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BFH - Entscheidung vom 19.10.2017

X E 1/17

Normen:
GG Art. 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4
EUGrdRCh Art. 47 Abs. 3
EMRK Art. 6 Abs. 1
ZPO § 114 Satz 1, § 122 Abs. 1 Nr. 1a
FGO § 142 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 1 S. 2
EUGrdRCh Art. 47 Abs. 3
EMRK Art. 6 Abs. 1
ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1a
FGO § 142 Abs. 1
GG Art. 19 Abs. 4
ZPO § 114 S. 1

Fundstellen:
AO-StB 2018, 46
BFH/NV 2018, 227

BFH, Beschluss vom 19.10.2017 - Aktenzeichen X E 1/17

DRsp Nr. 2017/17542

Gegenstandswert eines finanzgerichtlichen Verfahrens Rechtmäßigkeit der Erhebung der Gerichtsgebühren bei Einreichung der Rechtsmittelschrift

Fälligkeit der Gerichtsgebühren bei finanzgerichtlichen Klagen 1. NV: Der Wert, aufgrund dessen die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG fällig gewordene Gerichtsgebühr zu berechnen ist, ergibt sich aus den Regelungen des § 52 Abs. 5 GKG . In den Streitfällen, die nicht unter § 52 Abs. 3 GKG zu subsumieren sind, ergibt sich die Gebühr aus dem Mindeststreitwert. 2. NV: Die Erhebung der Gerichtsgebühren schon bei Einreichung der Rechtsmittelschrift nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG verstößt nicht gegen Verfassungsrecht und ist auch nicht als europarechtswidrig anzusehen. Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK liegt insoweit ebenfalls nicht vor.

Normenkette:

GG Art. 19 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 ; EUGrdRCh Art. 47 Abs. 3; EMRK Art. 6 Abs. 1 ; ZPO § 114 Satz 1, § 122 Abs. 1 Nr. 1a ; FGO § 142 Abs. 1 ;

GKG § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 52 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5, § 63 Abs. 1 Satz 1, § 66

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung des Bundesfinanzhofs –Kostenstelle– vom 16. Februar 2017 KostL 265/17 ( X R 4/17) wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe

I.

Die Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) legten am 20. Januar 2017 Revision gegen den Gerichtsbescheid des Finanzgerichts (FG) Berlin-Brandenburg vom 7. Dezember 2016 14 K 14053/16 ein. Das FG hatte die Klage der Kostenschuldner, die sich gegen die Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide und Gewerbesteuer sowie Gewerbesteuermessbetrag 2014 und 2015, Umsatzsteuer 2003 bis 2015, Zinsen zur Umsatzsteuer 2013, den Antrag auf Änderung der Umsatzsteuer 2003 bis 2015, den Abrechnungsbescheid Umsatzsteuer und die Ablehnung der Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten richtete, mangels Rechtsschutzbedürfnis als unzulässig verworfen. Der Gerichtsbescheid ist den Klägern am 28. Dezember 2016 zugestellt worden. Darin hat das FG die Revision zugelassen.

Mit Kostenrechnung vom 16. Februar 2017 X R 4/17 (KostL 265/17) setzte die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) für das Verfahren der Revision Gerichtskosten nach Nr. 6120 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes ( GKG ) von 11.415 € fest. Dabei wurde ein Streitwert von 263.641 € zugrunde gelegt. Dieser Streitwert ergab sich durch die Übernahme der Streitwertermittlung des FG vom 9. Dezember 2016.

Am 24. Februar 2017 hat der Kostenschuldner, auch im Namen der Kostenschuldnerin, Erinnerung gegen die Kostenrechnung eingelegt und zugleich den Antrag gestellt, die aufschiebende Wirkung der Erinnerung anzuordnen.

Zur Begründung machen die Kostenschuldner verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen die Fälligkeit der Verfahrensgebühr geltend. Auch werde Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ( EMRK ) verletzt. Daneben bestreiten sie die Höhe der Verfahrensgebühr.

Die Kostenschuldner rügen, dass das Gericht über Erinnerungen nicht in der Senatsbesetzung von drei Berufsrichtern entscheidet.

Der Kostenschuldner persönlich hat am 17. April 2017 die Revision zurückgenommen und im vorliegenden Verfahren Verzögerungsrüge erhoben.

