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BGH - Entscheidung vom 29.06.2011

XII ZB 631/10

Normen:
BGB § 1835 Abs. 5 S. 1
BGB § 1835a Abs. 5

BGH, Beschluss vom 29.06.2011 - Aktenzeichen XII ZB 631/10

DRsp Nr. 2011/13249

Ein zum Vormund bestellter Verein kann nicht gem. § 1835 Abs. 5 S. 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen bzw. nach § 1835a Abs. 5 BGB eine Aufwandsentschädigung beanspruchen; Möglichkeit der Geltenmachung von Aufwendungsersatz bzw. Beanspruchung einer Aufwandsentschädigung durch einen zum Vormund bestellten Verein; Verfassungsrechtliche Gebotenheit der Einräumung eines Vergütungsanspruchs bzw. Aufwendungsersatzanspruchs gegenüber einem zum Vormund bestellten Verein

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München - 33. Zivilsenat - zugleich Familiensenat - vom 27. Oktober 2010 (33 UF 1538/10) aufgehoben.

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts Landshut vom 30. Juni 2010 ( 59 F 1453/09) abgeändert.

Der Antrag des Beteiligten zu 1 vom 31. Dezember 2009, ihm für die Tätigkeit als Vormund aus der Staatskasse eine Vergütung nebst Auslagenersatz zu zahlen, wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Normenkette:

BGB § 1835 Abs. 5 S. 1; BGB § 1835a Abs. 5 ;

Gründe

A.

Der Beteiligte zu 1 begehrt für seine Tätigkeit als Vormund von der Staatskasse eine Vergütung und Ersatz seiner Aufwendungen.

Mit Beschluss vom 12. November 2009 bestellte das Amtsgericht den Beteiligten zu 1, das K. J. M. e.V., zum Vormund für ein minderjähriges Kind.

Das Amtsgericht hat auf Antrag des Beteiligten zu 1 dessen Vergütung für das Jahr 2009 samt Auslagenersatz auf 115,14 € festgesetzt und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Die hiergegen vom Vertreter der Staatskasse (im Folgenden Beteiligter zu 2) eingelegte Beschwerde hat das Oberlandesgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 2 mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

B.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückweisung des vom Beteiligten zu 1 gestellten Antrages.

Vorliegend findet das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) Anwendung, weil der Vergütungsantrag vom 31. Dezember 2009 datiert. Zutreffend hat das Beschwerdegericht darauf hingewiesen, dass ein Antrag, der im Rahmen eines Dauerverfahrens, wie etwa einer Vormundschaft, gestellt wird und zu einer Endentscheidung im Sinne des § 38 FamFG führt, ein selbständiges Verfahren im Sinne des Art. 111 Abs. 2 FGG -RG einleitet (Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2011 - XII ZB 625/10, XII ZB 626/10 und XII ZB 627/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

I.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich aus § 70 Abs. 1 FamFG, da das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Der Präsident des Landgerichts, der die Rechtsbeschwerde für den Beteiligten zu 2 eingelegt hat, ist gemäß § 114 Abs. 3 Satz 2 FamFG postulationsfähig (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 XII ZB 149/10 - FamRZ 2010, 1544 ).

II.

Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

Nach § 1836 Abs. 3 BGB kann ein zum Vormund bestellter Verein keine Vergütung beanspruchen. Ebenso wenig kann er von der Staatskasse gemäß § 1835 Abs. 5 Satz 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen (Palandt/ Diederichsen BGB 70. Aufl. § 1835 Rn. 21) bzw. nach § 1835 a Abs. 5 BGB eine Aufwandsentschädigung beanspruchen. Insoweit hält der Senat an seiner früheren Rechtsprechung (Senatsbeschluss vom 14. März 2007 XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900 , 901) nicht fest.

Der Wortlaut des § 1836 Abs. 3 BGB und der hierzu ausdrücklich erklärte Wille des Gesetzgebers lassen eine Vergütung des zum Vormund bestellten Vereins nicht zu. Nach der Gesetzesbegründung kann "nach geltendem Recht (...) e in Verein als Vormund weder Vorschuss für Aufwendungen noch eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen" (BT-Drucks. 11/4528 S. 157). Der Gesetzgeber hat sich zu dieser Regelung bekannt und sie für die Betreuungsvereine fortgeschrieben (vgl. BT-Drucks. 11/4528 S. 157).

Die Einräumung eines Vergütungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruchs des zum Vormund bestellten Vereins ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten (anders noch Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 148/03 - FamRZ 2007, 900 , 901). Es ist aus verfassungsrechtlicher Sicht hinreichend, wenn die Bestellung eines Vereinsmitarbeiters möglich ist und diese einen Vergütungsanspruch nach sich zieht, wobei die zugunsten eines Betreuungsvereins bestehenden Vergütungsvorschriften der §§ 1897 Abs. 2 Satz 1 BGB , 7 VBVG auf einen Vormundschaftsverein analog anzuwenden sind.

Wegen der weiteren Begründung nimmt der Senat auf seine Beschlüsse vom 25. Mai 2011 Bezug ( XII ZB 625/10, XII ZB 626/10 und XII ZB 627/10 - zur Veröffentlichung bestimmt).

Vorinstanz: AG Landshut, vom 30.06.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 59 F 1453/09
Vorinstanz: OLG München, vom 27.10.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 33 UF 1538/10