Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 17.07.2014

III ZR 514/13

Normen:
ZPO § 142
BNotO § 18
BNotO § 19
BNotO § 23
ZPO § 142 Abs. 1
BNotO § 14 Abs. 2
BNotO § 18
BNotO § 19
BeurkG § 54a
BeurkG § 54d Nr. 1

Fundstellen:
DB 2014, 1926
DNotZ 2014, 837
MDR 2014, 1341
VersR 2015, 71
WM 2014, 1611

BGH, Urteil vom 17.07.2014 - Aktenzeichen III ZR 514/13

DRsp Nr. 2014/12553

Berücksichtigung der Verschwiegenheitspflichten eines Notars bei der Ermessensausübung bzgl. Anordnung der Vorlage von Notarakten

a) Zur Berücksichtigung der Verschwiegenheitspflichten eines Notars bei der Ermessensausübung nach § 142 Abs. 1 ZPO betreffend die Anordnung der Vorlage von Notarakten.b) Zur Reichweite des Schutzzwecks der notariellen Pflichten aus einem anlässlich des Vollzugs eines Grundstückskaufvertrags begründeten Treuhandverhältnis hinsichtlich der für die Abwicklung eines anschließenden Weiterverkaufs begründeten Treuhandverhältnisse.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts vom 1. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

ZPO § 142 Abs. 1 ; BNotO § 14 Abs. 2 ; BNotO § 18 ; BNotO § 19 ; BeurkG § 54a; BeurkG § 54d Nr. 1 ;

Tatbestand

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzungen.

Die Klägerin finanzierte den Erwerb zweier Eigentumswohnungen auf Käuferseite für die Eheleute H. . Zum Erwerb dieser Eigentumswohnungen gaben die Eheleute H. am 19. Juni 2008 vor dem Notar G. ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages zu einem Gesamtkaufpreis von 235.000 € ab. Am 1. Juli 2008 beurkundete der Beklagte die Annahmeerklärung des Verkäufers K. . Der Beklagte wurde mit dem Vollzug des Kaufvertrags beauftragt.

Der Verkäufer K. hatte die Eigentumswohnungen seinerseits aufgrund der Kaufverträge vom 1. Oktober 2007 von den Voreigentümern zum Preis von 43.500 € sowie 40.000 € erworben. Die Beurkundung dieser Verträge war von dem amtlich bestellten Vertreter des Beklagten vorgenommen worden. Mit dem Vollzug dieser Verträge war ebenfalls der Beklagte beauftragt worden.

Seit Januar 2008 war jede der Eigentumswohnungen mit einer Grundschuld in Höhe von 48.000 € beziehungsweise 44.000 € belastet, die nach der Behauptung des Beklagten der Finanzierung des vom Verkäufer K. aufzubringenden Kaufpreises dienten. Die Anträge auf Eigentumsumschreibung der Eigentumswohnungen auf den Verkäufer K. stellte der Beklagte am 1. August und am 6. Oktober 2008. Die Eintragungen wurden am 3. und 5. November 2008 im Grundbuch vorgenommen.

Die voreingetragenen Grundschulden wurden auf den Löschungsantrag des Beklagten vom 23. Oktober 2008 am 5. November 2008 unter Verwendung der Löschungsbewilligung des Grundschuldgläubigers der Vorlasten vom 13. Dezember 2007 im Grundbuch gelöscht.

Die Klägerin ermittelte am 8. September 2008 den Beleihungswert der Immobilien und kam bei einem Marktwert von 235.000 € auf einen Betrag von 228.000 €. Eine Innenbesichtigung der Wohnung fand hierbei nicht statt.

Das Finanzierungsdarlehen zur Zahlung des Kaufpreises aus dem Vertrag zwischen den Eheleuten H. und dem Verkäufer K. in Höhe von 232.500 € wurde von der Klägerin auf ein Notaranderkonto des Beklagten gezahlt. Voraussetzung für Verfügungen über die Darlehensvaluta war nach dem Treuhandauftrag der Klägerin vom 10. Oktober 2008, dass die Eintragung einer zugunsten der Klägerin zu bestellenden Grundschuld sichergestellt war. Dies sollte gegeben sein, wenn unter anderem der Beklagte beim Grundbuchamt die Urkunde zur Bestellung der Grundschuld vorgelegt und den Eintragungsantrag auch im Namen der Klägerin gestellt hatte, sämtliche Unterlagen zur Bereitstellung des verlangten Ranges der Grundschuld dem Beklagten zur Verfügung standen, wobei der Gebrauch der Unterlagen spätestens Zug um Zug gegen Zahlung der Ablösebeträge gestattet sein musste, sonstige Eintragungen, die die Grundschuld beeinträchtigen konnten, nicht vorlagen, und der Kaufpreis vollständig hinterlegt war.