Mit Beschluss vom 22. Mai 2017 X R 4/17 hat der Senat die Revision als unzulässig verworfen. Dieser Beschluss ist am 7. bzw. 8. September 2017 dem Prozessbevollmächtigten und den Kostenschuldnern mit Zustellungsurkunde zugestellt worden.

Durch Beschluss vom 1. Juni 2017 X S 13/17 —erneut per Zustellungsurkunde an die Kostenschuldner am 8. September 2017 zugestellt— hat der Berichterstatter als Einzelrichter den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Erinnerung abgelehnt.

II.

Die Erinnerung ist unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Die Entscheidung über die Erinnerung ergeht gemäß § 1 Abs. 5 , § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG durch den Senat. Zwar ist eine Entscheidung über die Erinnerung gemäß § 1 Abs. 5 , § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG grundsätzlich durch den Einzelrichter zu treffen, doch hat der Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG die Entscheidung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache mit Beschluss vom 13. Juli 2017 X E 1/17 auf den Senat übertragen.

2. Der Zulässigkeit der Erinnerung steht nicht entgegen, dass sie durch den bzw. die nicht postulationsfähigen Kostenschuldner eingelegt worden ist. Der in § 62 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) für Verfahren vor dem BFH grundsätzlich angeordnete Vertretungszwang besteht in Erinnerungsverfahren nicht (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2013 II E 19/12, BFH/NV 2013, 586 , m.w.N.).

3. Die Erinnerung ist unbegründet, da die Kostenrechnung des BFH vom 16. Februar 2017 X R 4/17 (KostL 265/17) rechtmäßig ist.

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG wird in Prozessverfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klage–, Antrags–, Einspruchs– oder Rechtsmittelschrift fällig. Der maßgebende Wert für die Ermittlung der Gebühr ergibt sich im Finanzprozess nach Aufhebung des früheren § 63 Abs. 1 Satz 4 GKG a.F. durch Art. 7 Nr. 8 des Gesetzes zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 8. Juli 2014 (BGBl I 2014, 890 ) nicht mehr einheitlich aus dem Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG und im Hinblick auf § 63 Abs. 1 Satz 3 GKG auch nicht aus einem vorläufig festgesetzten Wert gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG , sondern aus dem von § 52 Abs. 5 GKG bestimmten Wert.

Nach dieser Vorschrift ist, da im Zeitpunkt der Erhebung der Gebühr nach § 6 GKG keine Wertfestsetzung vorliegt, entweder bei Streitfällen über bestimmte Geldleistungen oder auf bestimmte Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte der nach § 52 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 GKG maßgebende Wert, soweit er sich unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, oder in allen anderen Fällen der Mindestwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG anzusetzen. Damit verbleibt es im Ergebnis für Streitfälle, die nicht unter § 52 Abs. 3 GKG zu subsumieren sind, bei der schon vor Aufhebung des § 63 Abs. 1 Satz 4 GKG a.F. geltenden Rechtslage, wonach sich die Gebühr aus dem Mindeststreitwert ergibt.

b) Der Streitwert im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Bei unverändertem Streitgegenstand ist der Streitwert des Rechtsmittelverfahrens mit dem Streitwert des ersten Rechtszugs identisch (BFH-Beschluss vom 18. Januar 2017 IV S 8/16, BFH/NV 2017, 479 , Rz 14).

Eine Bindung an den vom FG zugrunde gelegten Streitwert besteht zwar nicht. Dennoch ist eine Übernahme des Streitwertes bei einer nicht offensichtlich fehlerhaften Streitwertermittlung für Zwecke der Schätzung des Wertes nach § 52 Abs. 5 GKG möglich.

c) Ausgehend von der vom Senat anhand der beigezogenen Akten überprüften Streitwertermittlung des FG vom 9. Dezember 2016 konnte deshalb ein Streitwert von 263.641 € als Wert nach § 52 Abs. 5 GKG angesetzt werden. Auf der Grundlage dieses Streitwertes beträgt eine Gebühr nach Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG 2.283 €. Nach Nr. 6120 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG sind durch das Verfahren im Allgemeinen 5,0 Gebühren entstanden, so dass Kosten von 11.415 € fällig geworden sind. Eine Reduzierung aufgrund der zwischenzeitlich erfolgten Verwerfung der Revision als unzulässig sehen die Nrn. 6121 und 6122 nicht vor.

