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BGH - Entscheidung vom 27.06.2011

IV ZR 166/10

Normen:
StGB § 246 Abs. 1
StGB § 246 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 27.06.2011 - Aktenzeichen IV ZR 166/10

DRsp Nr. 2011/13210

Ausschließlich Bargeld ist gegen typische Transportrisiken bei und während eines Werttransports bis zu dessen Abschluss versicherbar; Erstreckung einer Versicherung gegen typische Transportrisiken bei Werttransporten über Bargeld hinaus auf Buchgeld oder Giralgeld; Ermittlung der Reichweite des Versicherungsschutzes und der Verteilung der Darlegungslast und Beweislast

1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist gemäß § 112e S. 2 BRAO i.V.m. § 124a Abs. 5 S. 1 VwGO als unzulässig abzulehnen, wenn die Antragsbegründungsfrist von zwei Monaten versäumt wird. Eine Fristverlängerung ist nicht möglich.2. Der Gerichtsaktenvermerk der Geschäftsstelle "Vorstehendes Urteil vollständig unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt am ..." erbringt nach § 112c Abs. 1 S. 1 BRAO , § 98 VwGO , § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der bezeugten Tatsache. Für den Gegenbeweis bedarf es eines hinreichend substantiierten Vorbringens.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 1. Juli 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der durch die Nichtzulassungsbeschwerde verursachten Kosten der Streithelfer der Beklagten zu tragen.

Gegenstandswert: bis 125.000 €

Normenkette:

StGB § 246 Abs. 1 ; StGB § 246 Abs. 2 ;

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1.

Die von ihr aufgeworfenen grundsätzlichen Fragen zur Reichweite des Versicherungsschutzes und der damit in Zusammenhang stehenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast sind durch das Senatsurteil vom 25. Mai 2011 ( IV ZR 117/09, veröffentlicht in [...]), dem derselbe Versicherungsvertrag zugrunde lag, geklärt.

Danach ist nur Bargeld - nicht hingegen Buch- oder Giralgeld - gegen typische Transportrisiken bei und während des Werttr ansports bis zu dessen Abschluss versichert. Eingeschlossen werden zwar Verluste und Schäden, die aus einer Unterschlagung im Sinne von § 246 Abs. 1 StGB oder einer Veruntreuung im Sinne von § 246 Abs. 2 StGB (veruntreuende Unterschlagung) folgen. Nicht versichert sind dagegen Schäden, die lediglich aus einer Untreue nach § 266 StGB resultieren. Ebenso wenig ist die vertragliche Haftung für den gesamten Transportbetrieb der Versicherungsnehmerin im Sinne einer Haftpflichtversicherung vom Versicherungsschutz umfasst (Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 31 ff., 35 ff.). Das vorliegende Verfahren gibt insofern keinen Anlass für Abweichungen oder Ergänzungen.

2.

Da die Revision im Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Blick auf die vom Senat erst danach geklärten Rechtsfragen noch hätte zugelassen werden müssen, waren die Erfol gsaussichten der beabsichtigten Revision auch im Übrigen zu prüfen (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 27. Oktober 2004 - IV ZR 386/02, VersR 2005, 809 unter II 2 m.w.N.), jedoch zu verneinen, weil das angefochtene Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin enthält.

a)

Das Beschwerdevorbringen zur Reichweite des Versicherungsschutzes und zur Verteilung der Darlegungs - und Beweislast kann aus den im Senatsurteil vom 25. Mai 2011 ( IV ZR 117/09 aaO Rn. 21 f., 41 ff.) genannten Gründen keinen Erfolg haben. Verfahrensgrundrechte der Beschwerdeführerin (insbesondere aus Art. 103 Abs. 1 GG ) hat das Berufungsgericht insoweit nicht verletzt.

b)

Einen Bargeldverlust im versicherten Zeitraum (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 50) hat die Klägerin nicht nachgewiesen.

aa)

Der Behauptung der Beklagten, das transportierte Bargeld sei auftragsgemäß bei einer Filiale der Deutschen Bundesbank abge liefert und dort auf ein für die Versicherungsnehmerin geführtes Konto eingezahlt worden, hat die Klägerin nicht substantiiert widersprochen. Sie hat nur dargelegt, das betreffende Bargeld sei der Versicherungsnehmerin zum Transport übergeben worden, und sich im Übrigen darauf beschränkt, den Vortrag der Beklagten zum weiteren Ablauf - zum Teil mit Nichtwissen - zu bestreiten. Ergänzend hat die Klägerin lediglich die Vermutung geäußert, das Geld könne bereits vor der Einzahlung auf ein Konto der Versicherungsnehmerin verschwunden sein. Damit hat die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht genügt.

bb)

Ein den Versicherungsfall begründender Verlust des Transportguts lässt sich nicht feststellen.

Ebenso wie in der durch das Senatsurteil vom 25. Mai 2011 entschiedenen Sache ergibt auch die vom Berufungsgericht ohne Rechtsfehler vorgenommene Auslegung der hier maßgeblichen Bedingungen des Transportvertrages zwischen der Klägerin und der Versicherungsnehmerin, dass es Letzterer nicht untersagt war, transportier tes Geld im so genannten kontogebundenen Überweisungsverfahren (Pooling -Verfahren) zunächst auf ein für sie bei der Deutschen Bundesbank eingerichtetes Konto verbuchen zu lassen.

Der von der Klägerin behauptete Verlust ist erst dadurch eingetreten, dass nachfolgend anstehende Überweisungen auf ihr Konto pflichtwidrig unterblieben sind. Darin liegt aber kein stofflicher Zugriff auf transportiertes Bargeld, sondern lediglich ein treuwidriger Umgang mit -nach Ende des Versicherungsschutzes nicht mehr versichertem -Buchgeld.

cc)

Ob ein Versicherungsfall auch deshalb zu verneinen gewesen wäre, weil nach der Behauptung der Beklagten das von der Versicherungsnehmerin praktizierte Pooling-Verfahren von der Klägerin über eine längere Zeit hingenommen wurde, kann offen bleiben.

c)

Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin auch nicht aufgrund der von der Beklagten abgegebenen Versicherungsbestätigungen zu (vgl. dazu Senatsurteil vom 25. Mai 2011 aaO Rn. 68).

d)

Einen eigenständigen Schadensersatzanspruch der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Würdigung der besonderen Umstände des Einzelfalles, insbesondere der von der Beklagten ausgestellten Versicherungsbestätigungen, mit vertretbarer Begründung abgelehnt. Anhaltspunkte für eine willkürlich (Art. 3 Abs. 1 GG ) oder unter Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG ) getroffene Entscheidung bestehen nicht.

e)

Auf die von der Beklagten erklärte Arglistanfechtung kommt es nach allem nicht mehr an.

Vorinstanz: LG Hannover, vom 22.04.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 23 O 98/07
Vorinstanz: OLG Celle, vom 01.07.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 97/09