Die Grundschuld zugunsten der Klägerin wurde von dem Beklagten am 17. September 2008 unter Ausnutzung einer Belastungsvollmacht des Verkäufers K. mit entsprechender Rangrücktrittserklärung bestellt. Der Beklagte reichte die Grundschuldbestellungsurkunde am 6. Oktober 2008 beim Grundbuchamt ein, wobei er den Eintragungsantrag auch im Namen der Klägerin stellte.

Am 14. Oktober 2008 wurde der eigene Kaufpreisanteil der Eheleute H. in Höhe von 2.500 € unter ihrem Namen auf das Notaranderkonto des Beklagten eingezahlt.

Die Auflassungsvormerkung zugunsten der Käufer sowie die Grundschuld zugunsten der Klägerin wurden bei gleichzeitiger Löschung der Vorlasten am 5. November 2008 im Grundbuch eingetragen.

Ausweislich der Einträge im Massenbuch verfügte der Beklagte am 17. Oktober 2008 über die auf dem Notaranderkonto verwahrten Beträge. Hierbei überwies er 1.410,54 €, 1.607,27 € sowie 3.000 € (Ziffer 3, 4 und 5 des Massenbuchs) mit der Bezeichnung des Auftraggebers beziehungsweise Empfängers an "R. K. ... Notariatsgebühren u. Gerichtskosten für T. K. gem. Anweisung". Weitere Beträge in Höhe von 10.000 € sowie 44.000 € und 48.000 € (Ziffer 6, 8 und 9 des Massenbuchs) überwies der Beklagte an "R. K. ... Rückzahlung eines Teildarlehensbetrages für T. K. gem. Anweisung". Den Restkaufpreis zahlte der Beklagte an den Verkäufer K. aus.

In der Folgezeit wurde der Darlehensvertrag der Klägerin mit den Eheleuten H. nach Zahlungsverzug gekündigt. Die Klägerin erzielte aus der Zwangsversteigerung der Eigentumswohnungen einen Erlös in Höhe von 50.810,37 €.

Die Klägerin macht gegen den Beklagten Schadensersatz geltend, weil dieser gegen seine Pflichten aus dem Verwahrungsverhältnis gemäß § 23 BNotO verstoßen habe. Die Voraussetzungen für die Verfügung über den von der Klägerin auf das Notaranderkonto eingezahlten Betrag seien noch nicht erfüllt gewesen. Darüber hinaus habe der Beklagte an indirekten Kick-back-Zahlungen zu Lasten der Klägerin mitgewirkt. Bei den Zahlungen gemäß Ziffer 3, 4 und 5 des Massenverzeichnisses handele es sich um Erwerbsnebenkosten des von der Klägerin finanzierten Kaufvertrags, die die Eheleute H. als Käufer hätten zahlen müssen. Im Übrigen habe der Beklagte die sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises gekannt oder hätte kennen müssen. Es liege deshalb auch ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO , § 54d BeurkG vor.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat, soweit für die Revision von Bedeutung, ausgeführt, dass eine Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht festgestellt werden könne und deshalb Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten nach § 19 BNotO nicht bestünden.

