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BGH - Entscheidung vom 08.12.2005

III ZR 324/04

Normen:
BNotO § 19 § 23
BeurkG § 54b Abs. 2 S. 1
DONot (1985) § 12 Abs. 2 S. 1, (2001) § 27 Abs. 2 S. 1
KWG (F: 21. Dezember 1992 und 16. Juli 1998) § 23a

Fundstellen:
BGHReport 2006, 360
BGHZ 165, 232
DNotZ 2006, 358
MDR 2006, 585
NJW 2006, 1129
VersR 2006, 1697
WM 2006, 368
ZIP 2006, 275
ZfIR 2006, 777

BGH, Urteil vom 08.12.2005 - Aktenzeichen III ZR 324/04

DRsp Nr. 2006/1010

Pflichten des Notars bei der Deponierung ihm anvertrauter Gelder; Nachprüfung der Sicherung im Falle der Insolvenz der Bank

»Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1842) mit der umfassend ausgestalteten Pflicht der Kreditinstitute, Kunden über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung und vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung schriftlich über die für die Sicherung geltenden Bestimmungen einschließlich Umfang und Höhe der Sicherung zu informieren (§ 23a Abs. 1 KWG ), ist der Notar verpflichtet, bei der Annahme anvertrauter Gelder, die einem Notaranderkonto zuzuführen sind, die Sicherung für den Insolvenzfall zu berücksichtigen.«

Normenkette:

BNotO § 19 § 23 ; BeurkG § 54b Abs. 2 S. 1 ; DONot (1985) § 12 Abs. 2 S. 1, (2001) § 27 Abs. 2 S. 1 ; KWG (F: 21. Dezember 1992 und 16. Juli 1998) § 23a ;

Tatbestand:

Die amtlich bestellte Vertreterin des beklagten Notars beurkundete am 25. Juli 1997 einen Grundstückskaufvertrag, mit dem die Klägerin mehrere Grundstücke in D. zu einem Kaufpreis von 610.920 DM und gegen Zahlung eines Projektentwicklungshonorars von 2.952.780 DM von der H. AG erwerben wollte. Vereinbarungsgemäß zahlte die Klägerin am 4. August 1997 einen Teilbetrag von 500.000 DM auf ein am Tage der Beurkundung vom Beklagten eingerichtetes Anderkonto bei der BVH Bank für Vermögensanlagen und Handel AG (im Folgenden: BVH Bank) ein. Diese Bank gehörte nicht dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. an. Ob dem Beklagten dieser Umstand bekannt war und ob die Einrichtung des Anderkontos bei diesem Institut auf seinem Vorschlag oder auf einem Wunsch der Klägerin beruhte, die mit dieser Bank Geschäftsbeziehungen unterhielt, ist streitig geblieben. Nach Anordnung eines Moratoriums vom 18. August 1997 durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen und nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Bank am 1. Dezember 1997 stand der eingezahlte Geldbetrag für die Abwicklung des Kaufvertrags, der schließlich nicht durchgeführt wurde, nicht mehr zur Verfügung. Für den hierdurch erlittenen Schaden macht die Klägerin den Beklagten verantwortlich.

Das Landgericht hat die auf Schadensersatz in Höhe von 580.806,21 DM (= 296.961,50 EUR) nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung des Anspruchs der Klägerin gegen die Konkursmasse gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Klägerin dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