d) Vorliegend ist der Streitwert für ein Revisionsverfahren zu ermitteln, dem eine objektive Klagehäufung zugrunde lag, bei der für einige der angefochtenen Verwaltungsakte —bei isolierter Betrachtung— der Mindeststreitwert des § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG überschritten, für andere der angefochtenen Verwaltungsakte hingegen unterschritten war.

aa) Der V. Senat des BFH hat —im Ergebnis zwar tragend, allerdings ohne nähere Befassung mit der Problematik— entschieden, dass der Mindeststreitwert in derartigen Fällen nicht auf den einzelnen Verwaltungsakt, sondern auf das gesamte Verfahren zu beziehen ist, also die Summe der (zunächst ohne Beachtung des Mindeststreitwertes ermittelten) Einzelstreitwerte mit dem Mindeststreitwert zu vergleichen ist (BFH-Beschluss vom 31. Mai 2007 V E 2/06, BFHE 217, 388 , BStBl II 2007, 791 ). Der vorliegend zur Entscheidung berufene Senat ist ebenfalls dieser Auffassung. Hierfür spricht vor allem der Wortlaut des § 52 Abs. 4 GKG , der ausschließlich den Begriff "Verfahren", nicht jedoch den des "Verwaltungsakts" verwendet. In Fällen der objektiven Klagehäufung existiert aber nur ein einziges "Verfahren".

Demgegenüber hat der IV. Senat —allerdings nicht tragend und ebenfalls ohne weitere Begründung— die Auffassung vertreten, auch in Fällen der objektiven Klagehäufung sei für jeden selbständigen Streitgegenstand der Mindeststreitwert anzusetzen (BFH-Beschluss vom 19. Juli 2016 IV E 2/16, BFH/NV 2016, 1582 , Rz 13).

bb) Im Streitfall kann diese Frage offenbleiben. Bisher wurde ein Streitwert von 263.641 € angesetzt. Dieser Betrag wurde aus der Summe der tatsächlichen Einzelstreitwerte für die jeweils angefochtenen Verwaltungsakte gebildet, ohne den Mindeststreitwert heranzuziehen. Würde —entsprechend der Rechtsauffassung des IV. Senats— demgegenüber der Mindeststreitwert auf jeden selbständigen Verwaltungsakt bezogen, wäre für die Gewerbesteuer 2014 und 2015 sowie die Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit der Umsatzsteuerfestsetzungen 2014 und 2015 statt der bisher angesetzten Einzelstreitwerte von jeweils 500 € der Mindeststreitwert von 1.500 € zugrunde zu legen. Der Gesamtstreitwert würde sich damit um 4.000 € auf 267.641 € erhöhen.

Auch bei einem solchermaßen erhöhten Streitwert wäre aber die nächste Stufe der Gebührentabelle (Anlage 2 zu § 34 Abs. 1 Satz 3 GKG ), die bei 290.000 € liegt, noch nicht erreicht, so dass die vorstehend aufgeworfene Frage der Streitwertermittlung in Fällen objektiver Klagehäufung vorliegend keinen Einfluss auf die Höhe der Gebühren hat.

e) Entgegen der Ansicht der Kostenschuldner verstößt die Erhebung der Gerichtsgebühren bei Einreichung der Rechtsmittelschrift nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG nicht gegen Verfassungsrecht.

aa) Das aus Art. 19 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes ( GG ) folgende Zitiergebot ist nicht verletzt. Da es sich nicht auf die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit bezieht (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts —BVerfG— vom 29. Juli 1959 1 BvR 394/58, BVerfGE 10, 89 ; BVerfG-Beschluss vom 11. August 1999 1 BvR 2181/98, 1 BvR 2182/98, 1 BvR 2183/98, Neue Juristische Wochenschrift 1999, 3399 ), die Erhebung von Gerichtsgebühren jedoch lediglich in die allgemeine Handlungsfreiheit eingreift (vgl. BVerfG-Beschluss vom 20. April 2010 1 BvR 1670/09, BVerfGK 17, 240), findet das Zitiergebot insoweit keine Anwendung (vgl. insoweit auch BFH-Beschluss vom 8. November 2012 VI E 2/12, BFH/NV 2013, 399 , Rz 12).

bb) Darüber hinaus bewirkt eine Fälligkeit der Kosten bei Einreichung der Rechtsmittelschrift keine unzulässige Zugangsbeschränkung zu den Finanzgerichten und verstößt daher nicht gegen die aus Art. 19 Abs. 4 GG folgende Justizgewährleistungspflicht (vgl., wenn auch im Hinblick auf den Mindeststreitwert BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 2011 V E 2/11, BFH/NV 2011, 1907 , und in BFHE 217, 388 , BStBl II 2007, 791 ).

