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BGH - Entscheidung vom 26.01.2005

VIII ZR 275/03

Normen:
HGB § 354a

Fundstellen:
BB 2005, 404
BGHReport 2005, 615
DB 2005, 442
JuS 2005, 564
MDR 2005, 640
NJW-RR 2005, 624
NZI 2006, 256
WM 2005, 429
ZIP 2005, 445

BGH, Urteil vom 26.01.2005 - Aktenzeichen VIII ZR 275/03

DRsp Nr. 2005/2384

Formularmäßige Vereinbarung eines Zustimmungsvorbehalts für die Abtretung einer Kaufpreisforderung

»a) Der Vorbehalt in den Einkaufsbedingungen einer GmbH, daß der Lieferant ohne vorherige schriftliche Zustimmung der GmbH nicht berechtigt ist, seine Kaufpreisforderungen gegen die GmbH abzutreten, steht einem Abtretungsausschluß nach § 354a HGB gleich.b) Als Leistung im Sinne des § 354a Satz 2 HGB ist auch die Aufrechnung des Schuldners mit einer Forderung gegen den Zedenten anzusehen. Der Schuldner kann dabei die Aufrechnung nicht nur dem bisherigen Gläubiger gegenüber erklären, sondern auch dem neuen Gläubiger gegenüber.c) § 406 BGB findet im Fall des § 354a HGB keine Anwendung. Der Schuldner kann daher selbst dann mit einer Forderung gegen den bisherigen Gläubiger aufrechnen, wenn er diese in Kenntnis der Abtretung erwirbt oder wenn sie nach Kenntnis des Schuldners und später als die abgetretene Forderung fällig wird.«

Normenkette:

HGB § 354a ;

Tatbestand:

Die Beklagte stellt Dachsysteme für Automobile her. Dazu bezog sie von der L. GmbH (im folgenden L. GmbH) Bauteile. In den zugrunde liegenden Einkaufsbedingungen der Beklagten heißt es unter Nr. 3.4:

"Der Lieferant ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung, die nicht unbillig verweigert werden darf, nicht berechtigt, seine Forderungen gegen die C. [= Beklagte] abzutreten oder durch Dritte einziehen zu lassen. ... Tritt der Lieferant seine Forderung gegen C. entgegen Satz 1 ohne deren Zustimmung an einen Dritten ab, so ist die Abtretung gleichwohl wirksam. Der Besteller kann jedoch nach seiner Wahl mit befreiender Wirkung an den Lieferanten oder den Dritten leisten."

Am 1. August 2000 schloß die L. GmbH mit der Klägerin einen Factoring-Vertrag, aufgrund dessen sie dieser unter anderem ihre Kaufpreisforderungen gegen die Beklagte verkaufte und abtrat. Darüber unterrichtete die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 9. November 2000. Zugleich wies sie darauf hin, daß Zahlungen mit schuldbefreiender Wirkung ausschließlich an sie zu leisten seien. Am 13. November 2000 beantragte die L. GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Unter dem 15. Dezember 2000 teilte die Beklagte der Klägerin auf das Schreiben vom 9. November 2000 und ein weiteres Schreiben vom 5. Dezember 2000 mit, durch die Lieferunfähigkeit der L. GmbH seien ihr erhebliche Aufwendungen entstanden; vor der Insolvenz der L. GmbH habe sie mit dieser eine Vereinbarung abgeschlossen, wonach sie Forderungen von Vorlieferanten direkt bezahlen könne, um die Belieferung der L. GmbH aufrecht zu erhalten. Die betreffende Vereinbarung trägt das Datum vom 8. November 2000 und lautet auszugsweise wie folgt:

"2. C. [= Beklagte] wird ... zur Sicherung der Belieferung Forderungen dieser Unterlieferanten unmittelbar durch Zahlung an Stelle von L. an die Unterlieferanten erfüllen. Diese Vereinbarung begründet ein Recht von C. aber keine Verpflichtung zur Leistung derartiger Zahlungen. ...

...

4. Die Zahlungen an die Unterlieferanten werden an Erfüllungs statt auf die Verbindlichkeiten von C. gegenüber L. geleistet und dementsprechend mit den Verbindlichkeiten der C. gegenüber L. verrechnet. ..."

Nach weiterem Schriftwechsel erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 3. Januar 2001, daß sie mit dem ihr entstandenen Schaden "gegenrechne" und deswegen keine Zahlungen an die Klägerin leisten werde. Am 1. Februar 2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der L. GmbH eröffnet.

