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BFH - Entscheidung vom 25.11.2015

I R 50/14

Normen:
DBA–USA 1989 Art. 14 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2
AO i.d.F. bis zur Änderung durch das ZollkodexAnpG vom 22. Dezember 2014 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5 Nr. 1
DBA–USA 1989 Art. 14 Abs. 1
AO (i.d.F. bis zur Änderung durch das ZollkodexAnpG vom 22.12.2014) § 180 Abs. 5 Nr. 1
DBA–USA 1989 Art. 21 Abs. 2
AO (i.d.F. bis zur Änderung durch das ZollkodexAnpG vom 22.12.2014) § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a)

Fundstellen:
BFHE 253, 52

BFH, Urteil vom 25.11.2015 - Aktenzeichen I R 50/14

DRsp Nr. 2016/7909

Ertragsteuerliche Behandlung der in einer international tätigen Anwaltssozietät erzielten Einkünfte

Nach Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus selbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird und die Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die der natürlichen Person im anderen Staat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung steht. Die hiernach bestimmte Besteuerungszuweisung ist auch bei einer Freiberufler-Personengesellschaft (hier einer als US–LLP organisierten Anwaltssozietät) personenbezogen zu verstehen (sog. Ausübungsmodell). Der jeweilige Gesellschafter muss "seine" Tätigkeit im anderen Vertragsstaat persönlich ausüben und es muss ihm für die Ausübung "seiner" Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung stehen. Eine wechselseitige (Tätigkeits-)Zurechnung zwischen den Gesellschaftern kommt nicht in Betracht.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 30. Juli 2014 1 K 2243/10 aufgehoben.

Die Sache wird an das Finanzgericht München zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Normenkette:

DBA–USA 1989 Art. 14 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2; AO i.d.F. bis zur Änderung durch das ZollkodexAnpG vom 22. Dezember 2014 § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5 Nr. 1 ;

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten über die (abkommensrechtliche) Steuerbefreiung von als "guaranteed payments" (GP) bezeichneten Vergütungen, die die Beigeladenen (zu 1. bis 4.), die sämtlich Rechtsanwälte sind, im Rahmen ihrer Beteiligung an der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin), einer Limited Liability Partnership (LLP) mit Sitz und Geschäftsleitung in New York (USA), bezogen haben.

Die Klägerin ist eine international tätige Anwaltssozietät, an der im Streitjahr insgesamt 131 Rechtsanwälte beteiligt waren und die bereits im Jahr 2001 unter Beteiligung inländischer Partner ein Büro im Inland eröffnet hatte. Im Zuge dessen war der Beigeladene zu 1. —vorbehaltlich anderweitiger, besonderer Bestimmungen–– als "General Partner" aufgenommen worden; er bezog im Streitjahr 2004 eine fixe Gewinnbeteiligung in Höhe von ... US–$.

Im Streitjahr eröffnete die Klägerin ein weiteres deutsches Büro in Y–Stadt. Hierzu nahm sie mit Erklärungen vom 14. Juni 2004 die übrigen Beigeladenen als "General Partner" auf. Auf Vorschlag des Executive Committee —dem Führungsgremium der Klägerin— wurde ihre Vergütung ("Compensation") für den Zeitraum nach Aufnahme im Jahr 2004 und im Jahr 2005 mit fix ... Mio. US–$/jährlich als GP bemessen. Anschließend sollten sie dem normalen Vergütungssystem der Klägerin ("Firm's Compensation System") beitreten.

Vor der Eröffnung des Büros in Y–Stadt und der Aufnahme der Beigeladenen zu 2. bis 4. als Partner hatte die Klägerin unter dem 19. Mai 2004 einen Antrag auf verbindliche Auskunft an den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) gerichtet, in der sie u.a. anfragte, ob für die in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) erzielten Einkünfte aus selbständiger Anwaltstätigkeit das "Zurechnungsprinzip" (in Anlehnung an das "Betriebsstättenprinzip") —im Gegensatz zum "Ausübungsprinzip"— zur Anwendung komme. Die unter dem 9. Juni 2004 erteilte verbindliche Auskunft bestätigte die Anwendung des "Zurechnungsprinzips", wurde aber unter der "Prämisse" erteilt, dass auch in den USA das "Betriebsstättenprinzip" angewendet werde.

