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BGH - Entscheidung vom 15.08.2007

XII ZB 42/04

Normen:
BGB § 1587b Abs. 5
SGB VI § 76 Abs. 2 S. 3

Fundstellen:
BGHReport 2008, 78
FamRB 2008, 6
FamRZ 2007, 1802
FuR 2007, 521
MDR 2007, 1258
NJ 2007, 555
NJW-RR 2008, 153

BGH, Beschluß vom 15.08.2007 - Aktenzeichen XII ZB 42/04

DRsp Nr. 2007/17304

Ermittlung des Höchstbetrages im Versorgungsausgleich

»a) Zum Rechenweg bei der Ermittlung des Höchstbetrags nach § 1587 b Abs. 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI .b) Hat der ausgleichsberechtigte Ehegatte in der Ehezeit nur angleichungsdynamische Anrechte erworben, so ist der Höchstbetrag nach § 1587 b Abs. 5 BGB auf der Grundlage des aktuellen Rentenwertes (Ost) zu ermitteln (Bestätigung der Senatsbeschlüsse vom 1. Dezember 2004 - XII ZB 67/00 - FamRZ 2005, 432 , 433 und vom 23. November 2005 - XII ZB 260/03 - FamRZ 2006, 327 , 330).«

Normenkette:

BGB § 1587b Abs. 5 ; SGB VI § 76 Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

I. Die Parteien streiten um den Versorgungsausgleich.

Die am 2. Juni 1995 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den der Antragsgegnerin am 14. November 2002 zugestellten Antrag durch Verbundurteil vom 25. Juni 2003 geschieden (insoweit rechtskräftig seit dem 23. September 2003) und der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt.

In der Ehezeit (1. Juni 1995 bis 31. Oktober 2002, § 1587 Abs. 2 BGB ) haben beide Ehegatten angleichungsdynamische Anrechte erworben, und zwar der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) in der Beamtenversorgung in Höhe von 681,96 EUR, die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 129,76 EUR. Der Ehemann wurde nach dem Ehezeitende wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt; in der Auskunft des Versorgungsträgers ist der vorzeitige Ruhestand berücksichtigt.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung des von ihm angenommenen Höchstbetrags dahin geregelt, dass es durch Quasisplitting zu Lasten der bei der Oberfinanzdirektion Magdeburg begründeten Anrechte des Ehemannes auf Beamtenversorgung für die Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 253,83 EUR, monatlich und bezogen auf den 31. Oktober 2002, begründet hat.

Die hiergegen gerichteten Beschwerden beider Versorgungsträger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beteiligte zu 1 weiterhin, die amtsgerichtliche Entscheidung abzuändern.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht geht zutreffend davon aus, dass die in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte des Ehemannes die der Ehefrau um (681,96 EUR - 129,76 EUR) = 552,20 EUR übersteigen, so dass der Ehefrau ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Hälfte dieses Betrages zusteht. Dabei hat das Oberlandesgericht im Ergebnis zutreffend die Ruhestandsbezüge des Ehemannes zugrunde gelegt und den Ehezeitanteil aus dem Verhältnis der in die Ehezeit fallenden ruhegehaltfähigen Dienstzeit zur tatsächlichen, durch den vorzeitigen Ruhestand beendeten ruhegehaltfähigen Dienstzeit ermittelt. Zwar sind bei der Berechnung des Ehezeitanteils einer beamtenrechtlichen Versorgung grundsätzlich die bei Ehezeitende maßgebenden Besoldungsverhältnisse zugrunde zu legen. Es widerspräche jedoch der Prozessökonomie, im Erstverfahren über den Versorgungsausgleich nach dem Ende der Ehezeit eintretende Umstände unberücksichtigt zu lassen, wenn diese eine spätere Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung nach § 10 a VAHRG rechtfertigen könnten (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 BGB Rdn. 36). Das ist der Fall, wenn - wie hier - ein Beamter nach dem Ende der Ehezeit wegen Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird, so dass sich der Ehezeitanteil seiner Versorgung verändert (Johannsen/Henrich/Hahne aaO. § 10 a VAHRG Rdn. 28).