I. Das Berufungsgericht nimmt an, der Beklagte habe seine in der Dienstordnung für Notare (DONot) in der zum fraglichen Zeitpunkt geltenden Fassung vom 25. Januar 1985 (vgl. JMBl. NW S. 37) geregelten Dienstpflichten im Rahmen von Verwahrungsgeschäften verletzt. Nach § 12 Abs. 2 Satz 1 DONot seien Fremdgelder einem Sonderkonto zuzuführen gewesen, das bei einem der Deutschen Bankaufsicht unterliegenden Kreditinstitut gemäß den "Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots der Notare" des deutschen Bankgewerbes einzurichten war. Nach Nr. 16 dieser Anderkontenbedingungen (zur Fassung von 1993 vgl. Werhahn/Schebesta/Aepfelbach, AGB und Sonderbedingungen der Banken, 1995, Abschn. 4 c) seien die AGB-Banken 1993 zu beachten gewesen, die in Nr. 20 den Anschluss der Bank an den Einlagensicherungsfonds vorgesehen hätten. Dem Beklagten sei vorzuwerfen, dass er nicht die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BVH Bank darauf überprüft habe, ob sie den allgemein üblichen Regelungen zur damaligen Zeit entsprochen hätten. Bei einer solchen Überprüfung wäre ihm aufgefallen, dass die BVH Bank nach Nr. 20 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen den Hinweis erteilt habe, zur Zeit noch keinem Einlagensicherungsfonds anzugehören.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Der bundeseinheitlich von den Landesjustizverwaltungen erlassenen Dienstordnung für Notare 1985 lassen sich keine Dienstpflichten des Beklagten entnehmen, von sich aus der Frage nachzugehen, ob die BVH Bank dem Einlagensicherungsfonds angehörte. Allerdings hat sich die Rechtslage inzwischen in einer Weise verändert, dass heute von einem Notar erwartet werden muss, bei der Einrichtung von Anderkonten der Einlagensicherung Beachtung zu schenken (vgl. zu den Pflichten eines mit dem Einzug von Versicherungsprämien beauftragten Versicherungsmaklers Senatsurteil vom 21. Dezember 2005 - III ZR 9/05 - für BGHZ vorgesehen). Die Entwicklung lässt sich wie folgt kennzeichnen:

1. Das Reichsgericht machte dem Notar zur Pflicht, anvertrautes Geld in Ermangelung besonderer Vorschriften der Beteiligten entweder in eigene amtliche Verwahrung zu nehmen oder es einem sicheren Bankkonto zuzuführen. Wählte er den letzteren Weg, durfte er das Geld nur bei einer Bank hinterlegen, die er nach pflichtgemäßer Prüfung ohne Verschulden für eine sichere Hinterlegungsstelle halten durfte (vgl. RG DNotZ 1934, 110, 111 = JW 1933, 2899). Hiervon durfte er etwa ausgehen, wenn die Bank seit vielen Jahren bestand, einen guten Ruf hatte und in den letzten Jahren Dividenden ausgezahlt hatte. Die Dienstordnung für Notare vom 5. Juni 1937 (veröffentlicht in Deutsche Justiz 1937, 874) nahm diese Rechtsprechung auf und sah in § 11 Abs. 2 im Rahmen der Verwahrung von Wertgegenständen vor, dass Geldbeträge einem sicheren Bankkonto, das als Sonderkonto des Notars für fremdes Geld (Anderkonto) einzurichten sei, zuzuführen seien.