Im unter Nachprüfungsvorbehalt stehenden Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2004 vom 7. März 2006 behandelte das FA die von den Beigeladenen bezogenen GP erklärungsgemäß mit Rücksicht auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (BGBl II 1991, 355 , BStBl I 1991, 94 ) —DBA–USA 1989— als steuerfrei, aber dem Progressionsvorbehalt unterliegend.

Eine bei der Klägerin im Jahr 2006 durchgeführte Außenprüfung endete mit der Mitteilung, die Prüfung habe zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt. Wie mit dem Prüfer besprochen, beantragte die Klägerin anschließend wegen hier nicht streitiger Punkte die Änderung der Feststellungen, die das FA im Änderungsbescheid vom 27. März 2007 vornahm.

In einem Bescheid vom 14. März 2008 behandelte das FA die von den Beigeladenen bezogenen GP in vollem Umfang als steuerpflichtig und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Den hiergegen gerichteten Einspruch legte die Klägerin bezüglich der "geänderten Feststellungen" für die Beigeladenen ein und beanstandete in der konkretisierenden Begründung die Annahme der Steuerpflicht der GP.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 11. Juni 2010 verminderte das FA die steuerpflichtigen GP um Teilbeträge und erhöhte im Gegenzug die unter Progressionsvorbehalt steuerfreien Einkünfte. Im Übrigen hielt es an seiner Rechtsauffassung zur Steuerpflicht der GP fest.

Das Finanzgericht (FG) München gab dem Begehren der Klägerin im Urteil vom 30. Juli 2014 1 K 2243/10 statt und sprach eine antragsgemäße Änderung der Feststellungen aus, der es eine Auslegung von Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 i.S. eines "Betriebsstättenprinzips" zugrunde legte.

Gegen das Urteil hat das FA Revision eingelegt. Es rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren beigetreten. Ohne einen Antrag zu stellen hat es sich der Rechtsauffassung des FA angeschlossen.

B.

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). Anders als die Vorinstanz angenommen hat, ist Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 i.S. des sog. "Ausübungsmodells" zu interpretieren. Ob und inwieweit die von den Beigeladenen bezogenen GP auf dieser Basis aus abkommensrechtlichen Gründen —unter Progressionsvorbehalt— von der inländischen Besteuerung freizustellen sind, bedarf abschließender tatrichterlicher Feststellungen.

I. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein Feststellungsverfahren (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 5 Nr. 1 der Abgabenordnung i.d.F. bis zu seiner Änderung durch das Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften —Zollkodexanpassungsgesetz [ZollkodexAnpG]— vom 22. Dezember 2014, BGBl I 2014, 2417 , BStBl I 2015, 58 ) —AO a.F.— durchzuführen ist.

a) Nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. werden die steuerpflichtigen Einkünfte und mit ihnen in Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind und die Einkünfte diesen Personen steuerlich zuzurechnen sind. Diese Voraussetzung liegt u.a. dann vor, wenn es um Einkünfte geht, die im Rahmen einer Personengesellschaft erzielt werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Personengesellschaft nach inländischem oder nach ausländischem Recht errichtet worden ist und ob sich ihre Geschäftsleitung im Inland oder im Ausland befindet (vgl. Senatsurteile vom 24. August 2011 I R 46/10, BFHE 234, 339 , BStBl II 2014, 764 ; vom 24. April 2007 I R 33/06, BFH/NV 2007, 2236 ).