In dem vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin unter Berufung auf die an sie abgetretenen Kaufpreisforderungen der L. GmbH von der Beklagten Zahlung von 531.226,64 EUR nebst Zinsen an sich oder den Insolvenzverwalter über das Vermögen der L. GmbH begehrt. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Abtretung sei unwirksam. Hilfsweise hat sie sich auf die Aufrechnung mit Aufwendungsersatzansprüchen wegen Zahlungen berufen, die sie nach ihrer Behauptung gemäß der Vereinbarung mit der L. GmbH vom 8. November 2000 an deren Lieferanten in Höhe von insgesamt 225.970,53 DM (= 115.536,90 EUR) erbracht haben will. Im einzelnen hat sie behauptet, am 9. November 2000 an die R. GmbH 50.744,06 DM, am 10. November 2000 an die Z.-gesellschaft mbH & Co. 55.242,13 DM, am 21. November 2000 an die S. GmbH & Co. 115.966,61 DM und am 1. Februar 2001 an die D. 4.017,73 DM gezahlt zu haben. Die Klägerin hat die von der Beklagten behaupteten Zahlungen bestritten. Weiter hat sie geltend gemacht, daß die Vereinbarung vom 8. November 2000 nicht an diesem Tag geschlossen worden und zudem unwirksam sei.

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im übrigen in Höhe von 527.343,55 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision insoweit, als ihre Aufrechnung mit Aufwendungsersatzansprüchen wegen Zahlungen an die Lieferanten der L. GmbH in Höhe von insgesamt 115.536,90 EUR als unwirksam angesehen und sie demgemäß zur Zahlung von mehr als 411.806,65 EUR nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht einen Kaufpreisanspruch in der vom Landgericht zuerkannten Höhe. Die Aufrechnung der Beklagten mit Aufwendungsersatzansprüchen gemäß der Vereinbarung mit der L. GmbH vom 8. November 2000 wegen Zahlungen an Lieferanten der L. GmbH sei zwar nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig, weil die Insolvenzmasse dadurch nicht berührt werde. Ihr stehe jedoch § 406 BGB entgegen. Dabei könne offen bleiben, ob die Vereinbarung vom 8. November 2000 an diesem Tag geschlossen worden und wirksam zustande gekommen sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe die Beklagte bereits am 10. November 2000 Kenntnis von der Abtretung der Forderungen der L. GmbH an die Klägerin gehabt. Die Beklagte habe ihre Aufwendungsersatzansprüche gemäß der Vereinbarung vom 8. November 2000 erst mit der Erfüllung der betreffenden Lieferantenforderungen gegen die L. GmbH erwerben können. Die Zahlungen der Beklagten seien, wie im normalen Überweisungsverkehr üblich, frühestens jeweils zwei Tage nach ihrer Anweisung bei den Lieferanten eingegangen. Dies bedeute, daß der Aufwendungsersatzanspruch wegen Befriedigung der Forderung der R. GmbH frühestens am 11. November 2000 entstanden sein könne. In diesem Zeitpunkt habe die Beklagte jedoch bereits Kenntnis von der Abtretung gehabt. Gleiches gelte für die späteren Zahlungen der Beklagten. Auch die zweite Alternative des § 406 BGB sei erfüllt. Gemäß den vorstehenden Überlegungen seien die Aufwendungsersatzansprüche der Beklagten erst nach Erlangung der Kenntnis von der Abtretung und später als die an die Klägerin abgetretenen Forderungen fällig geworden. § 406 BGB komme im vorliegenden Fall zur Anwendung und werde nicht durch § 354a HGB verdrängt.

II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage des in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachverhalts hat das Berufungsgericht die von der Klägerin aus abgetretenem Recht der L. GmbH gegen die Beklagte geltend gemachten Kaufpreisforderungen aus Warenlieferungen (§§ 433 Abs. 2 , 398 BGB ) zu Unrecht bejaht, soweit die Beklagte mit Aufwendungsersatzansprüchen wegen Zahlungen an Lieferanten der L. GmbH in Höhe von insgesamt 115.536,90 EUR aufgerechnet hat.

1. Die Aufrechnung der Beklagten ist insoweit zulässig. Das Berufungsgericht ist nicht der Frage nachgegangen, ob die Aufrechnungserklärung der Beklagten gegenüber der Klägerin bereits in dem Schreiben vom 3. Januar 2001 an die Klägerin zu sehen ist, in dem sie mit dem ihr unter anderem durch die Zahlungen an die Lieferanten der L. GmbH entstandenen Schaden "gegengerechnet" hat, oder erst in der Klageerwiderung, in der sie sich in dem vorliegenden Rechtsstreit erstmals auf die Aufrechnung berufen hat. Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Selbst wenn die Aufrechnungserklärung erst in der Klageerwiderung zu sehen und demgemäß erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der L. GmbH erfolgt sein sollte, wäre die Aufrechnung zulässig. Zwar würde es sich dann bei den von der Beklagten aufgerechneten Aufwendungsersatzansprüchen gegen die L. GmbH um Insolvenzforderungen handeln, die grundsätzlich den Regelungen der §§ 94 bis 96 InsO unterliegen. Daraus ergeben sich hier jedoch keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung der Beklagten.

