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BFH - Entscheidung vom 15.11.2017

I R 39/15

Normen:
AO § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4, § 55 Abs. 1, § 57, § 59, § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2, § 63
AO i.d.F. des JStG 2009 § 60 Abs. 1 Satz 2
EStG i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 § 10d Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Satz 2, Abs. 4 Satz 4
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
KStG i.d.F. des JStG 2009 § 34 Abs. 5a
AO § 52 Abs. 1 S. 1-2
AO i.d.F. des JStG 2009 § 60 Abs. 1 S. 2
EStG i.d.F. der Bekanntmachung v. 8. Oktober 2009 § 10d Abs. 4 S. 2 und S. 4
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9
KStG i.d.F. des JStG 2009 § 34 Abs. 5a
AO § 52 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3-4
AO § 55 Abs. 1
AO § 57
AO § 59
AO § 60 Abs. 1 S. 1-2
AO § 63
EStG i.d.F. der Bekanntmachung v. 8. Oktober 2009 § 10d Abs. 1
EStG i.d.F. der Bekanntmachung v. 8. Oktober 2009 § 10d Abs. 2

Fundstellen:
BB 2019, 227

BFH, Urteil vom 15.11.2017 - Aktenzeichen I R 39/15

DRsp Nr. 2018/4233

Anforderungen an die Festlegung der Gemeinnützigkeit in der Satzung einer Stiftung

1. NV: Zur Darlegung einer Rechtsverletzung i.S. des § 40 Abs. 2 FGO durch gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer reicht es aus, dass der Kläger geltend macht, er sei gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit und durch den Bescheid sei zu Unrecht seine persönliche Körperschaftsteuerpflicht bejaht worden. 2. NV: Eine Satzung, nach der der Zweck der Körperschaft darin besteht, "günstige Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt" zu schaffen, beschreibt einen gemeinnützigen Zweck nicht hinreichend bestimmt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 23. April 2015 3 K 1766/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Normenkette:

AO § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 1 , Abs. 2 Nr. 3 , Abs. 2 Nr. 4 , § 55 Abs. 1, § 57, § 59, § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2, § 63; AO i.d.F. des JStG 2009 § 60 Abs. 1 Satz 2; EStG i.d.F. der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009 § 10d Abs. 1 , Abs. 2 , Abs. 4 Satz 2, Abs. 4 Satz 4; KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9 ; KStG i.d.F. des JStG 2009 § 34 Abs. 5a ;

Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr ... gegründete Stiftung schweizerischen Rechts mit Satzungssitz in der Schweiz. In ihrer Stiftungsurkunde ist ihr Zweck und die Art seiner Verwirklichung wie folgt beschrieben:

"Die Stiftung bezweckt die Schaffung günstiger Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt.

Im Vordergrund steht die möglichst frühzeitige Erforschung und Bekämpfung negativer Einflüsse, die einer gedeihlichen Entwicklung von jungen Menschen hinderlich sein können.

Die Stiftung wird zur Erreichung ihres Zweckes auf nationaler und internationaler Ebene Forschungsaufträge erteilen, Schulungs- und Trainingsprogramme und entsprechende Forschungsprojekte unterstützen, nationale und internationale Kongresse organisieren und finanzieren sowie alle weiteren Tätigkeiten unterstützen, welche die positive menschliche Entwicklung zum Ziel haben. Im Übrigen wird sie in erster Linie Organisationen, Institutionen und Einzelpersonen in der Schweiz unterstützen, deren Tätigkeit geeignet ist, den Stiftungszweck zu fördern oder allenfalls in der Schweiz eigene Aktivitäten entwickeln. Der Stiftung angegliedert ist das ... Museum. Es trägt zur Kommunizierung von Stiftungsaktivitäten bei, indem es die Bedeutung des ... als Kommunikationsmittel aller sozialen Schichten darstellt.

Die Stiftung ist berechtigt, im Rahmen ihres Zweckes weitere Stiftungen im In- und Ausland zu errichten."

