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BSG - Entscheidung vom 31.07.2014

B 4 AS 204/14 B

BSG, Beschluss vom 31.07.2014 - Aktenzeichen B 4 AS 204/14 B

DRsp Nr. 2014/16850

Der Antrag der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juni 2014 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Kläger begehren im Ausgangsverfahren Überprüfungen von Bescheiden des Beklagten nach § 44 SGB X , mit denen er über Leistungsansprüche der Kläger nach dem SGB II seit dem 1.1.2005 entschieden hat. Der Beklagte lehnte die begehrten Überprüfungen durch Bescheid vom 25.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.4.2010 sowie vom 23.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.10.2011 ab. Zur Begründung führte er auf beide Anträge aus, die Überprüfung habe ergeben, dass die Bescheide nicht zu beanstanden seien. Das SG hat durch Gerichtsbescheide vom 23.4.2013 und 3.7.2013 die Klagen abgewiesen. Das LSG hat die Rechtsstreite zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Berufungen hat es zurückgewiesen (Urteil vom 4.6.2014). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die angefochtenen Überprüfungsbescheide rechtmäßig seien. Der Beklagte sei nicht zur Überprüfung nach § 44 SGB X verpflichtet gewesen. Der Kläger zu 1 habe kein Recht auf eine schranken- und voraussetzungslose Sach- und Rechtsprüfung der seit 1.1.2005 erlassenen Bescheide des Beklagten. Hiergegen haben die Kläger durch Schriftsatz vom 17.6.2014 "Antrag auf alle zulässigen Rechtsmittel" gestellt und als solche ausdrücklich benannt: "Anhörungsrüge, Erinnerung, Gegendarstellung, Zulassung der Revision, Bestleistungsgebot und Fehlerbeseitigungsanspruch". Das LSG hat durch Beschluss vom 26.6.2014 die Anhörungsrüge, die Gegenvorstellung und die Erinnerung des Klägers als unzulässig verworfen sowie den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Alsdann hat das LSG den Schriftsatz des Klägers zu 1 vom 17.6.2014 an das BSG weitergeleitet. Der Senat entnimmt dem Schriftsatz, dass die Kläger auch die Zulassung der Revision gegen das Urteil des LSG und die Bewilligung von PKH für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vor dem BSG begehren.

II

Der zulässige Antrag der Kläger auf Bewilligung von PKH war abzulehnen. Gemäß § 73a Abs 1 SGG iVm § 114 ZPO kann PKH nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier.

Es sind unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers in der ersten und zweiten Instanz sowie des Akteninhalts keine Gründe für eine Zulassung der Revision ersichtlich. Die Revision ist nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ), wenn das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) oder ein Verfahrensfehler geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) sind nicht gegeben. Im Hinblick auf den eingangs umrissenen Streitgegenstand stellen sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die nicht bereits höchstrichterlich entschieden worden sind. Am 13.2.2014 (B 4 AS 22/13 R, SozR 4-1300 § 44 Nr 28, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) hat sich der erkennende Senat ausführlich mit den Anforderungen an ein Überprüfungsbegehren und den daraus folgenden Prüfpflichten des Sozialleistungsträgers auseinandergesetzt. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass dann, wenn die Überprüfung aufgrund eines Antrags des Leistungsberechtigten erfolgt, dieser Antrag zwar grundsätzlich eine Prüfpflicht des Leistungsträgers auslöst. Der Antrag bestimme jedoch zugleich auch den Umfang des Prüfauftrags der Verwaltung im Hinblick darauf, ob bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Aufgrund oder aus Anlass des Antrags müsse sich der Verwaltung im Einzelfall objektiv erschließen, aus welchem Grund - Rechtsfehler und/oder falsche Sachverhaltsgrundlage - nach Auffassung des Leistungsberechtigten eine Überprüfung erfolgen solle. Dazu müsse der Antrag konkretisierbar sein, dh entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Leistungsberechtigten aufgrund konkreter Nachfrage des Sozialleistungsträgers müsse der Umfang des Prüfauftrags für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar werden. Sei dies nicht der Fall, sei der Sozialleistungsträger berechtigt, von einer inhaltlichen Prüfung dieses Antrags abzusehen. Diese Begrenzung des Prüfauftrags der Verwaltung werde durch den Wortlaut, die Gesetzesbegründung sowie den Sinn und Zweck des § 44 SGB X gestützt ( BSG vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - Juris RdNr 13). Es ist nicht erkennbar, dass sich im vorliegenden Fall neue, noch nicht vom BSG beantwortete Fragen zum Prüfauftrag der Verwaltung stellen.

Auch eine Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) ist nicht ersichtlich. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn das Berufungsurteil im Hinblick auf eine konkrete Rechtsfrage eine tragende Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG in dessen rechtlichen Ausführungen enthält. Dabei muss ein abstrakter Rechtssatz aus dem vorinstanzlichen Urteil von einem abstrakten Rechtssatz aus der höchstrichterlichen Entscheidung abweichen und die berufungsgerichtliche Entscheidung muss auf der Divergenz beruhen ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 21, 29, 54, 67). Eine derartige Abweichung ist nach summarischer Prüfung nicht zu erkennen. Das LSG setzt sich mit den Anforderungen im Hinblick auf den Prüfumfang der Verwaltung bei einem Antrag nach § 44 SGB X ausführlich und insbesondere unter Berücksichtigung von Wortlaut, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Vorschrift auseinander. Diese abstrakten Ausführungen divergieren nicht mit denen des BSG in der zuvor benannten Entscheidung. Auf das Ergebnis im konkreten Fall kommt es bei der Divergenzrüge hingegen insoweit nicht an, als es unerheblich ist, ob der Fall der Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG anders zu beurteilen wäre. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das Berufungsurteil nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst dann, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Dies ist hier nicht der Fall.

Ebenso wenig ist erkennbar, dass ein Prozessbevollmächtigter in der Lage sein könnte, einen Verfahrensfehler des LSG (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) darzulegen. Dies betrifft insbesondere die "Beiladungsersuchen" der Kläger und die Einbeziehung der Kläger zu 2 und 3 in den Rechtsstreit. Den Ausführungen der Vorinstanz ist insoweit kein verfahrensfehlerhaftes Vorgehen entgegenzuhalten.

Da den Klägern PKH nicht zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Die Nichtzulassungsbeschwerde war - aus den zuvor dargelegten Gründen - ohne die Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Berlin-Brandenburg, vom 04.06.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 34 AS 1301/13
Vorinstanz: SG Berlin, - Vorinstanzaktenzeichen 103 AS 12915/10