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BGH - Entscheidung vom 28.11.2014

BLw 4/13

Normen:
GrdStVG § 9 Abs. 1 Nr. 1
GrdStVG § 9 Abs. 1 Nr. 1

Fundstellen:
AUR 2015, 221
NJW-RR 2015, 855
NotBZ 2015, 194

BGH, Beschluss vom 28.11.2014 - Aktenzeichen BLw 4/13

DRsp Nr. 2015/4072

Versagung einer Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks

a) Vorhandenes Eigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken reicht nicht aus, um den Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden auf Seiten des Erwerbers auszuräumen; das gilt vor allem bei einem Nichtlandwirt, aber auch bei einem Landwirt, der ohne Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb Flächen erwirbt.b) Der Erwerb von Flächen für den Aufbau eines neuen landwirtschaftlichen Betriebs kann den Versagungsgrund nur ausräumen, wenn der Erwerber konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten zur Aufnahme des neuen Betriebs verfolgt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hat; dies gilt für Nichtlandwirte und Landwirte gleichermaßen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 und 4 wird der Beschluss des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Rostock vom 24. Juni 2013 aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neubrandenburg - Landwirtschaftsgericht - vom 16. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die in den Rechtsmittelverfahren angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 3 und 4 tragen die Beteiligten zu 1 und 2. Im Übrigen findet keine Erstattung außergerichtlicher Kosten statt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 7.100 €.

Normenkette:

GrdStVG § 9 Abs. 1 Nr. 1;

Gründe

I.

Mit notariellem Vertrag vom 19. Mai 2011 verkaufte die Beteiligte zu 1 nach vorheriger Ausschreibung ein knapp 2,7 ha großes landwirtschaftliches Grundstück in F. (Mecklenburg-Vorpommern) zu einem Preis von 7.100 € an den Beteiligten zu 2, der bislang in I. (Bayern) einen Weinbaubetrieb führt, diesen aber aufgeben will.

Auf den Genehmigungsantrag nach dem Grundstücksverkehrsgesetz verlängerte die Genehmigungsbehörde die Entscheidungsfrist auf drei Monate. Die Beteiligte zu 3 (Siedlungsunternehmen) übte das siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht im Hinblick auf einen Erwerbsinteressenten aus, der das Vertragsgrundstück bis Ende September 2010 als Nebenerwerbslandwirt gepachtet, sich jedoch an der Ausschreibung nicht beteiligt hatte. Mit Bescheid vom 13. September 2011 teilte die Genehmigungsbehörde den Vertragsbeteiligten die Ausübung des Vorkaufsrechts mit.

Dagegen haben die Beteiligten zu 1 und 2 gerichtliche Entscheidung beantragt. Das Amtsgericht (Landwirtschaftsgericht) hat die Anträge zurückgewiesen. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Oberlandesgericht (Senat für Landwirtschaftssachen) den Bescheid vom 13. September 2011 aufgehoben und festgestellt, dass das Vorkaufsrecht nicht wirksam ausgeübt worden sei und der Kaufvertrag als genehmigt gelte. Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde wollen die Beteiligten zu 3 und 4 (die der Genehmigungsbehörde übergeordnete Behörde) die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Die Beteiligte zu 1 beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

II.

Nach Auffassung des Beschwerdegerichts hätte dem Kaufvertrag die Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz nicht versagt werden dürfen. Denn eine Versagung setze voraus, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden bedeute. Das sei etwa bei der Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks an einen Nichtlandwirt der Fall, wenn die Fläche von einem Landwirt zur Aufstockung seines Betriebs benötigt werde. So liege es hier nicht. Der Beteiligte zu 2 sei ausgebildeter Vollerwerbslandwirt. Dass das Kaufgrundstück rund 700 km von seinem Hof entfernt liege, stehe dem nicht entgegen. Soweit früher beim Erwerb durch auswärtige Landwirte eine Genehmigung mit der Begründung abgelehnt worden sei, dass sich das Grundstück bei allzu großer Entfernung vom Hof nicht mehr bewirtschaften lasse, sei das auf heutige Verhältnisse nicht mehr anwendbar. So sei der Abschluss von Bewirtschaftungsverträgen mit Lohnunternehmern heute üblich und anerkannt. Aufgrund moderner Verkehrs- und Kommunikationsmittel sei die Entfernung zwischen Betrieb und zu bewirtschaftender Fläche kein unüberwindbares Hindernis mehr. Ein Rentabilitätsnachweis - insbesondere durch Vorlage eines Betriebskonzepts - sei nicht erforderlich. Das gelte zumindest beim auswärtigen Vollerwerbslandwirt, der auf das Einkommen aus Landwirtschaft angewiesen sei. Hier erübrige sich eine weitere Prüfung der Rentabilität, weil sie auf eine ungewollte Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs hinauslaufe. Es sei nicht Aufgabe des Genehmigungsverfahrens, auswärtige Konkurrenten zu Gunsten ortsansässiger Landwirte fernzuhalten.