Die Klägerin verpachtete in den Streitjahren (2004 bis 2008) das in ihrem Eigentum stehende, im Inland belegene Tagungszentrum an eine GmbH.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) sah die Klägerin als mit den durch die Verpachtung erzielten Einkünften beschränkt steuerpflichtig i.S. des § 2 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes ( KStG ) i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) —jeweils in der in den Streitjahren geltenden Fassung— an und erließ Körperschaftsteuerbescheide für 2004 bis 2006 sowie Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 und auf den 31. Dezember 2005. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA von Einkünften in Höhe von ... € für 2005 und ... € für 2006 sowie einem Verlust von ... € für 2004 aus. Mit Bescheiden vom 5. Mai 2009 wurde —unter Berufung auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ( AO )— die Körperschaftsteuer 2004 und 2005 auf jeweils 0 € und die Körperschaftsteuer 2006 auf ... € festgesetzt sowie der verbleibende Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 mit ... € und auf den 31. Dezember 2005 mit ... € festgestellt. Ferner wurde die Körperschaftsteuer 2007 auf ... € festgesetzt. Mit Bescheid vom 3. November 2010 setzte das FA die Körperschaftsteuer 2008 auf ... € fest.

Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, wies sie mit Urteil vom 23. April 2015 3 K 1766/13 als unbegründet ab.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, das Urteil des FG und die angefochtenen Steuerbescheide sowie die angefochtenen Feststellungsbescheide aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen hat keinen Antrag gestellt.

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist.

1. Die Klage gegen die Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 ist zulässig, obwohl die festgesetzte Steuer 0 € beträgt. Durch den Erlass der Festsetzungsbescheide hat das FA der Klägerin für die Streitjahre 2004 und 2005 die Steuerbefreiung versagt, wodurch diese beschwert ist (Senatsurteile vom 13. Juli 1994 I R 5/93, BFHE 175, 484 , BStBl II 1995, 134 ; vom 21. Oktober 1999 I R 14/98, BFHE 190, 372 , BStBl II 2000, 325 ; vom 27. November 2013 I R 17/12, BFHE 244, 194 , BStBl II 2016, 68 ; Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 22. Juni 2016 V R 49/15, BFH/NV 2016, 1754 ).

Nichts anderes gilt, soweit sich die Klägerin gegen die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2004 und auf den 31. Dezember 2005 wehrt. Auch die Feststellung eines Verlustes setzt die Bejahung der —von der Klägerin in Abrede gestellten— persönlichen Steuerpflicht voraus (vgl. FG München, Urteil vom 27. Juli 2007 8 K 3952/05, Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1677 ; Hessisches FG, Urteil vom 10. November 2016 4 K 179/16).

Die Bestimmung des —gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG auch für die Körperschaftsteuer anwendbaren— § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG in der bis zum Jahressteuergesetz 2010 ( JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768 , BStBl I 2010, 1394 ) geltenden Fassung ( EStG a.F.) steht einer Beschwer der Klägerin nicht entgegen. Zwar sind nach dieser Vorschrift Feststellungsbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit sich die nach § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. zu berücksichtigenden Beträge ändern und deshalb der entsprechende Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern ist. Gemäß § 10d Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. sind verbleibender Verlustvortrag die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte, vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG a.F. abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2 EStG a.F. abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag. Jedoch stützt sich die von der Klägerin begehrte Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide 2004 und 2005 auf die persönliche Körperschaftsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und damit nicht auf eine Aufhebung infolge ("deshalb") einer Änderung der für die Ermittlung des verbleibenden Verlustvortrags maßgeblichen Beträge.

2. Das FA hat die Klägerin im Ergebnis zu Recht zur Körperschaftsteuer herangezogen.

a) Die Klägerin ist eine in der Schweiz ansässige Stiftung privaten Rechts mit inländischen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. von § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG , die im Inland der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 2 Nr. 1 , § 8 Abs. 1 KStG unterfallen.

