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BGH - Entscheidung vom 24.11.2005

V ZB 133/05

Normen:
ZwVwV § 20 Abs. 1

Fundstellen:
BGHReport 2006, 473
InVo 2006, 302
MDR 2006, 837
NZM 2006, 234
Rpfleger 2006, 151
ZInsO 2006, 85
ZfIR 2006, 342
ZfIR 2006, 344

BGH, Beschluß vom 24.11.2005 - Aktenzeichen V ZB 133/05

DRsp Nr. 2006/365

Vergütung des Zwangsverwalters bei Anordnung der Zwangsverwaltung mehrerer Grundstücke

»Sind mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte Gegenstand einer Zwangsverwaltung, fällt die Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV für jedes der in Besitz genommenen Grundstücke oder Substrate der grundstücksgleichen Rechte gesondert an, wenn sie keine wirtschaftliche Einheit bilden (Fortführung von BGH, Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 33/03, ZfIR 2005, 69).«

Normenkette:

ZwVwV § 20 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Auf Antrag des Gläubigers ordnete das Amtsgericht Kassel am 29. November 2004 in einem einheitlichen Beschluss die Zwangsverwaltung von 33 Wohnungs- und Teileigentumsrechten der Gemeinschuldnerin in der Eigentumswohnungsanlage H. Straße in K. und zugleich die getrennte Führung der Verfahren für jedes einzelne Wohnungs- und Teileigentumsrecht an. Der Zwangsverwalter nahm die von den Wohnungs- und Teileigentumsrechten erfassten Räumlichkeiten am 10. Januar 2005 in Besitz. Zu diesem Zeitpunkt waren noch fünf dieser Einheiten vermietet. Am 13. Januar 2005 wurden die Wohnungs- und Teileigentumsrechte sämtlich versteigert. Die Zwangsverwaltung wurde am 17. Januar 2005 nach Antragsrücknahme durch einen wiederum einheitlichen Beschluss für alle betroffenen Wohnungs- und Teileigentumsrechte aufgehoben.

Der Zwangsverwalter hat die Festsetzung der Mindestvergütung von 719,33 EUR brutto für jedes der insgesamt 33 Wohnungs- und Teileigentumsrechte, zusammen also 23.733,60 EUR brutto beantragt. Diesem Antrag hat das Amtsgericht zunächst nur in Höhe von 765,60 EUR und später, nach Aufhebung und Zurückverweisung durch das Landgericht, in vollem Umfang entsprochen. Die Beschwerde des Gläubigers hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine von dem Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit welcher er die Wiederherstellung der ursprünglichen Entscheidung des Amtsgerichts erreichen möchte.

II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 , Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, dem Verwalter stehe die Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 der Zwangsverwalterverordnung vom 19. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2804 - ZwVwV) nebst Auslagen und Umsatzsteuer nicht nur einmal, sondern für jedes der 33 zwangsverwalteten Wohnungs- und Teileigentumsrechte, also 33 Mal zu. Für den Ansatz der Mindestvergütung knüpfe § 20 Abs. 1 ZwVwV an die Inbesitznahme des Zwangsverwaltungsobjekts an. Der Verordnungsgeber sei dabei ersichtlich davon ausgegangen, dass jedes einzelne zu verwaltende Grundstück oder grundstücksgleiche Recht Gegenstand eines gesonderten Zwangsverwaltungsverfahrens sei. Die Vergütung sei deshalb auch gesondert zu ermitteln. Daran ändere es nichts, wenn Zwangsverwaltungsverfahren über mehrere Grundstücke verbunden würden. Denn auch in einem solchen Fall müssten die Erträgnisse gesondert verwaltet und abgerechnet werden.

2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung stand. Die Vorinstanzen haben die Mindestvergütung mit Recht nicht nur einmal, sondern für jedes der 33 Wohnungs- und Teileigentumsrechte gesondert angesetzt und die Vergütung des Verwalters zutreffend auf insgesamt 23.733,60 EUR festgesetzt.