Eine Verletzung des Treuhandauftrags der Klägerin liege nicht vor. Die von ihr formulierten Voraussetzungen für eine Verfügung über den von der Klägerin auf das Notaranderkonto eingezahlten Betrag seien im Zeitpunkt der vorgenommenen Auszahlungen erfüllt gewesen. Insbesondere habe der Umstand, dass im Grundbuch noch die Voreigentümer eingetragen gewesen seien, weil der Zwischenerwerber K. erst am 3. beziehungsweise 5. November 2008 eingetragen worden sei, die Bestellung der Grundschuld für die Klägerin nicht beeinträchtigt. Der Beklagte habe die Anträge zur Eigentumsumschreibung auf den Zwischenerwerber K. bereits am 1. August 2008 sowie am 6. Oktober 2008 gestellt. Zwar habe er von den ihm vorliegenden Eintragungsunterlagen nach § 7 des Ankaufsvertrages vom 1. Oktober 2007 nur dann Gebrauch machen dürfen, wenn der Ankaufspreis vollständig belegt sei. Die Auszahlung des Ankaufspreises sei jedoch bereits am 2. Januar 2008 erfolgt. Ihre entgegenstehende Behauptung, der Ankaufspreis sei erst aus ihrem den Eheleuten H. gewährten Finanzierungsdarlehen gezahlt worden, habe die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin nicht in erheblicher Weise unter Beweis gestellt. Zwar sei der Klägerin zuzugeben, dass es Sache der Gegenpartei sein könne, sich zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei konkret zu äußern. Vorliegend stehe jedoch im Spannungsverhältnis hierzu die notarielle Verschwiegenheitspflicht nach § 18 BNotO . Danach sei der Beklagte über die Vorgänge aus dem Treuhandverhältnis zwischen dem Vorverkäufer und dem Zwischenverkäufer K. zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zwar würden notarielle Verschwiegenheitspflichten nicht ausnahmslos gelten und könnten beispielsweise im Rahmen einer Güter- und Pflichtenabwägung durch die notarielle Aufklärungspflicht zur Schadensverhütung eingeschränkt werden. Auch trete die Schweigepflicht hinter der Pflicht zurück, dem Unrecht zu wehren. Die Voraussetzungen dafür lägen jedoch nicht vor. Eine Einschränkung der Schweigepflicht könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass ein Notar, der von einem Beteiligten wegen einer Amtspflichtverletzung gemäß § 19 BNotO in Anspruch genommen werde, im Rahmen der Wahrnehmung eigener Interessen zu einem Verteidigungsvorbringen berechtigt sei, ohne hierbei den Beteiligten gegenüber durch die notarielle Verschwiegenheitspflicht gemäß § 18 BNotO beschränkt zu sein. Ein Notar dürfe das ihm Anvertraute nur offenbaren, soweit es für seine Verteidigung erforderlich sei. Mit seinem Vortrag, die Auszahlung des Ankaufspreises sei bereits am 2. Januar 2008 erfolgt, sei der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast unter Berücksichtigung der den weiteren Beteiligten gegenüber bestehenden Schweigepflicht nachgekommen. Die Klägerin sei auch nicht schutzlos gestellt, da sie sich an die Voreigentümer halten, diese um eine Aufklärung der Umstände der Zahlung des Ankaufspreises oder aber um Entbindung des Beklagten von seiner Schweigepflicht bitten könne.

Eine Vorlage der den Verfügungen vom Notaranderkonto zugrunde liegenden Anweisungen oder auch der gesamten Notarnebenakten des Beklagten gemäß § 142 Abs. 1 ZPO , wie von der Klägerin beantragt, komme vorliegend nicht in Betracht. Im Rahmen des durch diese Vorschrift eingeräumten Ermessens sei die den Beklagten bindende notarielle Verschwiegenheitspflicht aus § 18 BNotO zu berücksichtigen. Das Gericht habe der Verschwiegenheitspflicht des Beklagten aus § 18 BNotO den Vorrang gegenüber dem prozessualen Aufklärungsinteresse der Klägerin gegeben und deshalb von einer Vorlegungsanordnung abgesehen.

Als Voraussetzung für die Auszahlung habe es auch nicht an der Sicherstellung der Eintragung der Grundschuld gefehlt. Der Umstand, dass im Zeitpunkt der Bestellung und auch der Beantragung der Eintragung der Grundschuld ins Grundbuch noch die Voreigentümer und nicht der Verkäufer K. als Eigentümer eingetragen gewesen sei, habe die wirksame Entstehung der Grundschuld nicht verhindern können. Auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte von den Belastungsvollmachten der Voreigentümer aus den Ankaufsverträgen vom 1. Oktober 2007 habe Gebrauch machen dürfen, komme es nicht an, da die Bestellung der Grundschuld wie auch der Eintragungsantrag allein unter Ausnutzung der Belastungsvollmacht des Verkäufers aus der Urkunde mit der Erklärung des Kaufangebots vom 19. Juni 2008 erfolgt sei, nicht aber unter Bezugnahme auf die Belastungsvollmacht der Voreigentümer. Schließlich sei auch der von den Käufern H. zu hinterlegende Kaufpreisanteil in Höhe von 2.500 € rechtzeitig eingezahlt gewesen.