Die Klägerin ist eine US-amerikanische Personengesellschaft, an der mehrere im Inland steuerpflichtige Personen —darunter die Beigeladenen— beteiligt waren, die Einkünfte als Mitunternehmer im Rahmen einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft erzielt haben (vgl. § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AO a.F.). Dass die Klägerin eine solche Mitunternehmerschaft ist, die Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S. der § 18 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2002 ( EStG 2002) erzielt hat, und dass die Beigeladenen hieran als Mitunternehmer beteiligt gewesen sind, ist im insoweit nicht angefochtenen Feststellungsbescheid, in dem die einzelnen Besteuerungsgrundlagen verfahrensrechtlich verselbständigt sind und gegenüber rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten (vgl. nur Urteil des Bundesfinanzhofs —BFH— vom 28. Mai 2015 IV R 26/12, BFHE 249, 536 , BStBl II 2015, 797 ), bestandskräftig festgestellt und bedarf schon von daher keiner weiteren Erörterung.

b) Rechtlich von den Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. zu trennen sind die Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F., die sich auf Einkünfte beziehen, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen von der Bemessungsgrundlage auszunehmen, aber im Rahmen des Progressionsvorbehaltes von Bedeutung sind (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 I R 92/01, BFHE 201, 447 ). Die Feststellung der steuerfreien, aber für den Progressionsvorbehalt bedeutsamen Gewinnanteile der Beigeladenen konnte und musste daher auf dieser Grundlage erfolgen.

c) In der Erhöhung der Feststellungen im Rahmen des § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. durch das FG ist dabei kein Verstoß gegen das finanzprozessuale sog. Verböserungsverbot zu sehen.

Hat bei einer Klage gegen eine gesonderte und einheitliche Feststellung die dem Klagebegehren eines Beteiligten entsprechende Beurteilung eines Geschäftsvorfalls zwangsläufige Auswirkungen auf eine andere, rechtlich verselbständigte Besteuerungsgrundlage, so ist diese im Urteil zu ändern, ohne dass —wenn auch diese Besteuerungsgrundlage Gegenstand des Klagebegehrens ist, die Feststellung insoweit aber zum Nachteil des Klägers geändert wird— gegen das sog. Verböserungsverbot verstoßen würde (vgl. BFH-Urteil vom 20. Januar 2005 IV R 22/03, BFHE 209, 108 , BStBl II 2005, 559 , m.w.N.). Diese Grundsätze gelten jedenfalls dann auch im Hinblick auf das Verhältnis von § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F., wenn —wie im Streitfall— beide Feststellungen in einem Bescheid miteinander verbunden wurden.

Bei der vorliegend streitgegenständlichen Frage nach der Reichweite der Steuerfreistellung liegt der insofern erforderliche Zusammenhang zwischen der —von der Klägerin mitbeantragten— Änderung der Feststellungen nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. und der Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. vor, weil je nach Beurteilung der Steuerbefreiung aufgrund des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entweder eine Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. oder (wegen § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002) nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. zu treffen ist.

d) Der angefochtenen Änderung dieser Feststellungen durch das FA standen weder dessen Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO a.F. im Anschluss an die Außenprüfung noch § 173 Abs. 2 AO a.F. entgegen. Das FA konnte die Änderung ohne Änderungssperre aufgrund des auch nach der Außenprüfung fortbestehenden Vorbehalts der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 , § 181 Abs. 1 Satz 1 AO a.F.) vornehmen. Die Vorinstanz stützt ihre Entscheidung insoweit maßgebend und zutreffend auf die Ausführungen des BFH im Urteil vom 18. August 2009 X R 8/09 (BFH/NV 2010, 161 ; vgl. schon Senatsurteil vom 29. April 1987 I R 118/83, BFHE 149, 508 , BStBl II 1988, 168 ). Da die Beteiligten diesen Punkt im Revisionsverfahren nicht mehr beanstanden, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.

II. In der Sache kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, inwieweit die von den Beigeladenen bezogenen GP in die Feststellungen nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. oder nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. einzubeziehen sind. Es fehlt an dafür notwendiger tatrichterlicher Sachaufklärung.