2. a) Eine solche materielle Vorprüfung der Banksicherheit lag jedoch, sofern sich nicht aus besonderen Hinweisen oder Kenntnissen des Notars etwas anderes ergab, außerhalb seiner eigentlichen beruflichen Aufgaben und Möglichkeiten. In § 12 Abs. 2 Satz 1 der Dienstordnung für Notare vom 7. März 1961 (JMBl. NRW S. 61) wird daher nur noch davon gesprochen, dass Geldbeträge einem Bankkonto zuzuführen seien. In § 12 Abs. 2 Satz 1 DONot 1985 ist bestimmt, dass anvertraute Geldbeträge einem Notaranderkonto zuzuführen seien, das bei einem der Deutschen Bankaufsicht unterliegenden Kreditinstitut gemäß den "Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots der Notare" des deutschen Bankgewerbes bzw. bei der Deutschen Bundesbank zu deren entsprechenden Bedingungen oder bei der Deutschen Bundespost gemäß den "Bedingungen der Deutschen Bundespost für Anderkonten von Notaren" einzurichten ist. Diese Änderung bedeutete zwar nicht, dass es auf die Sicherheit des Kontos nicht mehr angekommen wäre; vielmehr sollte die für die notarielle Verwahrungstätigkeit vorauszusetzende Sicherheit einerseits durch die Bankaufsicht, andererseits durch eine Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen des Notars zum Kreditinstitut mit Hilfe auf die Erfordernisse des Verwahrungsgeschäfts zugeschnittener Anderkontenbedingungen gewährleistet werden. Es ist seitdem allgemeine Meinung, dass der Notar von der Sicherheit eines für den Bankbetrieb zugelassenen Kreditinstituts ausgehen und sich auf die (Wirksamkeit der) Bankaufsicht verlassen darf, also grundsätzlich einer eigenen Prüfungspflicht enthoben ist, sofern er keine konkreten Hinweise dafür hat, dass eine Bank nicht mehr die notwendige Sicherheit für eine Verwahrung von Geldern bietet (vgl. Seybold/Hornig, BNotO , 5. Aufl. 1976, § 23 Rn. 12 und Anh. I, § 12 DONot Rn. 3; Haug DNotZ 1982, 539, 548 f.; ders., Die Amtshaftung des Notars, 2. Aufl. 1997, Rn. 697; Bräu, Die Verwahrungstätigkeit des Notars, 1991, Rn. 175; Weingärtner/Schöttler, DONot, 6. Aufl. 1993, Rn. 167; Weingärtner, Das notarielle Verwahrungsgeschäft, 2. Aufl. 2004, Rn. 135; Hertel, in: Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, 2004, Rn. 1832).

b) Die Pflicht, anvertraute Gelder unverzüglich einem Notaranderkonto zuzuführen, und wesentliche Fragen der Verfügungsbefugnis sowie des notariellen Verwahrungsverfahrens im Ganzen sind seit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung der Bundesnotarordnung und anderer Gesetze vom 31. August 1998 (BGBl. I S. 2585) nicht mehr in der Dienstordnung für Notare, sondern im Beurkundungsgesetz geregelt (§§ 54a bis 54e). Dem Einfluss des europäischen Gemeinschaftsrechts mit dem Prinzip der Kontrolle durch den Herkunftsmitgliedstaat ist es zuzuschreiben, dass § 54b Abs. 2 Satz 1 BeurkG jetzt verlangt, das Notaranderkonto bei einem im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitut oder der Deutschen Bundesbank einzurichten. In § 27 DONot in der Fassung vom 23. März 2001 (JMBl. NRW S. 117) finden sich daher nur noch ergänzende Vorschriften, so etwa die Pflicht, Notaranderkonten entsprechend den von der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer beschlossenen Bedingungen einzurichten und zu führen (§ 27 Abs. 2 Satz 1). Die Frage, ob und inwieweit der Notar bei der Verwahrung von Fremdgeldern die Einlagensicherung des ausgewählten Kreditinstituts zu prüfen hat, ist nicht Gegenstand dieser die eigentlichen Berufspflichten des Notars regelnden Bestimmungen.

3. Zutreffend entnimmt das Berufungsgericht der Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 1 DoNot 1985 die Pflicht des Beklagten, darauf Bedacht zu nehmen, dass die von ihm ausgewählte Bank die Notaranderkontenbedingungen anerkennt und ihrer Rechtsbeziehung zum Notar als dem zur Verfügung über das Anderkonto Berechtigten zugrunde legt. Diese verhalten sich zur Frage der Einlagensicherung jedoch nicht.

Bei den Anderkontenbedingungen handelt es sich um besondere Allgemeine Geschäftsbedingungen, die erstmals im Jahr 1931 aufgrund entsprechender Verhandlungen zwischen der Anwaltskammer in Berlin und dem Central-Verband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes und den übrigen Spitzenorganisationen der Kreditwirtschaft eingeführt und - bereits vor Erlass der hier maßgeblichen Fassung 1993 - in den Jahren 1962 und 1978 in Abstimmung mit der Deutschen Bundesbank und der Bundesnotarkammer überarbeitet und neu gefasst wurden (vgl. zum Ganzen Steuer DNotZ 1979, 208). Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 DONot 2001 müssen Notaranderkonten entsprechend den von der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer beschlossenen Bedingungen eingerichtet und geführt werden. Solche Vertragsbedingungen sind erst durch die 88. Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer am 2. April 2004 beschlossen worden (vgl. DNotZ 2004, 401). Sie entsprechen den bis dahin geltenden Empfehlungen des Kreditausschusses aus dem Jahr 2000 (DNotZ 2000, 561), die die Bedingungen aus dem Jahr 1993 abgelöst haben.

Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ergibt sich auch aus der Verweisung der Anderkontenbedingungen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank nicht die Pflicht des Beklagten, ein Anderkonto nur bei einer Bank zu eröffnen, die dem Einlagensicherungsfonds angehörte.

a) Bereits in den Anderkontenbedingungen 1962 findet sich in ihrer Schlussbestimmung Nr. 16 Satz 2 die Regelung, dass im Übrigen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank gelten. Es handelt sich damit um eine Klausel, die die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank ergänzend auf die Rechtsbeziehung zum Notar erstrecken soll, soweit diese nicht durch die Anderkontenbedingungen vollständig ausgestaltet ist.

b) Nicht anders ist die vom Berufungsgericht herangezogene wortgleiche Schlussbestimmung in Nr. 16 Halbs. 1 der Anderkontenbedingungen 1978/1993 zu verstehen (vgl. Werhahn/Schebesta, Die neuen Bankbedingungen, 1980, Rn. 654; Werhahn/Schebesta/Aepfelbach aaO. Rn. 677). Sie verweist in diesem Teil der Bestimmung, wie sich aus dem verwendeten Singular ("Bank") ergibt, nicht auf die AGB-Banken. Der Revisionserwiderung ist zwar zuzugeben, dass in Nr. 16 Halbs. 2 ("insbesondere gilt im Hinblick auf die Nrn. 11, 12 und 13 die Regelung nach Nr. 1 Absatz 1 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen") eine solche Verweisung auf die AGB-Banken anzunehmen ist, und zwar - was die Anderkontenbedingungen 1978 angeht - auf deren Fassung von 1977. Inhaltlich wird mit dieser Bestimmung noch einmal verdeutlicht, dass die auf die Dauer einer einmal erteilten Vollmacht bezogene Vorschrift der Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 der AGB-Banken auch für die in den Nrn. 11 bis 13 der Anderkontenbedingungen geregelten Sachverhalte heranzuziehen ist (vgl. Werhahn/Schebesta aaO. Rn. 655). Gleiches gilt für die Verweisung in Nr. 16 Halbs. 2 der Anderkontenbedingungen 1993 auf Nr. 11 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken 1993 (vgl. Werhahn/Schebesta/Aepfelbach aaO. Rn. 678).

Über diesen unmittelbaren Hinweis auf die ergänzende Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank hinaus kommt der Nr. 16 Halbs. 1 der Anderkontenbedingungen nicht die Bedeutung zu, dem Notar zur Pflicht zu machen, die konkreten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank mit den AGB-Banken zu vergleichen oder - noch weitergehend und gewissermaßen im Wege einer dynamischen Verweisung - aus den AGB-Banken Dienstpflichten des Notars herzuleiten. Dass diese Bestimmung nicht den ihr vom Berufungsgericht beigemessenen Inhalt hat, wird auch dadurch bestätigt, dass die Anderkontenbedingungen 2000 und 2004 - bei im Übrigen im Wesentlichen unveränderter Rechtslage - keine Bezugnahme mehr auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken enthalten.

