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BGH - Entscheidung vom 21.11.2005

II ZR 17/04

Normen:
BGB § 730

Fundstellen:
BB 2006, 461
BGHReport 2006, 376
BauR 2006, 832
DB 2006, 331
DStR 2006, 577
MDR 2006, 700
NJW-RR 2006, 468
NZG 2006, 185
WM 2006, 433
ZIP 2006, 232

BGH, Versäumnisurteil vom 21.11.2005 - Aktenzeichen II ZR 17/04

DRsp Nr. 2006/1350

Zulässigkeit der unmittelbaren Geltendmachung von Ansprüchen unter Gesellschaftern einer BGB -Gesellschaft

»Bei einer zweigliedrigen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bei der kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist, können die Gesellschafter Ausgleichsansprüche auch dann gegeneinander geltend machen, wenn Gesellschaftsverbindlichkeiten offen sind (vgl. BGHZ 26, 126, 133).«

Normenkette:

BGB § 730 ;

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung aus der Abrechnung gemeinsamer Geschäftstätigkeit in Anspruch.

Die Parteien beschlossen, Grundstücke im Gebiet "P.", die in ihrem Miteigentum standen oder von ihnen zu Miteigentum erworben wurden, gemeinsam zu erschließen und nach Parzellierung als Baugrundstücke zu veräußern. Der erzielte Gewinn sollte hälftig zwischen ihnen geteilt werden. Nach Durchführung des Vorhabens stellte die Beklagte, die das Projekt "P." leitete, schließlich eine "endgültige" Abrechnung auf, die - unter Kürzung der Ausgabenposition "Abwicklungsgebühr" um den der Klägerin bereits bei der Abrechnung eines anderen gemeinsamen Vorhabens (Projekt "A.") belasteten Teilbetrag - mit einem Guthaben der Klägerin in Höhe von 487,96 EUR endete. Die Klägerin, die ihren Zahlungsanspruch wegen der beim Projekt "A." zu Unrecht berücksichtigten - weil das Vorhaben "P." betreffenden - Kosten in der Berufungsinstanz als noch offenes Guthaben aus der Abrechnung des Projekts "A." dargestellt hat, beanstandet im Wesentlichen vier Positionen der Abrechnung und verlangt - weil zu verteilendes Vermögen nicht mehr vorhanden ist - von der Beklagten Zahlung von 53.802,78 EUR.

Das Landgericht hat den Zahlungsanspruch als nicht fällig angesehen und die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die gegen die Abweisung des Zahlungsantrags gerichtete Berufung zurückgewiesen und dem in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsantrag, die zwischen den Parteien streitigen Rechnungsposten festzustellen, teilweise stattgegeben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, das sie nunmehr insgesamt auf das Projekt "P." stützt.

Entscheidungsgründe:

I. Über die Revision der Klägerin ist, da die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten war, durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber nicht auf der Säumnis, sondern auf einer Sachprüfung (BGHZ 37, 79 , 81).

II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Das Berufungsgericht hat zur Abweisung des Zahlungsantrags im Wesentlichen ausgeführt:

Zwischen den Parteien habe hinsichtlich des Projekts "P." eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden. Der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben, der unmittelbar gegenüber ausgleichspflichtigen Gesellschaftern durchgesetzt werden könne, wenn kein Gesellschaftsvermögen vorhanden sei, werde erst fällig, wenn die Schlussabrechnung von den Gesellschaftern festgestellt und über ihren Inhalt Einigkeit erzielt worden sei. Dies sei angesichts des umfangreichen Streits der Parteien über zahlreiche Positionen der Abrechnung nicht der Fall. Eine Auszahlung an die Klägerin komme auch nicht ausnahmsweise in Betracht. Da noch Steuerforderungen auf die Gesellschaft zukommen könnten, sei nämlich nicht unzweifelhaft, dass ein Auseinandersetzungsguthaben mindestens in Höhe der Klageforderung bestehe. Es könne somit nur die Berechtigung einzelner Rechnungsposten durch Feststellungsklage geklärt werden.

III. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. a) Mit Recht - und von der Revision unbeanstandet - hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass zwischen den Parteien bei der Durchführung des Projekts "P." eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestanden hat. Die Rechtsbeziehung der Parteien erschöpfte sich nicht in der gemeinschaftlichen Berechtigung an den Grundstücken, sondern war durch den gemeinsam verfolgten Zweck geprägt, die Grundstücke zu erschließen und gewinnbringend als Bauland zu veräußern (vgl. MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. Vor § 705 Rdn. 15).

b) Ebenso zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben unmittelbar gegen die Beklagte geltend machen kann (Sen.Urt. v. 5. Juli 2003 - II ZR 234/92, ZIP 2003, 1307, 1309).

2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts ist der Zahlungsanspruch fällig. Einer - von den Gesellschaftern festzustellenden - Auseinandersetzungsbilanz bedarf es hierzu nicht (Senat aaO.). Der Fälligkeit des Zahlungsantrags steht insbesondere nicht die Erwägung entgegen, es könnten noch Steuerforderungen gegen die Gesellschaft erhoben werden. Das Vorhandensein oder die Möglichkeit offener Gesellschaftsverbindlichkeiten schließen den internen Ausgleich zwischen den Gesellschaftern nicht aus, wenn - wie hier - kein Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist (Senat BGHZ 26, 126, 133; Ulmer aaO. § 730 Rdn. 62; Staudinger/Habermeier, BGB 2003 § 730 Rdn. 26; Bamberger/Roth, BGB § 730 Rdn. 32).

3. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die Höhe eines etwaigen - von der Klägerin noch näher darzulegenden - Zahlungsanspruchs klären kann. Bei der Zurückverweisung hat der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Vorinstanz: OLG Hamm, vom 04.12.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 27 U 77/03
Vorinstanz: LG Paderborn, vom 30.01.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 7 O 107/02
Fundstellen
BB 2006, 461
BGHReport 2006, 376
BauR 2006, 832
DB 2006, 331
DStR 2006, 577
MDR 2006, 700
NJW-RR 2006, 468
NZG 2006, 185
WM 2006, 433
ZIP 2006, 232