Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 02.04.2009

V ZR 121/08

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 321a Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 8

BGH, Beschluss vom 02.04.2009 - Aktenzeichen V ZR 121/08

DRsp Nr. 2009/10976

Zeitliche Grenzen der Darlegung der Rechtsmittelbeschwer

Der Beschwerdeführer muss innerhalb der Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass die mit der Revision geltend zu machende Beschwerde den Betrag von 20.000 EUR übersteigt. Ein "Nachbessern" nach Ablauf der Begründungsfrist scheidet aus. Daher erübrigt sich auch nach Ablauf der Begründungsfrist ein Hinweis des Revisionsgerichts, dass der Wert der Rechtsmittelbeschwer nicht erreicht sei.

Tenor:

Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 22. Januar 2009 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 13.000 EUR festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ; ZPO § 321a Abs. 1 ; EGZPO § 26 Nr. 8 ;

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs unter dem Gesichtspunkt eines unterlassenen rechtlichen Hinweises. Darin, dass der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss vom 22. Januar 2009 als unzulässig verworfen habe, ohne ihm, dem Beschwerdeführer, zuvor durch einen Hinweis eine Möglichkeit zur Stellungnahme und gegebenenfalls zu ergänzenden Ausführungen zum Wert der Beschwer zu eröffnen, liege eine neue und eigenständige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch den Senat.

II.

Das trifft nicht zu.

1.

Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG liegt schon deshalb nicht vor, weil der Anspruch auf Gewährung des rechtlichen Gehörs wegen eines unterlassenen Hinweises nur dann verletzt ist, wenn ein Gesichtspunkt Bedeutung erlangt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen -nicht zu rechnen brauchte (vgl. etwa BVerfG NJW 2004, 1371 , 1373 m.w.N.). Daran fehlt es.

Dass sich die Beschwer eines Klägers, dessen Klage auf Löschung einer Dienstbarkeit abgewiesen worden ist, ausgehend von seinem Interesse an einer Abänderung der Entscheidung nach der Differenz des Wertes des dienenden Grundstücks in belastetem Zustand zu dem Wert ohne die Belastung bemisst, entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 23, 205, 207 ; Beschl. v. 2. Oktober 2003, V ZB 18/03, VIZ 2004, 134 ; Beschl. v. 29. November 2007, V ZR 69/07, [...]; vgl. auch Beschl. v. 6. November 2008, V ZR 48/08, [...]). Es kann davon ausgegangen werden, dass ein bei dem Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt, der mit der speziellen Materie des Beschwerdeverfahrens nach § 544 ZPO vertraut ist (Senat , Beschl. v. 24. Mai 2007, V ZR 251/06, NJW-RR 2007, 1435 , 1436; Beschl. v. 14. Februar 2008, V ZB 140/07, [...]), diese ständige Rechtsprechung kennt. Sie ist im Übrigen auch in den Kommentaren dokumentiert (s. nur MünchKomm-ZPO/Wöstmann, 3. Aufl., § 7 Rdn. 1; Zöller/Herget, ZPO , 27. Aufl., § 7 Rdn. 4; Musielak/Heinrich, ZPO , 6. Aufl., § 7 Rdn. 6; Stein/Jonas/Schumann, ZPO , 22. Aufl., § 7 Rdn. 10). Eines Hinweises, dass der Senat diese Rechtsprechung ungeachtet der in den Vorinstanzen zugrunde gelegten Wertvorstellungen auch im vorliegenden Fall anwenden würde, bedurfte es angesichts dessen nicht.

2.