4. Eine andere Frage ist, ob der Notar nicht auch ohne ausdrückliche Festlegung einer entsprechenden Dienstpflicht aufgrund allgemeiner Sorgfaltsanforderungen verpflichtet ist, auf eine Sicherung des verwahrten Geldes für den Fall einer Insolvenz zu achten (für eine entsprechende Auswahl Hertel, in: Zugehör/Ganter/Hertel, aaO. Rn. 1833).

a) Auf der Grundlage der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme (ABlEG Nr. L 135, S. 5) ist den Mitgliedstaaten aufgegeben worden, ein System der Einlagensicherung einzurichten, das - wie es in der 25. Begründungserwägung heißt - als eine unentbehrliche Ergänzung des Systems der Bankenaufsicht angesehen wird (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 16. Mai 2002 - III ZR 48/01 - NJW 2002, 2464 , 2467). Hieraus wird deutlich, dass aus der Sicht des Gemeinschaftsgesetzgebers der Schutz der Einleger unvollkommen wäre, würde die Bankenaufsicht nicht um Sicherungsvorkehrungen ergänzt, die im Fall einer Insolvenz den Einlegern zur Verfügung stehen. Das wirkt sich auch auf die Verwahrungstätigkeit des Notars aus. War er durch die Einrichtung einer Bankenaufsicht früher grundsätzlich der Pflicht enthoben worden, aufgrund eigener pflichtgemäßer Prüfung für eine Verwahrung auf einem sicheren Bankkonto Sorge zu tragen (s. oben 2.), kann das Vertrauen des Notars in die Bankenaufsicht nicht mehr genügen, wenn der Gesetzgeber einen über die Bankenaufsicht hinausgehenden Einlegerschutz fordert. Durch das am 1. August 1998 in Kraft getretene Einlagensicherungs- und Anlagenentschädigungsgesetz (Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998, BGBl. I S. 1842) ist eine Pflicht der näher im Gesetz definierten Institute begründet worden, ihre Einlagen durch Zugehörigkeit zu einer Entschädigungseinrichtung zu sichern. Dieser gesetzliche Mindestschutz bis zu einem Entschädigungswert von 20.000 ECU bzw. EUR (vgl. § 4 Abs. 2 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes in der ursprünglichen Fassung bzw. in der Fassung des Art. 3 Abs. 10 Nr. 1 des Gesetzes vom 21. Dezember 2000, BGBl. I S. 1857) wird durch freiwillige Einrichtungen zur Sicherung von Forderungen ergänzt, die schon vor Inkrafttreten des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes bestanden haben. So sieht der Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. in § 6 Abs. 1 Satz 1 seines Statuts eine Sicherung je Gläubiger bis zu einer Grenze von 30 % des haftenden Eigenkapitals im Sinn von § 10 Abs. 2 KWG vor.

Zugleich wird den Kreditinstituten durch § 23a Abs. 1 KWG in der Fassung des Gesetzes vom 16. Juli 1998 zur Pflicht gemacht, Kunden, die nicht Institute sind, im Preisaushang über die Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung sowie vor Aufnahme der Geschäftsbeziehung schriftlich in leicht verständlicher Form über die für die Sicherung geltenden Bestimmungen einschließlich Umfang und Höhe der Sicherung zu informieren. Sofern Einlagen und andere rückzahlbare Gelder nicht gesichert sind - das gilt etwa für Inhaberschuldverschreibungen und Gelder in Währungen von Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes) -, hat das Institut vor Aufnahme der Geschäftsbeziehungen hierauf überdies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, im Preisaushang und an hervorgehobener Stelle in den Vertragsunterlagen hinzuweisen, wobei die Informationen in den Vertragsunterlagen keine anderen Erklärungen enthalten dürfen und gesondert von dem Kunden zu unterschreiben sind. Damit sind gesetzliche Informationspflichten geschaffen, die auch dem Notar die mögliche Sicherung von Fremdgeldern vor Augen führen und ihn dazu verpflichten, bei der Auswahl der Bank dem Sicherungsinteresse der Beteiligten in dem größtmöglichen Umfang Rechnung zu tragen.

