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BGH - Entscheidung vom 20.12.2007

III ZB 73/07

Normen:
ZPO § 233

BGH, Beschluß vom 20.12.2007 - Aktenzeichen III ZB 73/07

DRsp Nr. 2008/2895

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen fehlgeschlagener Übermittlung eines fristwahrenden Schriftsatzes per Telefax

Das Rechtsmittelgericht überspannt die Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Wiedereinsetzungsgründen, wenn es die Versagung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen darauf stützt, der Prozessbevollmächtigte habe bestimmte Sendeberichte des Telefaxgerätes nicht vorgelegt und sich dabei nicht mit seinem Vortrag auseinander setzt, bei fehlgeschlagenen Anwahlversuchen drucke das Geräte keinen Sendebericht aus.

Normenkette:

ZPO § 233 ;

Gründe:

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes, weil das Berufungsgericht die Glaubhaftmachung der Tatsachen für die beantragte Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist ohne hinreichende Auseinandersetzung mit den von der Beklagten vorgetragenen Umständen verneint und damit die Grenzen tatrichterlicher Würdigung überschritten hat. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ).

1. Die Umstände für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind glaubhaft gemacht, wenn die zur Glaubhaftmachung vorgelegte eidesstattliche Versicherung (§ 234 ZPO ) eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für den in ihr dargestellten Sachverhalt ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2002 - VII ZB 32/01 - NJW 2002, 1429 f.).

Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches der Beklagten wegen mangelnder Glaubhaftmachung insbesondere damit begründet, dass die Angaben der Mitarbeiterin ihres Prozessbevollmächtigten in der eidesstattlichen Versicherung nicht mit dem beigelegten Journalausdruck des Faxgerätes in Übereinstimmung zu bringen sind. Dabei hat es sich rechtsfehlerhaft nicht mit dem Vorbringen der Beklagten in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch auseinandergesetzt, dass die fünf fehlgeschlagenen Übermittlungsversuche in dem mit dem Gesuch vorgelegten Faxjournal in der fraglichen Zeit dadurch dokumentiert seien, dass die für einen Sendeauftrag vergebenen fortlaufenden Nummerierungen des Faxgerätes zwischen # 451 und # 456 fehlen. Wenn dieses Vorbringen den technischen Gegebenheiten entsprechen sollte und das Faxgerät weiterhin - wie mit der Rechtsbeschwerde geltend gemacht - bei Anwahlversuchen, bei denen es zu einer Verbindung mit der Gegenseite nicht gekommen ist, keinen Sendebericht ausdruckt, konnte das Berufungsgericht nicht zur Grundlage seiner Beurteilung der Glaubhaftmachung der zur Wiedereinsetzung vorgetragenen Tatsachen machen, dass weitere Journalausdrucke oder Faxsendeberichte von der Beklagten nicht vorgelegt wurden.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO ). Insbesondere kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden, dass sie mit der Faxübermittlung bis 9 Minuten vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zugewartet hat, denn Fristen können voll ausgenutzt werden (vgl. BVerfGE 69, 381 , 385). Mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer ist das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn so rechtzeitig mit der Faxübermittlung begonnen wird, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24.00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG NJW 1996, 2857 ). Davon ist hier auszugehen, da die Faxübermittlung am Folgetag lediglich 1 Minute 33 Sekunden gedauert hat und die Übermittlung nach den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht daran gescheitert ist, dass die Telefonleitung besetzt war.

3. Der Senat ist an einer eigenen Entscheidung gehindert (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO ). Das Berufungsgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für die unverschuldete Säumnis der Berufungsbegründungsfrist ergibt. Hierbei wird das Berufungsgericht genauer in den Blick zu nehmen haben, ob die von der Beklagten behaupteten Funktionen des Faxgerätes ihres Prozessbevollmächtigten zutreffen und ob die Feststellungen zur Funktionstüchtigkeit der Faxgeräte des Landgerichtes hinreichenden Anlass geben, die Richtigkeit der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung in Zweifel zu ziehen.

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 08.08.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 13 S 98/07
Vorinstanz: AG Nürtingen, vom 03.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 16 C 2084/06