Auch ein Verstoß gegen § 54d BeurkG könne dem Beklagten nicht vorgeworfen werden. Nach dieser Vorschrift habe ein verwahrender Notar von einer Auszahlung abzusehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung einer Weisung an der Erreichung unerlaubter und unredlicher Zwecke mitwirken würde, oder einem Auftraggeber durch die Auszahlung ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar drohe. Die Voraussetzungen habe die Klägerin zwar behauptet, aber nicht unter Beweis zu stellen vermocht. Auch für die von der Klägerin eingewandten indirekten Kick-back-Zahlungen gemäß Ziffer 3, 4 und 5 des Massenverzeichnisses, weil es sich um Erwerbsnebenkosten des von der Klägerin finanzierten Verkaufsvertrags handele, die nach der Regelung im Vertrag die Käufer hätten zahlen sollen, nunmehr aber aus der hinterlegten Summe geleistet worden seien, seien Anhaltspunkte nicht ersichtlich und die Behauptung nicht in erheblicher Weise unter Beweis gestellt. Insoweit sei dem Antrag der Klägerin nicht zu folgen gewesen, den Beklagten gemäß § 142 Abs. 1 ZPO die Vorlage der Auszahlungsanweisung aufzugeben. Die Verfügungen hinsichtlich der Begleichung von Notarkosten an den Beklagten seien auch nicht gemäß § 54b Abs. 3 Satz 8 BeurkG unzulässig. Die von der Klägerin behauptete verbotene Kreditvermittlung des Beklagten sei nicht feststellbar. Schließlich vermöge auch eine Gesamtschau der bereits erörterten Einzelumstände, die Vorwürfe der Klägerin nicht zu belegen. Es seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Beklagte mit der Auszahlung des von der Klägerin hinterlegten Betrages an der Erreichung unlauterer, unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitgewirkt habe oder der Klägerin ein unwiederbringlicher Schaden erkennbar gedroht habe. Dass der Beklagte von einem betrügerischen Strukturvertrieb des Verkäufers gewusst habe und er habe erkennen können, dass hier ein überhöhter Finanzierungskredit der Klägerin abgeschöpft habe werden sollen, habe diese weder näher konkretisiert, noch unter Beweis gestellt.

II.

1. Das Berufungsurteil unterliegt insgesamt der Nachprüfung im Revisionsverfahren, da das Berufungsgericht die Revision nicht nur beschränkt zugelassen hat. Nach dem Tenor des Berufungsurteils ist die Revision unbeschränkt zugelassen. Zwar kann sich eine Beschränkung der Zulassung auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils ergeben; dies kann aber nur dann angenommen werden, wenn mit ausreichender Klarheit zum Ausdruck gebracht worden ist, dass vom Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung allein wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnet werden sollte (BGH, Urteil vom 11. Juli 2003 - V ZR 430/02, WM 2004, 234 , 236). Das Berufungsgericht hat hier angegeben, dass es die Revision im Hinblick auf die Anwendung des § 142 ZPO gegenüber einem zur Verschwiegenheit verpflichteten Notars zugelassen hat. Zwar kann auch eine Zulassung der Revision auf einzelne Angriffs- und Verteidigungsmittel beschränkt werden. Das setzt jedoch voraus, dass es sich bei dem von der Zulassung erfassten Teil um einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs handelt, auf den auch die Partei selbst die Revision beschränken könnte (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN). Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob der Beklagte über das von der Klägerin auf sein Notaranderkonto eingezahlte Geld verfügen durfte. Ausgehend hiervon betrifft die Frage, ob dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO die Vorlage von Notarakten aufgegeben werden kann, die seiner Verschwiegenheitspflicht nach § 18 BNotO unterliegen, keinen abgrenzbaren Teil des Streitstoffs.

