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BSG - Entscheidung vom 09.12.2016

B 12 R 43/16 B

Normen:
ZPO § 115 Abs. 1

BSG, Beschluss vom 09.12.2016 - Aktenzeichen B 12 R 43/16 B

DRsp Nr. 2017/13512

PKH-Verfahren Ausländische Antragsteller Maßgebende Freibeträge Unterschiedliche Lebenshaltungskosten in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union

1. Grundsätzlich steht auch ausländischen Staatsangehörigen ein Anspruch auf PKH zu, auch wenn sie im Ausland wohnen. 2. Selbst bei in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehenden Unterschieden hinsichtlich der Lebenshaltungskosten sind grundsätzlich die nach § 115 Abs. 1 ZPO maßgebenden Freibeträge anzunehmen.

Der Antrag des Klägers, ihm für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Mai 2016 Prozesskostenhilfe zu gewähren, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorstehend bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

ZPO § 115 Abs. 1 ;

Gründe:

Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision in dem ihm am 3.6.2016 im Ausland zugestellten Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 4.5.2016 mit einem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 30.7.2016 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von PKH beantragt.

1. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen.

Nach § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO ist einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, PKH zu bewilligen. Gemäß § 115 Abs 1 ZPO hat der Beteiligte jedoch sein Einkommen einzusetzen.

Der Kläger ist in der Lage, die voraussichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus seinem Einkommen aufzubringen. Da Gerichtskosten im vorliegenden Verfahren nicht erhoben werden, beschränken sich die Kosten der Prozessführung im Wesentlichen auf die Gebühren eines Rechtsanwalts. Nach § 3 RVG iVm Nr 3512 VV RVG erhält der Rechtsanwalt im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision vor dem BSG eine Gebühr, die zwischen 80 und 880 Euro liegt. Innerhalb dieser Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers seine Gebühr nach billigem Ermessen (§ 14 Abs 1 RVG ). Bei einem Verfahren durchschnittlichen Umfangs und Schwierigkeitsgrades wird im allgemeinen von der "Mittelgebühr" ausgegangen, die im Beschwerdeverfahren einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer 595 Euro beträgt. Diese voraussichtlichen Kosten vermag der Kläger aus seinem Einkommen zu decken.

Nach der vom Kläger vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der ihr beigefügten Kopie des Rentenanpassungsbescheides zum 1.7.2016 verfügt der Kläger über ein Renteneinkommen wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von ... Euro monatlich. Davon sind die in § 115 Abs 1 ZPO aufgeführten Beträge wie folgt abzuziehen. Der Kläger hat keine abzugsfähigen Beträge, insbesondere keine Wohnkosten, geltend gemacht, sodass nur der persönliche Freibetrag von 468 Euro abzuziehen ist. Grundsätzlich steht auch ausländischen Staatsangehörigen ein Anspruch auf PKH zu, auch wenn sie im Ausland wohnen. Selbst bei in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestehenden Unterschieden hinsichtlich der Lebenshaltungskosten sind grundsätzlich die nach § 115 Abs 1 ZPO maßgebenden Freibeträge anzunehmen. Der Kläger verfügt somit über ein einzusetzendes monatliches Einkommen von (... Euro - 468 Euro =) ... Euro. Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle ... Euro abzurunden (§ 115 Abs 2 S 1 ZPO ). Der Kläger hätte also Raten in Höhe von (... Euro : 2 =) ... Euro (gerundet) zu leisten. PKH kann nicht bewilligt werden, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten voraussichtlich nicht übersteigen. Das ist hier der Fall. Vorliegend würden vier Raten eine Summe von ... Euro ergeben, die voraussichtlichen Kosten würden aber nur 595 Euro betragen.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH muss daher abgelehnt werden. Damit entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 S 1 iVm § 121 Abs 1 ZPO ).

2. Die von dem Kläger selbst verfasste Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften, weil sie nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG ) eingelegt worden ist. Die Beschwerde konnte, worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen worden ist, wirksam nur durch einen beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb der dreimonatigen Beschwerdefrist eingelegt werden.

Die nicht formgerecht eingelegte Beschwerde ist durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ).

Der bislang nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger erleidet dadurch keine Rechtsnachteile. Der Kläger hat die Möglichkeit, nach § 67 SGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen und eine formgerechte Beschwerde durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses einzulegen.

3. Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Rheinland-Pfalz, vom 04.05.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 4 R 306/15
Vorinstanz: SG Speyer, - Vorinstanzaktenzeichen 11 R 763/14