1. Im Fall einer Freiberufler-Personengesellschaft ist unter "steuerpflichtigen" Einkünften i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO a.F. die Summe der Gewinnanteile i.S. der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 zu verstehen, die in der Person der Mitunternehmer der Personengesellschaft in Deutschland zu versteuern sind. Aus dem Gewinn der Personengesellschaft sind deshalb sowohl die in Deutschland nicht steuerbaren als auch die hier steuerfreien Einkünfte auszuscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Mai 2013 I R 39/11, BFHE 241, 1 , m.w.N.). Die Frage, ob ein Teil des von der Personengesellschaft erzielten Gewinns nicht steuerbar ist, ist dabei aus der Sicht des einzelnen an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmers zu beurteilen (vgl. dazu Senatsurteil in BFHE 201, 447 ).

2. Die Beigeladenen sind sämtlich i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 unbeschränkt und mithin mit ihrem gesamten mitunternehmerischen Gewinnanteil i.S. der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 , § 18 Abs. 4 Satz 2 EStG 2002 einkommensteuerpflichtig (Welteinkommensprinzip). Darunter fallen auch die von den Beigeladenen bezogenen GP, die diese im Rahmen ihrer mitunternehmerischen Beteiligung an der Klägerin bezogen haben und die aus national-rechtlicher Sicht unbeschadet dessen in die Feststellungen einzubeziehen sind, ob man sie —wie das FG— als regulären Gewinnanteil oder als Sondervergütung qualifiziert.

3. In welchem Umfang der Steuerpflicht der von den Beigeladenen bezogenen GP im Streitfall indessen die abkommensrechtliche Freistellungsanordnung in Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA–USA 1989 entgegensteht, lässt sich anhand der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.

a) Für in Deutschland ansässige natürliche Personen sieht Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA–USA 1989 vor, dass —unter dem sich im Streitfall nicht aktualisierenden Vorbehalt von Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Satz 3 sowie Buchst. b DBA–USA 1989— von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer u.a. die Einkünfte aus Quellen in den Vereinigten Staaten ausgenommen werden, die nach diesem Abkommen in den Vereinigten Staaten besteuert werden können. Für diesen Fall darf Deutschland den Progressionsvorbehalt anwenden, was eine Feststellung der Einkunftsteile (nur) im Rahmen des § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO a.F. rechtfertigen würde (vgl. § 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG 2002).

b) Ein solches Besteuerungsrecht der USA ergibt sich im Streitfall dem Grunde nach aus Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989, wonach Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige natürliche Person aus selbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden können, es sei denn, dass die Arbeit im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird und die Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die der natürlichen Person im anderen Staat für die Ausübung ihrer Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung steht.

aa) Die Beigeladenen haben die streitigen Einkünfte im abkommensrechtlichen Sinn aus selbständiger Arbeit erzielt, die nach Art. 14 Abs. 2 DBA–USA 1989 u.a. die selbständige Tätigkeit der Rechtsanwälte umfasst, wie sie die Beigeladenen im Streitjahr ausgeübt haben. Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 ist zudem unbeschadet dessen auf die Beigeladenen anzuwenden, dass sie ihre Gewinnanteile im Rahmen einer Personengesellschaft bezogen haben (Wolff in Wassermeyer, USA Art. 14 Rz 7, 25). Denn die in Deutschland steuerlich transparente Klägerin ist —in Bezug auf die Beigeladenen (vgl. Art. 4 Abs. 1 Halbsatz 2 Buchst. b DBA–USA 1989, s. dazu Senatsurteile vom 20. August 2008 I R 39/07, BFHE 222, 509 , BStBl II 2009, 234 , und vom 20. August 2008 I R 34/08, BFHE 222, 521 , BStBl II 2009, 263 )— mangels abkommensrechtlicher Ansässigkeit nicht selbst abkommensberechtigt und Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 adressiert zudem ausdrücklich nur natürliche Personen.

bb) Die Interpretation des aus Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 abzuleitenden Quellensteuerrechts im Fall einer selbständigen Tätigkeit im Rahmen von Personengesellschaften ist indessen kontrovers.