2. Das Berufungsurteil hält den Angriffen der Revision stand.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für die Auszahlung der auf dem Notaranderkonto eingezahlten Gelder am 17. Oktober 2008 vorgelegen haben. Dem Beklagten kann kein Verstoß gegen seine Amtspflichten aus dem Verwahrungsverhältnis nach § 23 BNotO vorgeworfen werden.

aa) Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Klägerin, dass im Gegensatz zur Darstellung des Beklagten der Kaufpreis aus dem Vorerwerb des Zwischenerwerbers K. nicht bereits am 2. Januar 2008 gezahlt worden sei. Deshalb, so die Argumentation der Revision, habe der Beklagte am 1. August und 6. Oktober 2008 noch nicht die Anträge auf Eigentumsübertragung auf den Herrn K. stellen dürfen, was weiter bedeutet habe, dass die Grundschuldeintragung zugunsten der Klägerin am 17. Oktober 2008 noch nicht gesichert gewesen sei. Der von dem Zwischenerwerber K. zu entrichtende Kaufpreis sei nämlich erst aus dem von der Klägerin gewährten Finanzierungsdarlehen an die Eheleute H. beglichen worden. Das Berufungsgericht habe den Vortrag nicht wegen Beweisfälligkeit zurückweisen dürfen, da sie den Antrag gestellt habe, dem Beklagten nach § 142 ZPO die Vorlage des Massenbuches aufzugeben wie auch der Notarnebenakte, aus der sich die Richtigkeit ihres Vortrages ergebe.

bb) Das Berufungsgericht hält den Angriffen der Revision bereits deshalb stand, da der Kläger für seinen Vortrag, die Kaufpreiszahlung aus dem Vorerwerb sei nicht am 2. Januar 2008 geflossen, beweisfällig geblieben ist. Dabei ist allerdings schon zweifelhaft, ob der geltend gemachte Schaden vom Schutzbereich der Pflichten des Beklagten aus dem Treuhandverhältnis der Kaufvertragsparteien aus dem vorangegangenen Kaufvertrag umfasst war. Diese Zweifel ergeben sich daraus, dass, wie allgemein im Schadensrecht, auch im Notarhaftungsrecht nur für solche Schadensersatzfolgen Ersatz verlangt werden kann, die innerhalb des Schutzbereichs der verletzten Norm liegen. Es muss sich um Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde. Deswegen muss zwischen der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage und dem Schaden ein innerer Zusammenhang bestehen; eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 10. Juli 2008 - III ZR 255/07, NJW-RR 2008, 1644 Rn. 15). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte - nach dem Parteivorbringen der Klägerin - den Eigentumsumschreibungsantrag auf den Zwischenerwerber K. gestellt, bevor dieser seinerseits den Voreigentümern den versprochenen (erst später der von der Klägerin auf das Treuhandkonto des Beklagten eingezahlten Darlehensvaluta entnommenen) Kaufpreis gezahlt hat. Allerdings ist K. antragsgemäß als Eigentümer eingetragen worden. Zwischenverfügungen oder Beanstandungen des Grundbuchamts hat die Klägerin insoweit nicht vorgetragen. Die Auflagen zum Vollzug des vorangegangenen Kaufvertrages dienten aber dem Schutz dieser Kaufvertragsparteien und nicht dem Zweck, den Eintritt der Voraussetzungen für die Auszahlung des von der Klägerin hinterlegten Betrags zu verhindern, um der Klägerin eine Möglichkeit zu geben, sich von einem wirtschaftlich unvorteilhaften Vertrag lösen zu können. Vielmehr hat die Klägerin die von ihr gewünschten Sicherheiten erhalten. Insofern besteht kein innerer Zusammenhang zwischen der Einhaltung der Vollzugsauflagen aus dem vorangegangenen Kaufvertrag und der Abwicklung des Treuhandauftrags zwischen den hier streitenden Parteien.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei für ihren Vortrag beweisfällig geblieben, im Gegensatz zur Darstellung des Beklagten sei der Kaufpreis aus dem vorangegangenen Kaufvertrag nicht bereits am 2. Januar 2008 geflossen, ist verfahrensfehlerfrei. In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht davon abgesehen, dem Beklagten nach § 142 Abs. 1 ZPO aufzugeben, hinsichtlich der Abwicklung des vorangegangenen Kaufvertrags das Massenbuch und die Notarnebenakte im Prozess vorzulegen. Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht anordnen, dass eine Partei die sich in ihrem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. Die Anordnung der Urkundenvorlegung gemäß § 142 Abs. 1 ZPO steht im Ermessen des Gerichts. Bei seiner Ermessensentscheidung kann das Gericht den möglichen Erkenntniswert und die Verhältnismäßigkeit einer Anordnung, aber auch berechtigte Belange des Geheimnis- und Persönlichkeitsschutzes berücksichtigen. Die Nichtbefolgung einer Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO ist nicht mit einer speziellen Sanktion belegt, sondern lediglich gemäß §§ 286 , 427 Satz 2 ZPO frei zu würdigen. Die Handhabung des durch § 142 Abs. 1 ZPO eingeräumten Ermessens ist der revisionsgerichtlichen Kontrolle dabei weitgehend entzogen. Das Revisionsgericht hat aber anhand der Urteilsgründe zu überprüfen, ob der Tatrichter von einem ihm eingeräumten Ermessen überhaupt Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20 f).