Dabei kommt es weder darauf an, ob die Klägerin in den Streitjahren einen Gewerbebetrieb unterhielt, noch, ob sie einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG vergleichbar war. Zwar zählen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Doppelbuchst. aa EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2009 ( JStG 2009) vom 19. Dezember 2008 (BGBl I 2008, 2794 , BStBl I 2009, 74 ) zu den inländischen Einkünften auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch Vermietung und Verpachtung von inländischem unbeweglichen Vermögen erzielt werden. Als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gelten dabei nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2009 —nunmehr § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 3 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Reform der Investmentbesteuerung (Investmentsteuerreformgesetz – InvStRefG) vom 19. Juli 2016 (BGBl I 2016, 1730 , BStBl I 2016, 731 )— auch die Einkünfte aus Tätigkeiten im Sinne dieses Buchstabens, die von einer Körperschaft i.S. des § 2 Nr. 1 KStG erzielt werden, die mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG vergleichbar ist. Jedoch ist die Regelung nach der allgemeinen Anwendungsregel des § 52 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2009 erstmals für den Veranlagungszeitraum 2009 anzuwenden. Die fehlende zeitliche Anwendbarkeit in den Streitjahren schließt es auch aus, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 2 EStG i.d.F. des JStG 2009 bei fehlender Vergleichbarkeit mit einer Kapitalgesellschaft oder sonstigen juristischen Person i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG —über seinen Wortlaut hinaus— im Streitfall eine Sperrwirkung hinsichtlich der Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 6 EStG zuzuerkennen.

b) Die Klägerin ist nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit.

aa) Ausgangspunkt und Maßstab der Gemeinnützigkeit ist allein das (innerstaatliche) deutsche Recht, gleichviel, ob die betreffende Körperschaft im In- oder im Ausland ansässig ist. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch aus Gründen des Unionsrechts —insbesondere der grundsätzlich auch im Verhältnis zu Drittstaaten anwendbaren Kapitalverkehrsfreiheit— nicht verpflichtet, den Gemeinnützigkeitsstatus ausländischen Rechts anzuerkennen (Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union Centro di Musicologia Walter Stauffer vom 14. September 2006 C–386/04, EU:C:2006:568, Rz 47; Persche vom 27. Januar 2009 C–318/07, EU:C:2009:33, Rz 48; Senatsurteile vom 20. Dezember 2006 I R 94/02, BFHE 216, 269 , BStBl II 2010, 331 ; vom 17. September 2013 I R 16/12, BFHE 243, 319 , BStBl II 2014, 440 ; vom 25. Oktober 2016 I R 54/14, BFHE 256, 66 , BStBl II 2017, 1216 ; BFH-Urteil vom 21. Januar 2015 X R 7/13, BFHE 248, 543 , BStBl II 2015, 588 ).

bb) Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind von der Körperschaftsteuer befreit Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach ihrer Satzung oder ihrer sonstigen Verfassung und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen.

Nach dem insoweit maßgeblichen § 52 Abs. 1 Satz 1 AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Eine Förderung der Allgemeinheit ist nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, zum Beispiel bei einer Zugehörigkeit zu einer Familie oder der Belegschaft eines Unternehmens oder infolge seiner Abgrenzung, insbesondere nach räumlichen oder beruflichen Merkmalen, dauernd nur klein sein kann (§ 52 Abs. 1 Satz 2 AO ). Nach § 55 Abs. 1 AO erfolgt eine Förderung nur dann selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke —z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke— verfolgt werden.