aaa) Die Vorschrift wird —ebenso wie der im Wortlaut abweichende Art. 14 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens und des Vermögens (OECD–MustAbk) 1995 sowie die hierauf basierenden deutschen Doppelbesteuerungsabkommen— zum Teil parallel zu Art. 7 DBA–USA 1989 (bzw. Art. 7 OECD–MustAbk 1995) i.S. eines "Betriebsstättenmodells" verstanden, infolge dessen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsausübung der einzelnen Gesellschafter eine Zurechnung aller festen Einrichtungen der Personengesellschaft zu allen Gesellschaftern gleichermaßen erfolgt und die Arbeitsausübung der einzelnen Gesellschafter diesen wechselseitig zugerechnet wird (daher zum Teil auch "Zurechnungsmodell", vgl. etwa US-amerikanisches Revenue Ruling 2004–3 vom 17. Februar 2004, Internal Revenue Bulletin 2004-7; Handbook on the 1989 US-German Tax Convention, Art. 14 Rz 106; OECD, Issues Related to Art. 14 OECD Model Tax Convention in Issues in International Taxation 2000 No. 7, Tz. 44, und zu alledem und zur Entwicklung der Verwaltungspraxis Richter in Wassermeyer/Richter/Schnittker, Personengesellschaften im Internationalen Steuerrecht, 2. Aufl., Rz 7.59 ff.; Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 14 Rz 50 f., 77, 81; Kempermann in Gocke/Gosch/Lang [Hrsg.], Körperschaftsteuer, Internationales Steuerrecht, Doppelbesteuerung, Festschrift für Franz Wassermeyer, 2005, S. 333, 339; Urtz in Gassner/Lang/Lechner, Die Betriebstätte im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen , S. 170 ff.; Tcherveniachki in Schönfeld/ Ditz, DBA , Art. 14 a.F. Rz 65; Breuninger, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2002/2003, 500, 507; Krabbe, FinanzRundschau 1995, 692, 693 f.; Rademacher-Gottwald, Besteuerungsprobleme der grenzüberschreitenden Sozietäten von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern, 2001, S. 257; Haiß in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 690; Rautenstrauch in Betriebsstätten-Besteuerung, 2. Aufl., Rz 1558 f.; Kramer, Internationale Wirtschaftsbriefe —IWB—, Fach 10 Gruppe 2, 1688; Mick/Dyckmans in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl., Rz 8.75 ff.; vgl. auch BMF-Schreiben betr. Grundsätze der Verwaltung für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen [Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze] vom 24. Dezember 1999, BStBl I 1999, 1076 , Tz. 6.1). Dem wird entgegengehalten, dass diese Sichtweise den in Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 angelegten Tätigkeitsbezug des Quellensteuerrechts außer Acht lasse (sog. Ausübungsmodell: s. dazu z.B. Wolff in Wassermeyer, USA Art. 14 Rz 37, vgl. Rz 25; Thulfaut, Die Besteuerung international tätiger Anwaltssoziäteten, 2005, passim; Jacob, Handkommentar DBA–USA, 1992, Art. 14 Rz 2; Hemmelrath in Vogel/ Lehner, DBA , 6. Aufl., Art. 14 Rz 30; derselbe in Gestaltung und Analyse in der Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatung von Unternehmen, 1998, 631 ff.; Bödefeld in Gosch/Kroppen/ Grotherr, DBA , Art. 14 OECD–MA Rz 102 ff.; Portner/Bödefeld, IWB Fach 3 Gruppe 3, 1037; Töben, IWB Fach 10 Gruppe 2, 1253; Seer, Die Besteuerung der Anwaltskanzlei, 2001, Rz 106; s.a. Endres in Endres/Jacob/Gohr/Klein, DBA Deutschland/USA, Art. 14 Rz 9 a.E.). Letzterem pflichtet der Senat bei.