2. Richtig ist auch die weitere Annahme des Oberlandesgerichts, dass dieser Ausgleichsanspruch der Ehefrau gemäß § 1587 b Abs. 5 BGB nur insoweit im Wege des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs (hier: durch Quasisplitting gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB ) erfüllt werden kann, als der Monatsbetrag der für die Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründenden Rentenanwartschaften zusammen mit dem Monatsbetrag der dort für die Ehefrau bereits begründeten Rentenanwartschaften den in § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI bezeichneten Höchstbetrag nicht übersteigt. Wegen eines diesen Höchstbetrag übersteigenden Teils des Ausgleichsanspruchs bleibt die Ehefrau auf einen späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich (vgl. § 1587 g Abs. 1 Satz 2 BGB ) verwiesen.

3. Zur Ermittlung dieses Höchstbetrags hat das Oberlandesgericht die Anzahl der Kalendermonate der Ehezeit durch sechs geteilt und die sich daraus errechnende Höchstzahl an Entgeltpunkten mit dem zum Ende der Ehezeit geltenden aktuellen Rentenwert (West) multipliziert. Von dem sich daraus ergebenden Betrag (89 : 6 = 14,8333 x 25,86 EUR = 383,59 EUR) hat es den auf das Ende der Ehezeit bezogenen Nominalbetrag der von der Ehefrau in der Ehe bereits erworbenen Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Abzug gebracht. In Höhe der Differenz (383,59 EUR - 129,76 EUR = 253,83 EUR) hat es für die Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet. Diese Vorgehensweise hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Ein Versicherter kann in der gesetzlichen Rentenversicherung keine höhere Rente erlangen, als sie den Beitragsbemessungsgrenzen entspricht. Der nach § 1587 b Abs. 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI zu beachtende Höchstbetrag will eine dieser Limitierung etwa entsprechende Begrenzung (nämlich auf zwei Entgeltpunkte pro Jahr) erreichen (Johannsen/Henrich/Hahne aaO. § 1587 b BGB Rdn. 49). Dies wird dadurch bewirkt, dass die Zahl der in die Ehezeit fallenden Kalendermonate durch sechs geteilt wird; das Ergebnis ist die Zahl der in der Ehezeit maximal erreichbaren Entgeltpunkte. Der über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigende Zuschlag an Entgeltpunkten darf zusammen mit den in der Ehezeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten diesen Wert nicht übersteigen (§ 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI ). Sinn dieser Reglung ist es sicherzustellen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte aus Gründen der Gleichbehandlung innerhalb der Versichertengemeinschaft durch den Versorgungsausgleich keine höheren Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erlangen kann als diejenigen, die er hätte erwerben können, wenn er während der gesamten Ehezeit zu Höchstbeiträgen selbst versichert gewesen wäre (MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 b Rdn. 55; Johannsen/Henrich/ Hahne aaO.).

Das Oberlandesgericht hätte - den von § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI vorgegebenen Berechnungsvorgaben folgend - deshalb zunächst die Anzahl der Entgeltpunkte ermitteln müssen, die für die Ehefrau noch für die Ehezeit begründet werden können. Da für die Ehefrau insgesamt nur (89 Ehemonate : 6 =) 14,8333 Entgeltpunkte begründet werden können, sie für diese Zeit aber bereits 5,7161 Entgeltpunkte erworben hatte, können der Ehefrau im Versorgungsausgleich nicht mehr als (14,8333 - 5,7161 =) 9,1172 Entgeltpunkte zugeschlagen werden. Für die Ehefrau durften deshalb im Wege des Quasisplittings gemäß § 1587 b Abs. 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI nur Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bis zu dem (Nominal-)Betrag begründet werden, der sich ergibt, wenn man die Anzahl der als Zuschlag noch möglichen Entgeltpunkte (9,1172) mit dem zum Ehezeitende geltenden aktuellen Rentenwert multipliziert.