b) Vor Inkrafttreten des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes bestand eine Sicherung von Einlagen bei privaten Banken jedoch nur auf freiwilliger Grundlage. Nach dem Zusammenbruch des Bankhauses Herstatt im Jahr 1974 wurde neben der Einlagensicherung im Sparkassen- und Genossenschaftsbereich zum 1. Mai 1976 ein Sicherungssystem für Einlagen bei privaten Banken durch den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. geschaffen. Dieses Sicherungssystem war auch in Notarkreisen bekannt. Bereits 1977 veröffentlichte die Bundesnotarkammer Hinweise zur Einbeziehung von Notaranderkonten in dieses Sicherungssystem, die auf Erläuterungen und Zusicherungen des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. beruhten (vgl. DNotZ 1977, 1). Allerdings fehlten nähere gesetzliche Vorschriften über die Information von Kunden. Zwar machte das Statut des Einlagensicherungsfonds seinen Mitgliedern zur Pflicht, auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Sicherungseinrichtung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuweisen, was seinen Niederschlag in Nr. 27 der AGB-Banken 1977 und in Nr. 20 der AGB-Banken 1993 gefunden hat (vgl. Werhahn/Schebesta, aaO. Rn. 433; Werhahn/Schebesta/Aepfelbach, aaO. Rn. 427; zum Text der damaligen Fassung des Statuts vgl. Canaris, Großkomm HGB , 3. Aufl., Bd. III/3 [2. Bearb. 1981], Rn. 2726). Zog man daher die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank heran, konnte man sich bei einem Mitglied des Einlagensicherungsfonds über dessen Zugehörigkeit zu einem Sicherungssystem vergewissern.

Eine gesetzliche Informationsverpflichtung von Banken, die einer Sicherungseinrichtung nicht angehörten, wurde jedoch erst durch den am 1. Januar 1993 in Kraft getretenen § 23a KWG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute (sog. 4. KWG -Novelle) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2211; geringfügig geändert durch die 5. KWG -Novelle vom 28. September 1994, BGBl. I S. 2735) eingeführt. Die Informationsverpflichtung wurde nicht - wie in § 23a KWG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der EG-Einlagensicherungsrichtlinie und der EG-Anlegerentschädigungsrichtlinie vom 16. Juli 1998 - allseitig ausgestaltet, sondern betraf nur Kreditinstitute, die keiner Sicherungseinrichtung angehörten. Sie ging dahin, auf diese Tatsache in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, im Preisaushang und vor Kontoeröffnung in dem Kontoeröffnungsantrag hinzuweisen, wobei der Hinweis im Kontoeröffnungsantrag keine anderen Erklärungen enthalten durfte und von den Kunden gesondert zu unterschreiben war. In der Begründung des Regierungsentwurfs wird zu dieser Vorschrift ausgeführt, die Einleger bei Kreditinstituten könnten darauf vertrauen, dass ihre Einlagen durch Sicherungseinrichtungen der Kreditwirtschaft geschützt seien. Im Wege der Selbsthilfe hätten die Kreditinstitutsverbände nahezu lückenlose Sicherungssysteme mit weitreichenden Schutzleistungen geschaffen. Das Streben nach Vermeiden eines relevanten Wettbewerbsnachteils und die Verbandssolidarität sorgten dafür, dass nahezu alle Kreditinstitute sich freiwillig einer inländischen Sicherungseinrichtung angeschlossen hätten. Zur Zeit gebe es nur fünf nicht einem solchen Sicherungssystem angeschlossene Kreditinstitute mit Sitz im Inland, die eine Erlaubnis zum Einlagengeschäft auch mit dem kleinen Einleger hätten. Die Hinweispflicht werde gleichwohl eingeführt, damit sich der Kunde hinreichend informieren und frei entscheiden könne, ob er sein Geld diesem Kreditinstitut anvertraue. Die Pflicht zur gesonderten Unterschrift des Hinweises erfülle eine angesichts der Bedeutung der Einlagensicherung unverzichtbare Warnfunktion (BT-Drucks. 12/3377, S. 36 f.).

