräftigen Antrag zu I) aufgehoben, die Klage abgewiesen sowie die Sache zur weiteren Bearbeitung an das Landgericht zurück gegeben.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Auf dessen Antrag ist die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15. Mai 2017 verlängert worden. Mit Schriftsatz vom 10. März 2017 hat der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt angezeigt, dass er sein Mandat niedergelegt habe. Durch weiteren Schriftsatz vom 27. März 2017 hat ein anderer beim Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt die Übernahme der Vertretung der Klägerin mitgeteilt. Durch Schriftsatz vom 18. April 2017 hat auch dieser Rechtsanwalt sein Mandat niedergelegt.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin zweiter Instanz hat mit Schriftsatz vom 15. Mai 2017 beantragt, der Klägerin einen Notanwalt beizuordnen.

II. Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.

Nach § 78b Abs. 1 ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Die erstgenannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei zumutbare Anstrengungen unternommen und ihre vergeblichen Bem ühungen, einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt zu finden, dem Gericht substantiiert dargelegt sowie gegebenenfalls nachgewiesen hat (Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2016 - IV ZB 23/16, [...] Rn. 4; vom 20. September 2016 - IV ZB 14/16, [...] Rn. 4; vom 22. Juni 2016 - IV ZR 491/15, [...] Rn. 2; vom 25. Mai 2016 - IV ZB 6/16, [...] Rn. 4; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, [...] Rn. 6). Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei ebenfalls darzulegen (Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2016 - IV ZR 491/15, [...] Rn. 2; vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, [...] Rn. 6; BGH, Beschluss vom 24. Juni 2014 - VI ZR 226/13, VersR 2014, 1150 Rn. 2).

Diesen Anforderungen werden die Angaben der Klägerin nicht gerecht. Der zunächst beauftragte Rechtsanwalt hat die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf bestehende Bedenken bezüglich der Erfolgsaussicht der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Daraufhin hat die zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte ihm mit Schreiben vom 7. März 2017 unter anderem untersagt, "ein kollegiales Miteinander mit Rechtsanwalt ... mit weiteren Fristverlän gerungsgesuchen zu veranstalten". Ferner hat sie ihm letztmalig unter Fristsetzung Gelegenheit zur Vorlage des Entwurfs einer Nichtzulassungsbeschwerde gegeben sowie ansonsten Kündigung des Vertrages wegen Pflichtverletzungen angedroht. Hierauf hat der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt mit Schreiben vom 10. März 2017 sein Mandat niedergelegt und zur Begründung ausgeführt, Fristsetzungen und Ultimaten gehörten nicht zu einer guten kollegialen Zusammenarbeit. Der weitere Rechtsanwalt, der sich sodann für die Klägerin beim Bundesgerichtshof gemeldet hat, hat deren zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte mit Schreiben vom 12. April 2017 auf die "sehr stark eingeschränkten Erfolgsaussichten" der Nichtzulassungsbeschwerde hingewiesen. Für den Fall, dass an der Mandatierung festgehalten werden solle, hat er um möglichst umgehende Begleichung seiner beigefügten Kostenrechnung gebeten. In der Folgezeit hat auch er sein Mandat niedergelegt. Schließlich haben nach dem Vortrag der Klägerin weitere Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof die Übernahme des Mandats abgelehnt.

Auf dieser Grundlage hat die Klägerin bereits nicht dargelegt, dass die Beendigung der beiden Mandatsverhältnisse mit den zunächst von ihr beauftragten Rechtsanwälten nicht auf ihr Verschulden zurückzuführen ist. Sie hat nicht mit Substanz vorgetragen, warum der zunächst eingeschaltete Rechtsanwalt auf der Grundlage des Schreibens ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 7. März 2017 nicht zur Niederlegung des Mandats berechtigt gewesen sein sollte. Ferner hat sie nicht dargelegt, wie sie auf das Schreiben des sodann eingeschalteten Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof vom 12. April 2017 hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise und der Begleichung der Kostennote reagiert hat.

III. Die Rechtsverfolgung der Klägerin erscheint auch aussichtslos, weil ihre Nichtzulassungsbeschwerde wegen Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen ist. Eine Wiedereinsetzung der Klägerin in den vorigen Stand kommt nicht in Betracht. Zwar kann einer Partei, die keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, im Fall der Bestellung eines Notanwalts Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden; dies setzt aber voraus, dass die Partei die für die Bestellung eines Notanwalts erforderlichen Voraussetzungen innerhalb der noch laufenden Frist darlegt (vgl. Senatsbeschluss vom 20. April 2015 - IV ZB 3/15, [...] Rn. 8 m.w.N.). Das hat die Klägerin nicht getan.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist daher gemäß § 544 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 552 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt begründet worden ist (§ 544 Abs. 2 , § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO ).

Vorinstanz: LG Nürnberg-Fürth, vom 17.09.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 10415/13
Vorinstanz: OLG Nürnberg, vom 29.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 6 U 2145/15