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BGH - Entscheidung vom 03.03.2014

II ZR 244/13

Normen:
HGB § 171 Abs. 1
HGB § 172 Abs. 4

BGH, Beschluss vom 03.03.2014 - Aktenzeichen II ZR 244/13

DRsp Nr. 2014/4623

Verstoß einer Inanspruchnahme der Kommanditisten einer KG gegen eine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht

Nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache entspricht es billigem Ermessen gemäß § 91a ZPO , der Partei die Kosten aufzuerlegen, die ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre.

Tenor

1.

Der auf den 18. März 2014 bestimmte Verkündungstermin wird aufgehoben.

2.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.

3.

Streitwert: 17.767,39 €

Normenkette:

HGB § 171 Abs. 1 ; HGB § 172 Abs. 4 ;

Gründe

I. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesellschafterin sowie Darlehensgeberin der im Jahr 1992 gegründeten "E. KG (GmbH & Co.)" (im Folgenden: KG), einer Publikumsgesellschaft, deren Zweck die Vermietung einer von ihr erworbenen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der KG als Kommanditist beteiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst Verlustzuweisungen und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige Ausschüttungen. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren Kommanditisten in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüttungen wegen Darlehenszinsverbindlichkeiten der KG in Anspruch.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der KG ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200 Mio. DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die KG in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der KG zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22. März/15. Juni 2004 ein Folgedarlehen in Höhe von 35 Mio. €, mit dem die noch offene Teilforderung aus dem ersten Darlehen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs- und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die KG ihre Kommanditisten auf, die erhaltenen Ausschüttungen zurückzuzahlen, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.

Nach der Behauptung der Klägerin besteht eine Verbindlichkeit der KG in Höhe von 500.000 €. Hierbei handele es sich um von den Stundungsvereinbarungen ausgenommene Darlehenszinsen für den Zeitraum 2. Juli 2010 bis 30. August 2011. Von dem Beklagten werde ein letztstelliger Teilbetrag der im August 2011 aufgelaufenen Zinsen verlangt.

Die auf Zahlung von 17.767,39 € gerichtete Klage blieb in beiden Instanzen erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Nachdem der Beklagte in der Revisionsinstanz die Hauptforderung in Höhe von 17.767,39 € nebst Zinsen in Höhe von 2.274 €, mithin 20.041,39 € ausgeglichen hat, haben beide Parteien die Hauptsache für erledigt erklärt. Sie stellen nunmehr wechselseitige Kostenanträge.

II. Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt zur Auferlegung der Kosten auf den Beklagten, da er ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach mit der Kostenfolge der § 91 Abs. 1 , § 101 Abs. 1 ZPO unterlegen wäre.

Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Oktober 2013 in einem Parallelverfahren ( II ZR 310/12, ZIP 2013, 2305) im Einzelnen dargelegt hat, ist § 3 Nr. 7 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags (nur) im Sinne einer Klarstellung auszulegen, dass die Kommanditisten lediglich in Höhe ihrer Einlagen haften und keine von § 161 Abs. 2 , § 105 Abs. 3 HGB , § 707 BGB abweichende Vereinbarung einer Nachschusspflicht getroffen wurde. Ansprüche eines Gesellschafter-Gläubigers gegen seine Mitgesellschafter aus § 171 Abs. 1 , § 172 Abs. 4 HGB sind entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht durch die Regelung nicht ausgeschlossen, ohne dass insoweit Zweifel im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB bestehen würden. Die Klägerin ist auch nicht verpflichtet, zunächst die KG in Anspruch zu nehmen, bevor sie ihre Drittgläubigerforderung gegen die Kommanditisten geltend macht. Schließlich verstößt sie mit der Inanspruchnahme der Kommanditisten nicht gegen ihre gesellschaftsrechtliche Treuepflicht.

Zwar hatte das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin unter Berücksichtigung eingegangener Zahlungen der Mitkommanditisten eine fällige Forderung gegen die KG in Höhe der Klageforderung zustand und der Beklagte Ausschüttungen in entsprechender Höhe erhalten hatte, die seine persönliche Haftung gemäß § 171 Abs. 1 , § 172 Abs. 4 HGB wieder aufleben ließen, so dass der Rechtsstreit im Falle der streitigen Entscheidung durch das Revisionsgericht an das Berufungsgericht zurückzuverweisen gewesen wäre. Es ist jedoch auch ohne diese Feststellungen schon aufgrund der unstreitigen Darlehensforderung in Millionenhöhe und der hierauf anfallenden Zinsen, von denen jederzeit weitere Teile hätten fällig gestellt werden können, davon auszugehen, dass der Klägerin der Nachweis einer Forderung gegen die KG in dem zurückverwiesenen Verfahren gelungen wäre. Dafür, dass der Beklagte Ausschüttungen erhalten hat, spricht schon, dass er die geltend gemachte Forderung nebst Zinsen zwischenzeitlich vollumfänglich erfüllt hat.

Vorinstanz: LG Hamburg, vom 04.04.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 329 O 206/11
Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 21.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 11 U 64/12