Selbst wenn man aber von einer Hinweispflicht ausginge, würde das dem Beschwerdeführer nicht helfen, da es an der Entscheidungserheblichkeit des Vortrags, den er aufgrund des Hinweises vorgebracht hätte, fehlt (§ 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ).

a)

Soweit der Beschwerdeführer sich auf "ergänzende" Angaben zum Grundstückswert bezieht, hätten diese für die Frage der Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde schon deswegen keine Berücksichtigung finden können, weil der Beschwerdeführer innerhalb der Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen muss, dass die mit der Revision geltend zu machende Beschwer den Betrag von 20.000 EUR (§ 26 Nr. 8 EGZPO ) übersteigt. Ein "Nachbessern" nach Ablauf der Begründungsfrist scheidet aus (BGH, Beschl. v. 16. Dezember 2003, XI ZR 434/02, BGHR EGZPO § 26 Nr. 8, Wertgrenze 4; Münch-Komm-ZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 544 Rdn. 4). Da die Begründung der Beschwerde am Tag des Ablaufs der Begründungsfrist erfolgt ist, konnte ein Hinweis auf die Irrtümlichkeit der Ausführungen des Klägers zur Höhe seiner Beschwer nicht mehr bewirken, dass weiterer Sachvortrag innerhalb der Begründungsfrist erfolgte.

b)

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Rechtsprechung des Senats berücksichtige nicht eine im Jahre 1976 eingetretene Gesetzesänderung, ist ihm aus Rechtsgründen nicht zu folgen.

Allerdings ist § 2 ZPO durch das Erste Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (BGBl. I, 1421) geändert worden. Das hat aber keine Auswirkungen auf die Auslegung von § 7 ZPO , soweit es um die Bestimmung der Beschwer im Rechtsmittelverfahren geht. Zweck der Änderung war es, den Anwaltszwang für solche Streitigkeiten unter Eheleuten aufrecht zu erhalten, die bis zum 30. Juni 1977 von den Landgerichten zu entscheiden waren (BT-Drucks. 7/650, S. 191). Ein Eingriff in den letztlich selbstverständlichen (s. schon RGZ 16, 342, 343 f.; 45, 402, 403 f.), von § 7 ZPO nicht berührten Grundsatz, dass die Beschwer von dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Änderung der angegriffenen Entscheidung bestimmt wird (Senat, BGHZ 124, 313 , 317) , ist weder erfolgt, noch war ein solcher Eingriff beabsichtigt oder geboten, um das mit dem Gesetz vom 14. Juni 1976 erstrebte Ziel zu erreichen. Etwas anderes folgt auch nicht aus den von dem Beschwerdeführer zitierten Kommentarstellen (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO , 29. Aufl., § 7 Rdn. 1; Wieczorek/Gamp, ZPO , 3. Aufl., § 7 Rdn. 12), wie die jeweiligen Verweise auf die Senatsrechtsprechung deutlich machen.

III.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass der Widerklageantrag zu 2 über die schriftsätzlich bezifferten Kosten hinaus auch die im einstweiligen Verfügungsverfahren mit Beschluss vom 23. Januar 2007 gegen die Beklagten festgesetzten Kosten in Höhe von 997,37 EUR nebst Vollstreckungskosten von 31,70 EUR erfasse, führt dies zur Erhöhung des Streitwerts des Beschwerdeverfahrens auf 13.000 EUR. Insoweit steht der Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist einer Berücksichtigung nicht entgegen, § 63 Abs. 3 GKG .

Für eine weitere Erhöhung ist kein Raum. Auch wenn der Wert des Grundstücks 180 EUR/qm beträgt, folgt hieraus nichts anderes. Nach den weiteren Ausführungen des Klägers handelt es sich bei der von den Beklagten in Anspruch genommenen Fläche des Grundstücks um einen gepflasterten, durch ein Tor abgeschlossenen Weg. Dass das Grundstück dadurch um mehr als 9.000 EUR entwertet wird, dass der Weg aufgrund der eingetragenen Dienstbarkeit nicht nur von dem Kläger sondern auch von den Beklagten genutzt werden kann, ist nicht zu erkennen. Dem mit der Errichtung der Toranlage und der Verlegung des Pflasters verbundenen Aufwand kommt keine Bedeutung zu.

Vorinstanz: OLG Frankfurt am Main, vom 03.06.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 12 U 115/07
Vorinstanz: LG Darmstadt, vom 22.03.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 440/06