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht sein Ermessen ausgeübt und dabei - rechtlich bedenkenfrei - wegen der Verschwiegenheitspflicht des Beklagten gemäß § 18 BNotO eine Anordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO abgelehnt. Die Verschwiegenheitspflicht des Notars dient allein dem Schutz des Beteiligten, den der Notar betreut hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 1986 - NotZ 4/86, BGHR ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 6 Notar 1; Senatsurteil vom 30. November 1989 - III ZR 112/88, BGHZ 109, 260 , 269). Zwar kann der Notar berechtigt sein, wegen eines rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB ) oder in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB ) auch ansonsten der Geheimhaltungspflicht unterliegende Umstände zu offenbaren. Einem derartigen Recht zur Aussage folgt aber nicht eine entsprechende Aussageverpflichtung (BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2004 - IX ZB 279/03, DNotZ 2005, 288 , 291). Im Rahmen der Ermessensentscheidung war es deshalb fehlerfrei, den Geheimhaltungsinteressen, auf die sich der Beklagte berufen hat, ausschlaggebendes Gewicht beizumessen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass hinsichtlich der sich weigernden Partei das Gesetz keine Zwangsmittel zur Durchsetzung einer Urkundenvorlage vorsieht. Die Weigerung wäre allenfalls nach §§ 286 , 427 ZPO frei zu würdigen, wobei auch bei dieser Würdigung das Geheimhaltungsgebot zu beachten gewesen wäre und sich daher die Weigerung der Vorlage nicht ohne Weiteres zum Nachteil des Beklagten hätte auswirken dürfen beziehungsweise müssen (vgl. Eylmann in Eylmann/Vaasen, BNotO/BeurkG, 3. Aufl., § 18 BNotO Rn. 64). Im Übrigen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei berücksichtigt, dass das Unterbleiben einer Anordnung nach § 142 ZPO nicht von vornherein die Klägerin in Beweisnot bringt. Sie kann die Verkäufer des vorangegangenen Kaufvertrags und den Zwischenerwerber K. als Zeugen benennen und diese im Rahmen der Zeugenvernehmung befragen. Zudem kann sie diese Personen selbst um eine Befreiung des Beklagten von der Verschwiegenheitspflicht bitten, so dass er sich nicht mehr hierauf berufen könnte.

b) Auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin im Hinblick auf den behaupteten Verstoß gegen § 14 Abs. 2 BNotO und § 54d BeurkG beweisfällig geblieben ist, lässt keine Rechtsfehler erkennen.

aa) Nach dem Vorbringen der Klägerin soll es sich bei den Zahlungen nach Nummer 3, 4 und 5 des Massenverzeichnisses um indirekte Kick-back-Zahlungen an die Eheleute H. gehandelt haben (Erwerbsnebenkosten des von der Klägerin finanzierten Vertrags, die die Eheleute H. als Käufer mit eigenen Mitteln hätten tragen müssen). Demgegenüber hat der Beklagte vorgetragen, diesen Zahlungen lägen entsprechende Weisungen des Verkäufers K. zugrunde, mit denen offene Kostenforderungen des Beklagten gegen K. aus anderen Amtsgeschäften hätten beglichen werden sollen.

bb) Bei den Zahlungen nach Nummer 6, 8 und 9 des Massenverzeichnisses soll es sich nach Behauptung der Klägerin um Darlehensrückzahlungen an den Beklagten persönlich gehandelt haben, der den Ankauf der Wohnungen durch K. finanziert habe. Dem hat der Beklagte entgegengehalten, dass es sich insoweit um Zahlungen auf Anweisung des Verkäufers K. gehandelt habe, die auf Notaranderkonten zur Ablösung von Grundpfandrechten erfolgt seien. Dass er selbst im Massenbuch als Zahlungsempfänger aufgeführt sei, sei allein darauf zurückzuführen, dass er auch der Kontoinhaber dieser Anderkonten gewesen sei.