Gemäß § 59 AO wird die Steuervergünstigung nur gewährt, wenn sich aus der Satzung ergibt, welchen Zweck die Körperschaft verfolgt, dass dieser Zweck den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht und dass er ausschließlich und unmittelbar verfolgt wird. Dazu müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigung gegeben sind (§ 60 Abs. 1 Satz 1 AO ; sog. formelle Satzungsmäßigkeit; vgl. Senatsurteil vom 31. Oktober 1984 I R 21/81, BFHE 142, 386 , BStBl II 1985, 162 ). Der Satzungszweck und die Art seiner Verwirklichung sind —jedenfalls, soweit ihnen kein jedermann bekanntes, begrifflich fest umrissenes gedankliches Konzept zugrunde liegt— so weit wie möglich zu konkretisieren (Senatsurteil vom 9. Juli 1986 I R 14/82, BFH/NV 1987, 632 ; Senatsbeschluss vom 3. September 1999 I B 75/98, BFH/NV 2000, 301 ). Zwar genügt es, dass diese Voraussetzungen auf Grund einer Auslegung der (gesamten) Satzungsbestimmungen als gegeben angesehen werden können (Senatsurteile vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BFHE 127, 330 , BStBl II 1979, 482 ; vom 29. August 1984 I R 203/81, BFHE 142, 51 , BStBl II 1984, 844 ; vom 13. August 1997 I R 19/96, BFHE 183, 371 , BStBl II 1997, 794 ; vom 10. November 1998 I R 95/97, BFH/NV 1999, 739 ; vom 21. Juli 1999 I R 2/98, BFH/NV 2000, 297 ). Jedoch muss die Satzung zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Steuerpflichtige ausschließlich gemeinnützige Zwecke verfolgt. Insoweit bestehende Unklarheiten gehen zu Lasten dessen, der sich auf die Steuervergünstigung beruft (Senatsurteil vom 26. Februar 1992 I R 47/89, BFH/NV 1992, 695 ).

§ 60 Abs. 1 Satz 2 AO i.d.F. des JStG 2009, wonach die Satzung die Festlegungen der Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60) enthalten muss, welche u.a. die Begriffe "ausschließlich" und "unmittelbar" aufführt, ist gemäß Art. 97 § 1f Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung auf Körperschaften anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2008 gegründet werden. Für die 1989 gegründete Klägerin sind damit die in der Anlage 1 zu § 60 AO enthaltenen Festlegungen für die Gewährung von Steuervergünstigungen ohne Bedeutung (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 1997 I B 21/96, BFH/NV 1997, 732 ; Senatsurteil in BFHE 142, 51 , BStBl II 1984, 844 ).

cc) Nach diesen Maßstäben ist das FG zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Satzung der Klägerin deren Zweck hinreichend bestimmt zu entnehmen ist. Dies schließt unabhängig davon, inwieweit sich die tatsächliche Geschäftsführung der Klägerin auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke gerichtet ist (§ 63 AO ), die Gemeinnützigkeit aus.

Der satzungsmäßige Zweck der Klägerin, "günstige Voraussetzungen für eine positive Entwicklung des Menschen in einer vom gesellschaftlichen Wandel geprägten Welt" zu schaffen, ist zu unbestimmt, um beurteilen zu können, ob durch seine Erfüllung die Allgemeinheit selbstlos gefördert wird. Insbesondere sind Betätigungen nicht ausgeschlossen, die zwar in gesamtwirtschaftlicher Betrachtung auch der Förderung der allgemeinen Wohlfahrt —und damit einer im ökonomischen Sinn positiven menschlichen Entwicklung— dienen, jedoch gleichzeitig auch für die Klägerin —im Sinne einer nicht selbstlosen privatwirtschaftlichen Betätigung (vgl. BFH-Urteil vom 31. Januar 1973 II R 51, 58, 62/69, BFHE 109, 383 , BStBl II 1973, 690 )— oder —im Rahmen einer ebenfalls nicht als gemeinnützig anzuerkennenden Wirtschaftsförderung (Senatsurteil vom 21. Mai 1997 I R 38/96, BFH/NV 1997, 904 ; s.a. Senatsurteil vom 6. Oktober 2009 I R 55/08, BFHE 226, 525 , BStBl II 2010, 335 )— für bestimmte gewerbliche Unternehmen von wirtschaftlichen Nutzen sind. Dies gilt vor allem angesichts des Umstandes, dass das der Klägerin angegliederte Museum ausweislich ihrer Satzung die Bedeutung des ... —und damit eines wirtschaftlich nicht unbedeutenden ...mittels— "als Kommunikationsmittel aller sozialen Schichten darstellt".