a) § 20 Abs. 1 ZwVwV legt ausdrücklich nur fest, dass die Mindestvergütung des Verwalters nach erfolgter Inbesitznahme des Zwangsverwaltungsobjekts 600 EUR beträgt. Der Vorschrift lässt sich aber keine ausdrückliche Aussage dazu entnehmen, ob diese Mindestvergütung für jedes Grundstück oder grundstücksgleiche Recht, das Gegenstand des Zwangsverwaltungsverfahrens ist, gesondert oder in jedem Zwangsverwaltungsverfahren unabhängig von der Zahl der betroffenen Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte nur einmal anfällt. Diese Frage wird, worauf die Beschwerde hinweist, teilweise im zweiten Sinne beantwortet (Waldherr/Weber, ZfIR 2005, 184, 187). Diese Ansicht führte aber dazu, dass die Höhe der Mindestvergütung des Verwalters nicht vom Inhalt seiner Aufgabe, sondern von der unter verfahrensökonomischen Gesichtspunkten zu treffenden Entscheidung des Vollstreckungsgerichts abhinge, die beantragte Zwangsverwaltung in einem einheitlichen oder in mehreren getrennten Verfahren zu betreiben. Das wird den Maßstäben nicht gerecht, an denen der Verordnungsgeber die Bemessung der Verwaltervergütung ausgerichtet hat. Sie fällt nicht für die Tätigkeit in einem Verfahren, dessen Wert zu bestimmen wäre, oder für einzelne Verfahrenshandlungen an. Sie hängt vielmehr im Regelfall des § 18 ZwVwV von dem Miet- oder Pachtertrag der verwalteten Grundstücke und nach § 19 ZwVwV von dem Aufwand ab, den der Verwalter mit ihrer Verwaltung hat. Sowohl der Ertrag als auch der Aufwand hängen inhaltlich von der Zahl der Grundstücke ab, die der Verwalter zu verwalten hat. Ob dies in einem einheitlichen Verfahren geschieht oder in getrennten, spielt für die Höhe der Vergütung keine Rolle. Weshalb das bei einer Regelung anders sein soll, die für beide Berechnungsvarianten eine Untergrenze festlegt (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, Zwangsverwaltung, 3. Aufl. § 20 ZwVwV Rdn. 1), ist nicht erkennbar. Die Anforderungen, die § 3 ZwVwV an die Inbesitznahme stellt, sprechen dagegen. Die Inbesitznahme muss danach für jedes der betroffenen Grundstücke einzeln erfolgen und in einem jeweils gesonderten Bericht dokumentiert werden. Dabei ist nach § 3 Abs. 2 ZwVwV jedes Grundstück einzeln zu beschreiben; seine rechtlichen Verhältnisse sind darzustellen. Hängt die Mindestvergütung aber davon ab, dass jedes einzelne Grundstück in der beschriebenen Weise in Besitz genommen wird, ist es sachgerecht, wenn sie für jedes Grundstück oder grundstücksgleiche Recht gesondert anfällt.

b) Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn mehrere Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte wie ein einziges Wirtschaftsgut vermietet oder verpachtet sind, ohne auf die Einzelgrundstücke oder -rechte bezogene Miet- oder Pachtanteile auszuweisen. Die so wirtschaftlich zusammengefassten Grundstücke bilden dann ein einheitliches Zwangsvollstreckungsobjekt, dessen Gesamtertrag (oder -aufwand) für die Bemessung der Verwaltervergütung maßgeblich ist. Das hat der Bundesgerichtshof für die Bemessung der Verwaltervergütung nach § 24 der Verordnung über die Geschäftsführung und die Vergütung des Zwangsverwalters vom 16. Februar 1970 (BGBl. I S. 185, zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2001, BGBl. I S. 3574) entschieden (Beschl. v. 5. November 2004, IXa ZB 33/03, ZfIR 2005, 69 f.). Für die Bemessung der Vergütung nach §§ 18, 19 ZwVwV gilt nichts anderes, weil sie in diesem Punkt die frühere Regelung vereinfachend fortschreibt. Bilden mehrere Grundstücke wirtschaftlich eine Einheit, fällt auch die Mindestvergütung nur einmal an.

c) Nach diesen Grundsätzen war die Mindestvergütung für jedes der 33 Wohnungs- und Teileigentumsrechte, und nicht nur einmal anzusetzen.

aa) Dass das Vollstreckungsgericht das Zwangsverwaltungsverfahren auf Grund eines einheitlichen Antrags durch einen einheitlichen Beschluss angeordnet hat, ist nach den vorstehenden Ausführungen unerheblich. Hinzu kommt, dass es in demselben Beschluss gleichzeitig die Trennung der einzelnen Verfahren angeordnet und bestimmt hat, dass für jedes einzelne Wohnungs- und Teileigentum ein eigenständiges Verfahren zu führen ist, was auch geschehen ist. Schon deshalb lag bei der für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Inbesitznahme ein einheitliches Verfahren nicht vor. Dass die Zwangsverwaltung später einheitlich aufgehoben wurde, ändert daran nichts.

bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungs- und Teileigentumsrechte einheitlich vermietet oder verpachtet waren oder auf andere Weise als einheitliches Wirtschaftsgut behandelt worden sind, sind nicht ersichtlich. Sie waren im Gegenteil nur teilweise vermietet und standen im Übrigen leer. Das einzige verbindende Element war der Umstand, dass sie sich alle in einer Eigentumswohnungsanlage befinden. Das ändert aber nichts daran, dass sie getrennt verwaltet werden mussten und auch unterschiedliche Verwaltungstätigkeiten verlangten. Bei den vermieteten Wohnungen musste etwa auf den Eingang der Mieten geachtet werden, bei den anderen nicht. Die Verwaltung von nicht vermieteten Wohnungen mag dem Verwalter wenig Aufwand bereiten, insbesondere dann, wenn eine Wohnungsverwaltung besteht. Der Verwalter muss aber gleichwohl jedenfalls die zudem nicht notwendig gleichen Belastungen der einzelnen Wohnungs- und Teileigentumsrechte gesondert erfassen und auch gesondert abrechnen. Er hat, anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall der gemeinschaftlichen Vermietung mehrerer Grundstücke, gerade keinen einheitlichen Miet- oder Pachtvertrag, den er überwachen könnte.