c) Nach den Feststellungen des Landgerichts, die im Berufungsverfahren nicht in Zweifel gezogen worden sind, ist der der Klägerin obliegende Beweis nicht erbracht, dass dem Beklagten die Nichtzugehörigkeit der BVH Bank zum Einlagensicherungsfonds bekannt gewesen ist oder hätte bekannt sein müssen. Der Kontoeröffnungsantrag vom 6. Januar 1993, mit dem der Beklagte bei der BVH Bank erstmals die Eröffnung eines Anderkontos für die P. I. GmbH beantragte - einer Gesellschaft, die ebenfalls durch den zum Zeitpunkt der Beurkundung des hier streitigen Vertrags bestellten Geschäftsführer der Klägerin vertreten war -, nahm auf die Bedingungen für Anderkonten/Anderdepots von Notaren und ergänzend auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank Bezug, enthielt aber nicht den gebotenen Hinweis auf die mangelnde Zugehörigkeit zu einer Sicherungseinrichtung. Dass dem Beklagten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Fassung von 1988 oder von 1994, denen sich ein Hinweis auf die Nichtzugehörigkeit zu einem Einlagensicherungssystem entnehmen ließ, zugeleitet worden oder bekannt geworden sind, hat sich nicht feststellen lassen. Der Beklagte kam seinen Pflichten aus § 12 Abs. 2 Satz 1 DONot 1985 nach, indem er darauf achtete, dass das Anderkonto gemäß den Bedingungen für Anderkonten und Anderdepots der Notare des deutschen Bankgewerbes geführt werden sollte. Diese sahen - wie ausgeführt (s. oben 3) - nicht vor, dass die ausgewählte Bank einer Sicherungseinrichtung angehören musste. Der Beklagte musste angesichts der lange Jahre vorherrschenden Ansicht, wie sie auch in der zitierten Begründung des Regierungsentwurfs zur 4. KWG -Novelle ihren Niederschlag findet, es bestehe eine nahezu vollständige Absicherung von Kundeneinlagen durch die freiwillig errichteten Sicherungssysteme, nicht von sich aus überprüfen, ob den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der BVH Bank anderes zu entnehmen sei. Ihm wurde auch bei der Reaktivierung des am 24. März 1993 geschlossenen Anderkontos zum 4. Oktober 1994 und im Zusammenhang mit der Kontoeröffnung am Tag der Beurkundung nicht der von der Bank nach § 23a Satz 2 KWG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 geschuldete Hinweis erteilt. Dabei kann dem Beklagten auch nicht vorgeworfen werden, dass die Einrichtung dieses Anderkontos offenbar auf ein Telefongespräch zurückging, das zwischen dem jetzigen Geschäftsführer der Klägerin - seinerzeit Angestellter der BVH Bank - und dem damaligen Geschäftsführer der Klägerin, die bei dieser Bank ein Geschäftskonto unterhielt, geführt worden ist. Denn in Nr. 3 der Anderkontenbedingungen in der Fassung von 1993 ist vorgesehen, dass die Bank berechtigt ist, weitere Notaranderkonten auch ohne Verwendung des Kontoeröffnungsantrags der Bank zu eröffnen, wenn die weiteren Konten ausdrücklich als Notaranderkonten bezeichnet werden (vgl. hierzu Steuer DNotZ 1979, 208, 210). Auch die von der Bundesnotarkammer beschlossenen Vertragsbedingungen (vgl. DNotZ 2004, 401) im Sinn des § 27 Abs. 2 Satz 1 DONot 2001 sehen in Nr. 2 eine solche erleichterte Einrichtung weiterer Anderkonten vor. Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, dass der in das Wissen des Zeugen S. gestellte Tatsachenvortrag nicht zum Beweis für die Behauptung der Klägerin geeignet ist, dem Beklagten sei die Nichtzugehörigkeit der BVH Bank zu einer Sicherungseinrichtung bekannt gewesen.

Ist nach allem eine Amtspflichtverletzung des Beklagten nicht bewiesen, ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 18.06.2004 - Vorinstanzaktenzeichen I-7 U 4/04
Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 28.07.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 8 O 201/01
Fundstellen
BGHReport 2006, 360
BGHZ 165, 232
DNotZ 2006, 358
MDR 2006, 585
NJW 2006, 1129
VersR 2006, 1697
WM 2006, 368
ZIP 2006, 275
ZfIR 2006, 777