Auch wird —anders als es das FG angenommen hat— diese Zielsetzung nicht dadurch hinreichend bestimmt, dass die Klägerin nach ihrer Satzung "auf nationaler und internationaler Ebene Forschungsaufträge erteilen, Schulungs- und Trainingsprogramme und entsprechende Forschungsprojekte unterstützen, nationale und internationale Kongresse organisieren und finanzieren" wird. Zwar ist —unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO— als Förderung der Allgemeinheit u.a. die Förderung von Wissenschaft und Forschung anzuerkennen (§ 52 Abs. 2 Nr. 1 AO in der für die Streitjahre 2004 bis 2006 geltenden Fassung der Bekanntmachung der Neufassung der Abgabenordnung vom 1. Oktober 2002, BGBl I 2002, 3866 , —AO a.F.—; § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in der für die Streitjahre 2007 und 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur weiteren Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements vom 10. Oktober 2007, BGBl I 2007, 2332 , —AO n.F.—). Der Klägerin ist es nach ihrer Satzung jedoch darüber hinaus möglich, "alle weiteren Tätigkeiten", "welche die positive menschliche Entwicklung zum Ziel haben", —und damit auch nicht auf die Förderung der Allgemeinheit gerichtete Tätigkeiten— zu unterstützen.

Dies gilt auch, soweit die Satzung auf die "möglichst frühzeitige Erforschung und Bekämpfung negativer Einflüsse, die einer gedeihlichen Entwicklung von jungen Menschen hinderlich sein können", abstellt. Der entsprechenden Satzungsbestimmung ist —zum einen— nicht zu entnehmen, dass die Forschung nicht im Interesse einzelner Auftraggeber betrieben wird und somit so genannte —nicht dem gemeinen Wohl dienende (Senatsurteil vom 4. April 2007 I R 76/05, BFHE 217, 1 , BStBl II 2007, 631 ; BFH-Urteil vom 30. November 1995 V R 29/91, BFHE 179, 447 , BStBl II 1997, 189 )— Ressort- oder Auftragsforschung gegeben ist. Zum anderen ist zwar —neben der Förderung der Wissenschaft und Forschung— auch die Förderung der Jugendhilfe (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO a.F.; § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO n.F.) sowie des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege (§ 52 Abs. 2 Nr. 2 AO a.F.; § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO n.F.) als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen. Jedoch ist diese Zwecksetzung nicht abschließend; sie steht nach der Satzung der Klägerin lediglich "im Vordergrund".

3. Da es schon an der formellen Satzungsmäßigkeit fehlt, kann dahinstehen, ob die Klägerin die sonstigen Voraussetzungen der §§ 52 ff. AO , insbesondere des § 57 AO erfüllt. Auch ist unerheblich, ob es die unionsrechtlich verbürgte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrags von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union , der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002, Nr. C 325, 1, jetzt Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft , Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47) gebietet, die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auf die Klägerin zu erstrecken, obwohl nach dem —gemäß § 34 Abs. 5a KStG i.d.F. des JStG 2009 auch für Veranlagungszeiträume vor 2009, d.h. auch in den Streitjahren anwendbaren— § 5 Abs. 2 Nr. 2 KStG i.d.F. des JStG 2009 die Befreiungen nach § 5 Abs. 1 KStG —und somit auch die des § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG— nicht für beschränkt Steuerpflichtige i.S. des § 2 Nr. 1 KStG gelten, die —wie die Klägerin— weder Sitz noch Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder eines Staates haben, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet.

4. Nach dem Vorstehenden hat das FA zu Recht die angefochtenen Bescheide erlassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bescheide aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft sein könnten, sind weder den Feststellungen des FG zu entnehmen noch von der Klägerin benannt worden. Damit erweist sich das Urteil des FG als zutreffend und die dagegen gerichtete Revision als unbegründet.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 23.04.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 1766/13
Fundstellen
BB 2019, 227