d) Die Vergütung ist nicht zu kürzen.

aa) § 19 Abs. 2 ZwVwV kommt als Grundlage einer solchen Kürzung nicht in Betracht (a. M. Waldherr/Weber, ZfIR 2005, 184, 187). Die Vorschrift hat den Zweck, eine unangemessen niedrige Regelvergütung auszugleichen und eine Erhöhung der Vergütung zu ermöglichen (Haarmeyer/Wutzke/Förster/Hintzen, aaO., § 19 ZwVwV Rdn. 16). Sie dient hingegen nicht dazu, die Vergütung zu kürzen. Das gilt insbesondere für die Vergütung nach § 20 ZwVwV, die ausdrücklich als Mindestvergütung gedacht ist, was ihre Kürzung von vornherein ausschließt. Deshalb kann diese Mindestvergütung auch nicht analog § 18 Abs. 2 ZwVwV (um 5 %) gekürzt werden.

bb) Die Beschwerde macht geltend, dass die Anwendung der Mindestvergütung auf mehrere Zwangsverwaltungsobjekte dem Zweck der Mindestvergütung zuwiderlaufen kann. Das mag dann der Fall sein, wenn mehrere Zwangsvollstreckungsobjekte in einem einzigen Akt in Besitz genommen werden (können) und diese Inbesitznahme insgesamt einen Aufwand verursacht, der über den Aufwand von sechs bis acht Stunden, an dem sich der Verordnungsgeber bei der Bemessung der Mindestvergütung nach § 20 Abs. 1 ZwVwV orientiert hat (BR-Drucks. 842/03 S. 17), nicht oder nicht nennenswert hinausgeht. In einem solchen Fall könnte die Anwendung des § 20 Abs. 1 ZwVwV auf jedes einzelne Zwangsverwaltungsobjekt nicht mehr dem Bedürfnis nach einer angemessenen Mindestvergütung entsprechen, sondern zu einer mit dem Aufwand nach § 19 ZwVwV nicht mehr zu rechtfertigenden überhöhten Vergütung führen. § 20 Abs. 1 ZwVwV wäre dann möglicherweise seinem Zweck entsprechend einschränkend auszulegen und in einem solchen Sonderfall nur einmal anzuwenden. Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn ein solcher Sonderfall liegt hier nicht vor. Die Wohnungs- und Teileigentumsrechte befinden sich zwar sämtlich in derselben Eigentumswohnungsanlage. Der Verwalter konnte sie aber nicht in einem Akt in Besitz nehmen. Um sie den Anforderungen des § 3 ZwVwV entsprechend in Besitz zu nehmen und hierüber nach § 3 Abs. 2 ZwVwV zu berichten, musste er jede einzelne Wohnung und jeden einzelnen Geschäftsraum öffnen, sich über deren Zustand informieren und feststellen, welche öffentlichen Lasten auf ihnen ruhten, welche Kosten der Verwaltung sie verursachen und welche Möglichkeiten der Vermietung sie bieten würden. Bei den vermieteten Objekten musste er Kontakt mit dem Mieter aufnehmen. Die Ergebnisse seiner Prüfung waren für die einzelnen Wohnungs- und Teileigentumsrechte zwar sehr ähnlich. Das ändert aber nichts daran, dass der Verwalter das gerade einzeln ermitteln musste und damit für jedes Einzelobjekt auch einen Aufwand hatte, den die Mindestvergütung pauschaliert abgelten soll. Deshalb kommt eine Reduktion der Mindestvergütung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in Betracht.

e) Die Vergütung beträgt für jedes einzelne Objekt 719,20 EUR, zusammen 23.733,60 EUR. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus der Mindestvergütung von 600 EUR nach § 21 Abs. 1 ZwVwV, der die gesetzlichen Möglichkeiten nach § 21 Abs. 2 Satz 2 ZwVwV unterschreitenden Auslagenpauschale und der nach § 17 Abs. 2 ZwVwV auf beides entfallenden Umsatzsteuer.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO . Der Gegenstandswert entspricht der Gesamtvergütung von 23.733,60 EUR abzüglich der hingenommen Vergütung von 765,60 EUR, mithin 22.968,30 EUR.

Hinweise:

Anmerkung Holzer ZfIR 2006, 342

Vorinstanz: LG Kassel, vom 16.08.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 3 T 577/05
Vorinstanz: AG Kassel, vom 24.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 640 L 145/04
Fundstellen
BGHReport 2006, 473
InVo 2006, 302
MDR 2006, 837
NZM 2006, 234
Rpfleger 2006, 151
ZInsO 2006, 85
ZfIR 2006, 342
ZfIR 2006, 344