III.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Soweit das Beschwerdegericht den zwischen den Beteiligten zu 1 und 2 geschlossenen Kaufvertrag für genehmigungsfähig erachtet, hält das rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG darf die Genehmigung zur Veräußerung eines landwirtschaftlichen Grundstücks versagt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die Veräußerung eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens bedeutete. Nach Absatz 2 der Vorschrift liegt eine ungesunde Bodenverteilung dann vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Derartige Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Schaffung und die Erhaltung selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ab. Da Grund und Boden in der Land- und Forstwirtschaft der maßgebende Produktionsfaktor sind, aber nicht in unbeschränktem Umfang zur Verfügung stehen, soll der vorhandene landwirtschaftliche Grundbesitz in erster Linie den Landwirten zugute kommen und vorbehalten bleiben, die ihn selbst bewirtschaften. Dementsprechend liegt eine ungesunde Bodenverteilung in der Regel dann vor, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Landwirt das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist, die Fläche zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 9 f. mwN).

b) Zwar liegt hier keine Veräußerung an einen Nichtlandwirt vor; der Beteiligte zu 2 ist vielmehr Haupterwerbslandwirt. Der Erwerb durch einen Landwirt schließt aber den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG nicht schlechthin aus. Erforderlich ist vielmehr weiter, dass der Grundstückserwerb im Zusammenhang mit dem von dem Erwerber unterhaltenen landwirtschaftlichen Betrieb steht. Denn bei der Auslegung des § 9 Abs. 1 GrdstVG ist zu berücksichtigen, dass die Genehmigungspflicht dem agrarpolitischen Ziel dient, leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe zu fördern und zu schaffen (vgl. Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 22; Beschluss vom 6. Juli 1990 - BLw 8/88, BGHZ 112, 86 , 91; Beschluss vom 9. Mai 1985 - BLw 8/84, BGHZ 94, 292 , 296 f.).

aa) Vor diesem Hintergrund ist nicht allein darauf abzustellen, ob der Erwerber einen landwirtschaftlichen Betrieb führt; vielmehr muss der Erwerb auch eine Verbindung zu diesem landwirtschaftlichen Betrieb aufweisen. Hingegen ist ein Landwirt, der Flächen allein als Kapitalanlage oder auf Vorrat erwirbt, mit Blick auf diesen Erwerb einem Nichtlandwirt gleichzustellen. Vorhandenes Eigentum an landwirtschaftlichen Grundstücken reicht nicht aus, um den Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden auf Seiten des Erwerbers auszuräumen; das gilt vor allem beim Nichtlandwirt (vgl. dazu Senat, Beschlüsse vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 12 und vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 23), aber auch bei einem Landwirt, der ohne Zusammenhang mit seinem landwirtschaftlichen Betrieb Flächen erwirbt (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juni 1961 - V BLw 20/60, RdL 1961, 229, 230).

bb) Der danach erforderliche Zusammenhang zwischen dem landwirtschaftlichen Betrieb und dem Grundstückserwerb setzt voraus, dass der Erwerb im Rahmen des Betriebs erfolgt. Das schließt zwar nicht aus, einen bestehenden Betrieb durch den Zuerwerb von Flächen um neue Bewirtschaftungsarten zu erweitern. So verhält es sich aber nicht, wenn der Erwerb keine innere Verbindung mit dem bisherigen Betrieb aufweist, sondern anderen Zwecken dienen soll, etwa dem Aufbau eines vollständig neuen Betriebs (OLG Naumburg, NLBzAR 2012, 376 Rn. 26; anders OLG Koblenz, AgrarR 1990, 317, 319; Pikalo/Bendel, GrdstVG , 1963, S. 560).

cc) Nach diesem Maßstab ist der Beteiligte zu 2 hier - entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts - einem Nichtlandwirt gleichzustellen. Es fehlt an einem sachlichen Zusammenhang zwischen Grundstückserwerb und bisherigem Betrieb. Der Beteiligte zu 2 will das Grundstück nicht für seinen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb erwerben, sondern für einen geplanten neuen Betrieb. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts will er seinen bisherigen Weinbaubetrieb zeitnah aufgeben. Er hat in mehreren ostdeutschen Bundesländern landwirtschaftliche Grundstücke erworben, die er nach seinen Angaben zum Teil verpachtet hat und zum Teil durch Lohnunternehmer bewirtschaften lässt. Im Genehmigungsverfahren hat er ausgeführt, er plane, in nächster Zeit entweder in Brandenburg oder in Mecklenburg-Vorpommern eine neue Hofstelle einzurichten.