bbb) Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 ist in seiner Interpretation als abkommensrechtlicher Vorschrift einer statischen und keiner dynamischen Auslegung unterworfen (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2015 I R 79/13, BFHE 250, 110 , m.w.N.). Eine etwaige Verwaltungspraxis, welche sich bei dem einen oder dem anderen Vertragsstaat oder in beiden Vertragsstaaten erst nach Inkrafttreten eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bildet, kann auf die Auslegung des Abkommens deswegen prinzipiell ebenso wenig zurückwirken, wie Verlautbarungen der OECD in Richtung eines "Betriebsstättenmodells". Ausschlaggebend ist vielmehr stets der Abkommenswortlaut, und dieser ordnet im Fall des Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 eine individualistische Sichtweise an, und das unbeschadet dessen, ob es um einen Einzelpraktizierenden geht oder ob die Tätigkeit, wie im Streitfall, im Rahmen einer Personengesellschaft erfolgt. Der abkommensrechtliche Blick ist ausdrücklich auf die jeweilige natürliche Person und der von dieser ausgeübten Tätigkeit, für die sie die betreffenden Einkünfte bezieht, verengt. Infolge dieser isolierten Betrachtung bezieht jeder Gesellschafter seinen Gewinnanteil ohne Rücksicht auf die gemeinschaftliche Erwirtschaftung des Gesellschaftsgewinns aus der Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit. Das Quellensteuerrecht nach Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 erfordert, dass der jeweilige Gesellschafter (höchst–)persönlich "seine" Tätigkeit im Quellenstaat ausübt und ihm für die Ausübung "seiner" Tätigkeit gewöhnlich eine feste Einrichtung zur Verfügung steht. Eine wechselseitige (Tätigkeits–)Zurechnung sieht die Vorschrift nicht vor —ggf. abweichend von Art. 14 Abs. 1 (und auch von Art. 21 Abs. 2) OECD–MustAbK 1995 und womöglich auch abweichend von Art. 21 DBA–USA 1989 für solche (anderen) Einkünfte, die in den vorstehenden Artikeln des Abkommens nicht behandelt werden und nach dessen Absatz 2 es bei dem strikten Ausübungserfordernis verbleibt, wenn der Einkünfteempfänger im anderen Vertragsstaat eine selbständige Arbeit "durch" eine dort gelegene feste Einrichtung ausübt—, und derartiges lässt sich auch nicht unter Rückgriff auf das internrechtliche Konzept einer Mitunternehmerschaft begründen. Darauf kann im Rahmen der abkommensautonomen Auslegung nicht zurückgegriffen werden; die sog. lex fori-Klausel des Art. 3 Abs. 2 DBA–USA 1989 ist nicht einschlägig, weil der Abkommenszusammenhang es anders erfordert.

ccc) Dem Senatsurteil vom 26. Februar 2014 I R 56/12 (BFHE 245, 143 , BStBl II 2014, 703 ), das unter B.II.3.b ausführt, eine von einer Freiberuflergesellschaft unterhaltene feste Einrichtung werde den Gesellschaftern wie deren feste Einrichtung zugerechnet, ist insoweit nichts Abweichendes zu entnehmen. Die Entscheidung ist zu Art. 14 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Belebung der wirtschaftlichen Beziehungen vom 9. April 1995 (BGBl II 1996, 518 , BStBl I 1996, 588 ) ergangen, dessen —Art. 14 OECD–MustAbk 1995 entsprechende— Fassung mit dem hier streitigen Art. 14 DBA–USA 1989 nicht übereinstimmt.

c) Ein anderes Verständnis von Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 ist der Entscheidung des Streitfalls nicht aufgrund der vom FA unter dem 9. Juni 2004 erteilten verbindlichen Auskunft zugrunde zu legen, weil die darin aufgestellten Voraussetzungen für eine Bindungswirkung nicht erfüllt sind.

Eine verbindliche Auskunft ist als behördliche Erklärung vom Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit entsprechend §§ 133 , 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auszulegen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 18. Dezember 2014 IV R 22/12, BFHE 248, 354 , BStBl II 2015, 606 ).

