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BGH - Entscheidung vom 25.01.2017

IV ZR 206/15

Normen:
VVG § 5a Abs. 2 S. 1

BGH, Urteil vom 25.01.2017 - Aktenzeichen IV ZR 206/15

DRsp Nr. 2017/1933

Anspruch eines Versicherungsnehmers auf Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversicherung

Bringt ein Beteiligter bei Einlegung der Berufung lediglich mit formelhaften Wendungen, die sich darin erschöpfen, das erstinstanzliche Urteil als falsch zu bezeichnen, zum Ausdruck, dass er die Ausführungen des Gerichts nicht hinnehmen will und befasst er sich nicht ansatzweise mit den Gründen des beanstandeten Urteils, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Tenor

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des Landgerichts Landshut - 1. Zivilkammer - vom 11. März 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 1.392,81 € festgesetzt.

Normenkette:

VVG § 5a Abs. 2 S. 1;

Tatbestand

Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden d. VN) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversicherung.

Diese wurde mit Versicherungsbeginn zum 1. Mai 1997 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a VVG in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a VVG a.F.) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. VN mit dem Versicherungsschein ein Anschreiben, das eine Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. enthielt. D. VN zahlte fortan die Prämien, insgesamt 7.516,11 €.

Im Juli 2010 kündigte d. VN den Vertrag; der Versicherer zahlte den Rückkaufswert in Höhe von 8.665,46 € aus.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2011 erklärte d. VN unter anderem den Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F.

Mit der Klage begehrt d. VN - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - Herausgabe von Nutzungszinsen in Höhe von 1.392,81 €.

Nach Auffassung d. VN ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt d. VN das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch auf Herausgabe gezogener Nutzungen aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Zwar bestehe der Anspruch dem Grunde nach. D. VN habe jedoch nicht schlüssig zu den von dem Versicherer tatsächlich gezogenen Nutzungen vorgetragen.

II. Die Revision ist unbegründet, weil das Berufungsgericht die Berufung d. VN mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung als unzulässig hätte verwerfen müssen.

1. Dies macht die Revisionserwiderung zu Recht mit der Gegenrüge geltend. Die Zulässigkeit der Berufung ist zudem im Revisionsverfahren von Amts wegen zu überprüfen, weil es anderenfalls an einem gültigen und rechtswirksamen Verfahren vor dem Revisionsgericht fehlte (BGH, Urteile vom 19. November 2014 - VIII ZR 79/14, NJW 2015, 873 Rn. 12; vom 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, BGHZ 102, 37 , 38; jeweils m.w.N.).

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Die Begründung der Berufung muss zum einen erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist, und zum anderen im Einzelnen angeben, aus welchen Gründen er die tatsächliche und rechtliche Würdigung des vorinstanzlichen Urteils in den angegebenen Punkten für unrichtig hält (BGH, Beschluss vom 26. Juli 2004 - VIII ZB 29/04, NJW-RR 2004, 1716 unter II 1). Es reicht nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2000 - II ZR 172/98, NJW 2000, 1576 unter II m.w.N.). Insbesondere genügt es nicht, die Auffassung des Erstrichters als falsch oder die Anwendung einer bestimmten Vorschrift als irrig zu rügen (BGH, Urteil vom 9. März 1995 - IX ZR 143/94, NJW 1995, 1560 unter II 2).

b) Diesen Anforderungen genügte die Begründung der Berufung d. VN nicht. Das Amtsgericht hatte offen gelassen, ob d. VN über das Widerspruchsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Es hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, d. VN sei nach Treu und Glauben die Ausübung eines etwa noch bestehenden Widerspruchsrechts verwehrt, weil er über einen Zeitraum von 13 Jahren zu erkenne n gegeben habe, dass er sich an den Vertrag gebunden halte, indem er die Prämien gezahlt, um Beitragsfreistellung gebeten und den Vertrag schließlich gekündigt habe. Gegen diese, das erstinstanzliche Urteil tragende Begründung hat sich d. VN in seiner Berufungsbegründung mit der Rüge gewandt, auf die Argumentation zur Europarechtswidrigkeit des § 5a VVG 1994, zur fehlerhaften Widerspruchsbelehrung, zur Kick-Back-Rechtsprechung und zum Widerruf nach Verbraucherkreditrecht sowie die Frage der Verjährung, möglicherweise sogar der Verwirkung sei das Erstgericht in keiner Weise eingegangen, es habe "all diese höchst spannenden Rechtsprobleme umschifft, in dem es dem Kläger § 242 BGB um die Ohren gehauen" habe. Weiterhin hat er beanstandet, das Erstgericht habe die "Generalklausel § 242 BGB ohne Not herangezogen", um "so mit einem Wisch die Klage zu Fall zu bringen". Mit diesen formelhaften Wendungen, die sich darin erschöpfen, das erstinstanzliche Urteil als falsch zu bezeichnen, hat d. VN zwar zum Ausdruck gebracht, dass er die Ausführungen des Amtsgerichts zur Treuwidrigkeit nicht hinnehmen wollte; er hat sich damit aber nicht ansatzweise befasst, insbesondere nicht dargelegt, aus welchen Gründen diese Ausführungen unrichtig sein sollen. Unbegründet ist der hiergegen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobene Einwand der Revision, dass der Verweis in der Berufungsbegründung auf den Schriftsatz vom 9. Januar 2012 ausreichend gewesen sei. Die Bezugnahme auf das - vom Erstgericht angeblich nicht oder unrichtig gewürdigte - erstinstanzliche Vorbringen ist unzulässig. Die Berufungsbegründung soll aus sich heraus verständlich sein, damit eine Zusammenfassung und Beschleunigung des Rechtsstreits erreicht werden kann (BGH, Urteil vom 9. März 1995 aaO m.w.N.).

2. Da die Berufung bereits unzulässig war, kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht sie zu Recht mit der Begründung zurückgewiesen hat, dass d. VN zu den begehrten Nutzungszinsen nicht substantiiert vorgetragen habe.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 25. Januar 2017

Vorinstanz: AG Landshut, vom 10.02.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 1 C 1646/11
Vorinstanz: LG Landshut, vom 11.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 13 S 730/12