cc) Die Klägerin hat sich zum Nachweis ihrer Behauptungen, die der Beklagte substantiiert bestritten hat, allein auf die Vorlage der den einzelnen Zahlungsvorgängen zugrunde liegenden (in den Notarnebenakten befindlichen) Belege beziehungsweise Zahlungsanweisungen bezogen. Auch insoweit macht sie lediglich geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Vorlageanordnung nach § 142 Abs. 1 ZPO verweigert. Das Berufungsgericht hat jedoch auch diesbezüglich rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass die Geheimhaltungspflichten des Beklagten in die Ermessensausübung einzustellen sind und die Klägerin auch insoweit nicht in Beweisnot gewesen ist.

d) Nicht zu beanstanden ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, als es einen Verstoß des Beklagten gegen § 14 Abs. 2 BNotO und §§ 54a, 54d BeurkG im Hinblick darauf verneint hat, dass der Beklagte verabsäumt habe, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass der Kaufpreis der beiden Wohnungen mit 235.000 € sittenwidrig überhöht gewesen sei. Nach § 14 Abs. 2 BNotO hat ein Notar seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar wäre, insbesondere, wenn seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden. Nach § 54d Nr. 1 BeurkG hat der Notar von der Auszahlung eines hinterlegten Betrages abzusehen, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bei Befolgung der unwiderruflichen Weisung an der Erreichung unerlaubter oder unredlicher Zwecke mitwirken würde.

Das Berufungsgericht hat hier rechtsfehlerfrei in tatrichterlicher Würdigung unter Ausschöpfung des Sachverhalts und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungsgesetze festgestellt, dass der Beklagte keine Kenntnis von Umständen hatte, die eine sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung zum Nachteil der Eheleute H. und eine entsprechende Schädigung der finanzierenden Bank - der Klägerin - nahelegten.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Würdigung, dass eine Kenntnis des Beklagten von der Unterschiedlichkeit der Kaufpreise zum Zeitpunkt der Verfügung über das auf seinem Notaranderkonto eingezahlte Geld nicht vorhanden war, maßgeblich darauf abgestellt, dass der Ankaufsvertrag des Zwischenerwerbers K. nicht vom Beklagten persönlich beurkundet wurde, sondern von seinem Notarvertreter. Hinzukommt, dass das dem Kaufvertrag des Zwischenerwerbers K. mit den Eheleuten H. zugrunde liegende Kaufangebot von dem Notar G. beurkundet wurde und der Beklagte selbst lediglich die Annahmeerklärung, in der der Kaufpreis der Höhe nach nicht ausdrücklich wiederholt wurde, beurkundete. Weiter hat das Berufungsgericht berücksichtigt, dass der Beklagte ein umfangreiches Notariat hatte und zwischen dem Ankauf der Wohnungen durch den Zwischenhändler K. und dem Verkauf an die Eheleute H. neun Monate vergangen waren. Dagegen ist nichts zu erinnern.

Ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts, die Einreichung des Ankaufsvertrags wie auch des Verkaufsvertrags mit Schreiben vom 6. Oktober 2008 beim Grundbuchamt sei für sich genommen kein hinreichender Nachweis dafür, dass der Beklagte bei dieser Gelegenheit die unterschiedlichen Kaufpreise pflichtwidrig nicht zur Kenntnis genommen habe. Die Höhe der Kaufpreise spielte für die Anträge beim Grundbuchamt am 6. Oktober 2008 keine wesentliche Rolle. Es handelte sich hierbei um Routinevorgänge in einem großen Notariat, die regelmäßig von den Mitarbeitern unterschriftsreif vorbereitet werden. Bei der Bearbeitung der Eintragungsanträge hatte der Beklagte keine Veranlassung, erneut die gesamten Urkunden durchzulesen und insbesondere im Hinblick auf die Kaufpreishöhen zu vergleichen. Für das Stellen der Eintragungsanträge waren lediglich die für das Grundbuchverfahren relevanten Erklärungen zu prüfen.

Verkündet am: 17. Juli 2014

Vorinstanz: LG Berlin, vom 17.10.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 84 O 157/11
Vorinstanz: KG Berlin, vom 01.11.2013 - Vorinstanzaktenzeichen 9 U 315/12
Fundstellen
DB 2014, 1926
DNotZ 2014, 837
MDR 2014, 1341
VersR 2015, 71
WM 2014, 1611