Nach § 94 InsO wird die schon bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestehende Aufrechnungsbefugnis eines Insolvenzgläubigers durch das Insolvenzverfahren nicht berührt. So ist es hier. Sowohl die von der Klägerin aus abgetretenem Recht geltend gemachten Kaufpreisansprüche der L. GmbH gegen die Beklagte als auch gegebenenfalls die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Aufwendungsersatzansprüche gegen die L. GmbH sind vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Februar 2001 fällig geworden, so daß sie sich vor diesem Zeitpunkt aufrechenbar gegenüber gestanden haben.

Die Aufrechnung ist auch nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung sind die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der L. GmbH vom 8. November 2000 und die im Anschluß daran erfolgten Zahlungen der Beklagten an die Lieferanten der L. GmbH der Beklagten gegenüber nicht anfechtbar, weil diese seinerzeit keine Insolvenzgläubigerin, sondern Schuldnerin der L. GmbH war. Gemäß §§ 130 Abs. 1 , 131 Abs. 1 InsO können nur Rechtshandlungen angefochten werden, durch die ein Insolvenzgläubiger etwas erlangt hat. Darüber hinaus könnte sich die Klägerin gegebenenfalls nicht auf eine Anfechtbarkeit nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO berufen. In der Insolvenz kann die Anfechtung nach § 129 Abs. 1 InsO lediglich der Insolvenzverwalter geltend machen. Dafür ist hier weder etwas dargetan noch sonst ersichtlich, zumal davon nicht die Insolvenzmasse, sondern allenfalls die Klägerin einen Vorteil hätte.

2. Nach den bisher getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts und dem maßgeblichen Vortrag der Beklagten ist davon auszugehen, daß die Aufrechnung der Beklagten durchgreift und die in der Revisionsinstanz noch geltend gemachten Kaufpreisforderungen insoweit erloschen sind (§§ 387 , 389 BGB ).

a) Nach Nr. 4 der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der L. GmbH vom 8. November 2000 werden die Zahlungen der Beklagten an die Lieferanten der L. GmbH an Erfüllungs statt auf ihre Verbindlichkeiten gegenüber der L. GmbH geleistet und damit verrechnet. Das Berufungsgericht hat diese Abrede nicht ausgelegt. Die den Ausführungen der Beklagten zugrundeliegende Auslegung, daß ihr in Höhe der Zahlungen jeweils Aufwendungsersatzansprüche gegen die L. GmbH zustehen, mit denen sie gegen deren Kaufpreisforderungen aufrechnen kann, erscheint jedenfalls nicht ausgeschlossen; daher ist hiervon in der Revisionsinstanz auszugehen. Weiter hat das Berufungsgericht ausdrücklich offen gelassen, ob die Vereinbarung (wirksam) zustande gekommen ist. Deswegen ist auch dies in der Revisionsinstanz zugunsten der Beklagten anzunehmen. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist schließlich die Behauptung der Beklagten als richtig zu unterstellen, sie habe an die Lieferanten der L. GmbH Zahlungen in Höhe von insgesamt 115.536,90 EUR geleistet. Danach stehen der Beklagten gemäß der Vereinbarung vom 8. November 2000 gegen die L. GmbH Aufwendungsersatzansprüche in Höhe von 115.536,90 EUR zu, mit denen sie gegen deren Kaufpreisforderungen aufrechnen kann.

b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, der Klägerin gegenüber sei die Aufrechnung der Beklagten mit ihren Aufwendungsersatzansprüchen nach § 406 BGB ausgeschlossen. Insoweit bedarf keiner Entscheidung, ob das Berufungsgericht zutreffend die Voraussetzungen bejaht hat, unter denen es dem Schuldner nach § 406 BGB ausnahmsweise verwehrt ist, eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung einem neuen Gläubiger gegenüber aufzurechnen. Zu Recht macht die Revision geltend, daß § 406 BGB entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall gemäß § 354a HGB keine Anwendung findet.

aa) Nach § 354a HGB ist die Abtretung einer durch ein beiderseitiges Handelsgeschäft begründeten Geldforderung trotz eines vertraglichen Abtretungsverbotes wirksam (Satz 1). Der Schuldner kann jedoch mit befreiender Wirkung an den bisherigen Gläubiger leisten (Satz 2). Die Voraussetzungen des § 354a Satz 1 HGB sind hier gegeben.