Nach dem danach maßgeblichen Empfängerhorizont enthält die der Klägerin —anlässlich der Neuaufnahme der Beigeladenen zu 2. bis 4.— erteilte Auskunft zwar die von ihr gewünschte Auslegung von Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 i.S. des dargelegten "Betriebsstättenmodells". Die Auskunft steht aber unter der im Streitfall nicht erfüllten "Prämisse", dass die Beigeladenen in den USA nach dem Betriebsstättenprinzip besteuert werden. Diese "Prämisse" konnte ein verständiger Empfänger nur so verstehen, dass es dem FA darauf ankam, zwischen der deutschen und der US-amerikanischen Besteuerung eine "Entscheidungsharmonie" herzustellen, und zwar —anders als die Klägerin meint— nicht lediglich hinsichtlich der abkommensrechtlichen Einschätzung in den USA, sondern auch hinsichtlich der internrechtlichen Beurteilung und der tatsächlichen Besteuerung der Klägerin bzw. der betroffenen Beigeladenen. Infolgedessen genügt es nicht, dass die Finanzverwaltung der USA, wie das FG festgestellt hat, Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 i.S. eines "Betriebsstättenmodells" verstanden hat. Vielmehr ist maßgebend, dass die Beigeladenen, wie das FG ebenfalls festgehalten hat, aufgrund der besonderen internrechtlichen Vorschriften für nicht in den USA ansässige Partner von Personengesellschaften, die GP bezogen haben, tatsächlich nicht i.S. des "Betriebsstättenmodells" besteuert worden sind, weil die USA insofern entscheidend auf die dortigen Ausübungstage der betreffenden Partner abstellen.

d) Schließlich lässt sich ein abweichendes Ergebnis auch nicht damit begründen, dass, wie die Klägerin vorträgt, alle übrigen Gesellschafter nach dem "Betriebsstättenmodell" besteuert worden seien. Abgesehen davon, dass der angefochtene Bescheid auch insoweit der (Teil–)Bestandskraft fähig und nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, besteht keine Handhabe dafür, diese nach den obigen Darlegungen rechtswidrige Verwaltungspraxis auf die Beigeladenen zu erstrecken.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG ist in der angefochtenen Entscheidung von einem anderen abkommensrechtlichen Verständnis, namentlich dem sog. "Betriebsstättenmodell", ausgegangen. Auf die tatsächliche Arbeitsausübung der Beigeladenen kam es ihm nicht an, sodass entsprechende tragfähige Feststellungen hierzu fehlen. Das FG wird folglich im zweiten Rechtsgang anhand des dargelegten individualistischen Verständnisses von Art. 14 Abs. 1 DBA–USA 1989 für jeden Beigeladenen zu prüfen haben, inwieweit er "seine" Arbeit in den USA ausgeübt hat und seine Einkünfte einer festen Einrichtung zuzurechnen sind, die ihm in den USA für die Ausübung "seiner" Tätigkeit gewöhnlich zur Verfügung stand.

Zur Beantwortung sich daran etwaig anschließender Rechtsfragen, etwa betreffend das Verständnis von Art. 23 Abs. 2 Satz 2 DBA–USA 1989 oder die (rückwirkende) Anwendung von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG 2002 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl I 2006, 2878 , BStBl I 2007, 28 ) besteht derzeit ebenso wenig Veranlassung, wie der Frage danach, ob die Klägerin ihren Gewinn durch Vermögensvergleich nach Maßgabe von § 4 Abs. 1 , § 5 EStG 2002 zu ermitteln hat (vgl. dazu Senatsurteile vom 25. Juni 2014 I R 24/13, BFHE 246, 404 , BStBl II 2015, 141 , und vom 10. Dezember 2014 I R 3/13, BFH/NV 2015, 667 ).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO .

Vorinstanz: FG München, vom 30.07.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 2243/10
Fundstellen
BFHE 253, 52