2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.

a) Der Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG ist nicht durch hinreichend konkrete Pläne des Beteiligten zu 2 für den Aufbau des neuen landwirtschaftlichen Betriebs ausgeräumt.

aa) Um den sonst aus dem Erwerbsinteresse und dem Aufstockungsbedarf eines anderen Landwirts begründeten Versagungsgrund entfallen zu lassen, wäre es erforderlich, dass der Beteiligte zu 2 über konkrete und in absehbarer Zeit zu verwirklichende Absichten zur Aufnahme des neuen landwirtschaftlichen Betriebs verfügt und bereits entsprechende Vorkehrungen getroffen hätte (vgl. für einen geplanten Ortswechsel des Betriebs auch OLG Karlsruhe, RdL 1974, 192, 193; RdL 1974, 132, 133 [dort jeweils konkrete Absichten bejahend]). Insoweit gilt im Grundsatz dasselbe wie für die Prüfung einer von einem Nichtlandwirt vorgetragenen Absicht künftiger Erwerbstätigkeit in der Landwirtschaft. Unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht aus (vgl. zum Nichtlandwirt Senat, Beschluss vom 26. November 2010 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 13 mwN; Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 35). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts (Senat, Beschluss vom 28. April 2006 - BLw 32/05, NJW-RR 2006, 1245 Rn. 22).

bb) Hinreichend konkrete Absichten und Vorkehrungen des Beteiligten zu 2 zur Gründung eines neuen Betriebs bestanden nicht. Zwar hat das Beschwerdegericht diese Frage - von seinem rechtlichen Ausgangspunkt folgerichtig - nicht ausdrücklich geprüft. Nach den vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts hat der Beteiligte zu 2 aber im Genehmigungsverfahren auf Nachfrage der Genehmigungsbehörde seine allgemeinen Planungen nicht weiter konkretisiert, insbesondere weder ein Betriebskonzept vorgelegt noch einen Ort für die zukünftige Betriebsstelle genannt.

b) Auch ist ein sonstiger Erwerbsinteressent vorhanden.

aa) Der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch einen Nichtlandwirt (oder einen Landwirt, der - wie hier einem Nichtlandwirt gleichsteht) stellt nur dann eine ungesunde Bodenverteilung dar, wenn er in Konkurrenz zu dem Erwerbsinteresse eines Landwirts tritt, der das Grundstück zur Aufstockung seines Betriebes dringend benötigt. Diese Voraussetzung für eine Versagung der Genehmigung ist von dem Gericht auch in den Fällen zu prüfen, in denen - wie hier - das Volllandwirten grundsätzlich gleichgestellte Siedlungsunternehmen das gesetzliche Vorkaufsrecht ausgeübt hat (Senat, Beschluss vom 26. November 2011 - BLw 14/09, NJW-RR 2011, 521 Rn. 14 mwN).

bb) Ein solches Erwerbsinteresse bejaht das Beschwerdegericht ohne Rechtsfehler. Nach seinen Feststellungen handelt es sich bei dem von der Beteiligten zu 3 benannten Interessenten um einen leistungsfähigen, aufstockungsbedürftigen Nebenerwerbslandwirt. Dieser ist auch zum Erwerb bereit. Die dagegen erhobene Gegenrüge der Beteiligten zu 1 greift nicht durch. Zwar weist sie zutreffend darauf hin, dass auch insoweit der Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts maßgeblich ist, hier also Mitte September 2011. Dass sich das Beschwerdegericht vor allem auf das Kaufangebot des Erwerbsinteressenten vom 17. November 2011 stützt, ist jedoch unschädlich. Denn nach den von dem Beschwerdegericht in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts war der Erwerbsinteressent bereits seit 2006 kaufwillig und hatte zuletzt im August 2011 einen Kaufantrag an die Beteiligte zu 1 gerichtet. Ein früherer Erwerb war lediglich an den unterschiedlichen Preisvorstellungen beider Seiten gescheitert. Das war nach der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung auch der Grund, weshalb der Erwerbsinteressent sich nicht an der Ausschreibung des Grundstücks beteiligt hatte.

IV.

Der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts war daher aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da es weiterer Feststellungen nicht bedarf. Das führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts, das zu Recht einen Versagungsgrund nach § 9 GrdstVG angenommen und deshalb die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 im Einwendungsverfahren nach § 10 RSG zurückgewiesen hat.

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44 , 45 LwVG . Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 1 , § 37 LwVG .

Vorinstanz: AG Neubrandenburg, vom 16.11.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 5 XV 22/11
Vorinstanz: OLG Rostock, vom 24.06.2013 - Vorinstanzaktenzeichen XV 4/12
Fundstellen
AUR 2015, 221
NJW-RR 2015, 855
NotBZ 2015, 194