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BGH - Entscheidung vom 08.12.2010

XII ZB 334/10

Normen:
ZPO §§ 236 Abs. 2 D, 520 Abs. 2
ZPO §§ 236 Abs. 2 D, 520 Abs. 2
ZPO § 236 Abs. 2 S. 2
ZPO § 520 Abs. 2

Fundstellen:
AnwBl 2011, 225
FamRZ 2011, 281
FuR 2011, 151
MDR 2011, 184
NJW-RR 2011, 568

BGH, Beschluss vom 08.12.2010 - Aktenzeichen XII ZB 334/10

DRsp Nr. 2010/23421

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Amts wegen gem. § 236 Abs. 2 S. 2 Zivilprozessordnung ( ZPO ) bei offensichtlicher oder innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist glaubhaft gemachter unverschuldeter Fristversäumung

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kommt nach § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen nur dann in Betracht, wenn die unverschuldete Fristversäumung offensichtlich oder innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist glaubhaft gemacht ist.

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 10. Juni 2010 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.

Beschwerdewert: 14.280 €

Normenkette:

ZPO § 236 Abs. 2 S. 2; ZPO § 520 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Das landgerichtliche Urteil wurde der Beklagten am 15. April 2010 zugestellt. Am 14. Mai 2010 ging die an das Landgericht gerichtete Berufung der Beklagten dort ein. Nach Vorlage an die Einzelrichterin verfügte diese am 18. Mai 2010 die sofortige Weiterleitung des Schriftsatzes an das Kammergericht als zuständigem Berufungsgericht und informierte den Prozessbevollmächtigten der Beklagten telefonisch von der Weiterleitung. Am 18. Mai 2010 ging eine weitere Berufung der Beklagten mit einem Wiedereinsetzungsantrag und dessen Begründung beim Kammergericht ein.

Das Kammergericht hat den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Denn eine Entscheidung des Beschwerdegerichts ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

1.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte die Berufungsfrist schuldhaft versäumt und das Berufungsgericht ihr deswegen zu Recht die begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt hat.

Denn das Berufungsgericht hat die Berufung jedenfalls deswegen zu Recht als unzulässig verworfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 520 Abs. 2 ZPO begründet wurde. Das angefochtene Urteil des Landgerichts ist der Beklagten am 15. April 2010 zugestellt worden. Nach § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO beträgt die Frist für die Berufungsbegründung zwei Monate ab Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils. Sie war hier folglich am 15. Juni 2010 (Dienstag) abgelaufen. Innerhalb dieser Frist hat die Beklagte ihre Berufung weder begründet noch die Verlängerung dieser Frist nach § 520 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO beantragt. Ein Verlängerungsantrag der Beklagten hinsichtlich der Berufungsbegründungsfrist ist erst mit dem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz vom 17. Juni 2010 (Donnerstag), also verspätet, eingegangen.

2.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist kommt nicht in Betracht. Die Beklagte hat dies weder nach § 236 Abs. 1 ZPO beantragt, noch kann die Wiedereinsetzung nach § 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO von Amts wegen erfolgen.

Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat entgegen § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO innerhalb der einmonatigen Frist des § 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO weder die eine Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht, noch sind diese sonst offensichtlich. Bei Unterzeichnung seines Gesuchs um Fristverlängerung vom 17. Juni 2010 war er verpflichtet, den Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist eigenständig zu prüfen (Senatsbeschluss vom 11. Februar 2004 - XII ZB 263/03 - FamRZ 2004, 696 ). Dabei hätte er erkennen müssen, dass die Berufungsfrist nicht wie nach früherem Prozessrecht einen Monat nach Ablauf der Berufungsfrist, sondern gemäß § 520 Abs. 2 ZPO nach Ablauf von zwei Monaten seit Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, also am 15. Juni 2010, abgelaufen war. Er hätte deswegen innerhalb eines Monats, spätestens am 17. Juli 2010, Tatsachen vortragen müssen, die auch diese Fristversäumung als unverschuldet darstellen. Dem ist die Beklagte auch in der Folgezeit nicht nachgekommen.

3.

Weil die Beklagte ihre Berufung jedenfalls nicht fristgerecht begründet hat, hat das Oberlandesgericht sie zu Recht als unzulässig verworfen. Einer Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist bedarf es danach nicht mehr.

Vorinstanz: KG Berlin, vom 10.06.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 55/10
Vorinstanz: LG Berlin, vom 13.04.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 25 O 505/09
Fundstellen
AnwBl 2011, 225
FamRZ 2011, 281
FuR 2011, 151
MDR 2011, 184
NJW-RR 2011, 568