Der vom Oberlandesgericht eingeschlagene Rechenweg, zunächst den Nominalbetrag der für den ausgleichsberechtigten Ehegatten für die Ehezeit insgesamt begründbaren Anwartschaften zu ermitteln und dann hiervon den Nominalbetrag der von dem ausgleichsberechtigten Ehegatten für die Ehezeit bereits erworbenen Anwartschaften in Abzug zu bringen, widerspricht dem von § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI vorgegebenen Rechenweg. Das Gesetz stellt auf die Summe der Entgeltpunkte ab, die nicht überschritten werden darf; der sich hieraus ergebende Nominalbetrag der maximal erreichbaren Anwartschaftsrechte ist lediglich die rechnerische Folge. Zwar wird die Vorgehensweise des Oberlandesgerichts zum selben Ergebnis wie die von § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI vorgegebene Berechnung nach Entgeltpunkten kommen, wenn der für die bereits erworbenen Entgeltpunkte maßgebende aktuelle Rentenwert mit dem Rentenwert identisch ist, der für die maximal erreichbaren Entgeltpunkte gilt. Die Ergebnisse differieren jedoch, wenn man mit dem Oberlandesgericht den in Euro ausgedrückten Nominalbetrag der maximal begründbaren Entgeltpunkte anhand des aktuellen Rentenwerts (West) ermittelt, während die für den ausgleichsberechtigten Ehegatten bereits begründeten Anwartschaften sich nach dem aktuellen Rentenwert (Ost) bemessen.

b) Allerdings ist - wie der Senat nach Erlass des angefochtenen Beschlusses entschieden hat - in Fällen der vorliegenden Art, in denen der ausgleichsberechtigte Ehegatte in der Ehezeit (nur) angleichungsdynamische Anrechte erworben hat, der Betrag, bis zu dem gemäß § 1587 b Abs. 5 BGB noch Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden können, ohnehin auf der Grundlage des aktuellen Rentenwerts (Ost) zu ermitteln (Senatsbeschlüsse vom 1. Dezember 2004 - XII ZB 67/00 - FamRZ 2005, 432 , 433 und vom 23. November 2005 - XII ZB 260/03 - FamRZ 2006, 327 , 330). Die Differenz zwischen der Anzahl der für den ausgleichsberechtigten Ehegatten maximal begründbaren und der für ihn bereits begründeten Entgeltpunkte ist also mit dem zum Ehezeitende geltenden aktuellen Rentenwert (Ost) zu multiplizieren. Das Produkt ergibt den Nominalbetrag, bis zu dem für den ausgleichsberechtigten Ehegatten (noch) Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden können.

Dies folgt zum einen aus § 264 a Abs. 3 SGB VI . Danach treten - bei Anwendung der Vorschriften über den Versorgungsausgleich - in Ansehung angleichungsdynamischer Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung die "Entgeltpunkte (Ost)" an die Stelle der "Entgeltpunkte"; dem entspricht es, bei der Ermittlung des Geldbetrags angleichungsdynamischer Anrechte die für diese Anrechte ermittelten Entgeltpunkte mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) zu multiplizieren. Das gilt folgerichtig auch für die Ermittlung des Höchstbetrags, bis zu dem angleichungsdynamische Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden können. Zum anderen folgt diese Vorgehensweise aus dem dargestellten Ziel der Höchstbetragsregelung: Nur bei Heranziehung des aktuellen Rentenwertes (Ost) ist sichergestellt, dass der Geldbetrag der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten über den Versorgungsausgleich gutgebrachten angleichungsdynamischen Anrechte zusammen mit dem Betrag der von ihm selbst erworbenen angleichungsdynamischen Anrechte nicht höher ist als der Geldbetrag angleichungsdynamischer Anrechte, die dieser Ehegatte hätte erlangen können, wenn er während der Ehe im Beitrittsgebiet zu Höchstbeiträgen in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert gewesen wäre.

4. Im Ergebnis können deshalb für die Ehefrau gemäß § 1587 b Abs. 2 , 5 BGB i.V.m. § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung nur bis zur Höhe von 9,1172 Entgeltpunkten begründet werden. Dies entspricht einem Nominalbetrag von (9,1172 Entgeltpunkte x 22,70 EUR [aktueller Rentenwert (Ost) zum Ehezeitende] =) 206,96 EUR. Der angefochtene Beschluss war deshalb aufzuheben und die Entscheidung des Amtsgerichts entsprechend abzuändern.

Vorinstanz: OLG Naumburg, vom 23.01.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 3 UF 96/03
Vorinstanz: AG Osterburg, vom 25.06.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 50 F 197/02
Fundstellen
BGHReport 2008, 78
FamRB 2008, 6
FamRZ 2007, 1802
FuR 2007, 521
MDR 2007, 1258
NJ 2007, 555
NJW-RR 2008, 153