Vielmehr folgt der Finanzprozess durch die Einführung des § 52 Abs. 5 GKG der Entwicklung im Zivil- und Verwaltungsprozess, in dem schon länger bei Eingang der Klage bzw. des Rechtsmittels Gebühren nach dem tatsächlichen Streitwert erhoben werden. Folglich wird der Kostenschuldner nicht stärker belastet als in anderen Prozessen (ebenso Just, Deutsches Steuerrecht 2014, 2481 , 2484).

Die wirtschaftliche Belastung durch Gerichtskosten wird auch dadurch abgemildert, dass Bedürftige einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) stellen können und dann von der Zahlung der Prozesskosten freigestellt sind (auf diesen Gesichtspunkt wird bereits im BFH-Beschluss in BFHE 217, 388 , BStBl II 2007, 791 , unter II.4.b bb hingewiesen; ebenso Senatsbeschluss vom 15. Oktober 2014 X E 23/14, BFH/NV 2015, 219 ).

f) Soweit die Kostenschuldner die Fälligkeitsregelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG als europarechtswidrig ansehen und eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK rügen, ist für das Gericht nicht erkennbar, weshalb eine solche Verletzung vorliegen soll.

aa) Die Fälligkeit entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG ist erkennbar nicht europarechtswidrig. Insbesondere verstößt eine nationale Regelung, nach der die gerichtliche Geltendmachung von der Zahlung eines Kostenvorschusses abhängig gemacht wird, nicht gegen den in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EUGrdRCh) verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes. Vielmehr sieht das nationale Recht bei Bewilligung von PKH das Entfallen der Zahlungspflicht bei Fälligkeit vor. Dies ist ausdrücklich in § 122 Abs. 1 Nr. 1a der Zivilprozessordnung ( ZPO ), die gemäß § 142 Abs. 1 FGO auch im Revisionsverfahren vor dem BFH entsprechend gilt, geregelt und entspricht der Regelung des Art. 47 Abs. 3 EUGrdRCh. Erst dann, wenn kein Zugang zur PKH besteht und dennoch ein Gerichtskostenvorschuss bereits bei Einreichung der prozesseinleitenden Parteihandlung gefordert wird, kann der in Art. 47 EUGrdRCh verankerte Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verletzt sein (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union DEB Deutsche Energiehandels- und Beratungsgesellschaft mbH vom 22. Dezember 2010 C–279/09, EU:C:2010:811, Slg. 2010, I–13849, Rz 59, für den Fall des Ausschlusses der Geltendmachung von PKH durch juristische Personen ohne Befreiung von der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses). Dies ist hier nicht der Fall. Die Kostenschuldner sind gemäß § 114 Satz 1 ZPO i.V.m. § 142 Abs. 1 FGO berechtigt, PKH zu beantragen.

bb) Eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK ist aus den gleichen Gründen nicht erkennbar. Vielmehr bietet das PKH-Verfahren auch insoweit eine ausreichende Garantie, den Einzelnen vor Willkür zu schützen und ihm das Recht auf Zugang zu einem Gericht zu ermöglichen. Ein bedingungsloses Recht auf Zugang zum Gericht sieht auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht vor (vgl. auch Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 30. Juni 2016 56778/10, juris, Rz 37).

4. Von der Erhebung der Kosten ist auch nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG abzusehen. Nach dieser Vorschrift werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Als unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht kommen nur erkennbare Versehen oder materielle Verstöße gegen eindeutige Rechtsnormen des materiellen oder formellen Rechts in Betracht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 18. November 1993 VIII E 7–8/93, BFH/NV 1994, 571 , m.w.N.).

Vorliegend ist nur das Revisionsverfahren für die Beurteilung der Sachbehandlung durch den BFH und die dadurch entstandenen Gerichtskosten zu berücksichtigen. Eine derartige fehlerhafte Sachbehandlung durch den BFH, die ursächlich für die Entstehung der angeforderten Gerichtskosten gewesen sein könnte, ist nicht erkennbar.

5. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG ).

Fundstellen
AO-StB 2018, 46
BFH/NV 2018, 227