Die an die Klägerin abgetretenen Kaufpreisforderungen der L. GmbH gegen die Beklagte beruhen auf beiderseitigen Handelsgeschäften. Ihre Abtretung ist zwar nach Nr. 3.4 der den Kaufverträgen mit der L. GmbH zugrunde liegenden Einkaufsbedingungen der Beklagten nicht ausgeschlossen, sondern lediglich an die vorherige schriftliche Zustimmung der Beklagten geknüpft. Ein solcher Zustimmungsvorbehalt ist jedoch - wie auch andere Abtretungsbeschränkungen - im Hinblick auf den Zweck des nachträglich in das Gesetz eingefügten § 354a HGB , die Abtretbarkeit der betreffenden Forderungen zur Kreditsicherheit zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. 12/7912 Begründung zu Artikel 2 Nummer 11, S. 24 f.: "der Kreditfinanzierung wieder zugänglich" machen), nach allgemeiner Ansicht einem Abtretungsausschluß gleichzustellen (z.B. OLG Köln, WM 1998, 859 , 860; OLG Celle, NJW-RR 1999, 618, 619; Baumbach/Hopt, HGB , 31. Aufl., § 354a Rdnr. 1; Roth in: Koller/Roth/Morck, HGB , 4. Aufl., § 354a Rdnr. 2; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, § 354a Rdnr. 11; Wagner in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB , § 354a Rdnr. 6; ders. WM 1996, Sonderbeilage 1 S. 6). Dementsprechend bestimmt Nr. 3.4 der Einkaufsbedingungen der Beklagten in Anlehnung an § 354a HGB weiter, daß eine Abtretung ohne Zustimmung der Beklagten gleichwohl wirksam ist, die Beklagte jedoch mit befreiender Wirkung auch an den Lieferanten leisten kann.

bb) Durch die dem Schuldner in § 354a Satz 2 HGB eingeräumte Befugnis, ungeachtet der Wirksamkeit der Forderungsabtretung an den bisherigen Gläubiger leisten zu dürfen, soll "das Interesse des Forderungsschuldners, sich nicht auf wechselnde Gläubiger einzustellen sowie Verrechnungen und Zahlungsvereinbarungen mit dem alten Gläubiger vornehmen zu können, ... uneingeschränkt gewahrt" werden (BT-Drucks. aaO., S. 25 unter 5 b). Dem Schuldner soll mithin die Rechtsposition erhalten bleiben, die er dem Zedenten gegenüber innehatte (Senatsurteil vom 15. Oktober 2003 - VIII ZR 358/02, WM 2003, 2338 unter II 1 a aa). Aus diesem Regelungszweck ergibt sich im vorliegenden Zusammenhang folgendes:

Zunächst ist als Leistung im Sinne des § 354a Satz 2 HGB neben anderen Erfüllungssurrogaten insbesondere auch die - hier gegebene - Aufrechnung des Schuldners mit einer Forderung gegen den Zedenten anzusehen (so beiläufig bereits Senatsurteil aaO.; ferner die ganz herrschende Meinung im Schrifttum, z.B. Canaris in: Staub, HGB , 4. Aufl., § 354a , Rdnr. 12; Baumbach/Hopt, aaO., Rdnr. 2; Roth in: Koller/Roth/Morck, aaO., Rdnr. 3; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO., Rdnr. 20; Wagner in: Ebenroth/Boujong/Joost, aaO., Rdnr. 17; ders., aaO., S. 13; a.A. Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S. 283 f.).

Weiter kann der Schuldner die Aufrechnung nicht nur dem bisherigen Gläubiger gegenüber erklären (so aber MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO.), sondern - wie hier - auch dem neuen Gläubiger gegenüber (Wagner, aaO., S. 13). Unter dem Gesichtspunkt des bezweckten Schuldnerschutzes kann dies keinen Unterschied machen.

Schließlich kommt es nach dem Schutzzweck der Regelung und darüber hinaus nach ihrem Wortlaut, der keine Einschränkung enthält, anders als in §§ 406 und 407 BGB nicht darauf an, ob und wann der Schuldner Kenntnis von der Abtretung erlangt hat. Dem Schuldner, der sich im Geschäftsverkehr nicht durch ein Abtretungsverbot schützen kann, soll gemäß § 354a Satz 2 HGB eine über § 406 und § 407 BGB hinausgehende Erfüllungs- beziehungsweise Aufrechnungsmöglichkeit erhalten bleiben. Er kann daher selbst dann mit einer Forderung gegen den bisherigen Gläubiger aufrechnen, wenn er diese in Kenntnis der Abtretung erwirbt oder wenn sie nach Kenntnis des Schuldners und später als die abgetretene Forderung fällig wird, was das Berufungsgericht hier beides angenommen hat (allgemeine Meinung, z.B. Canaris in: Staub, aaO., Rdnr. 13; Baumbach/Hopt, aaO.; MünchKommBGB/Roth, 4. Aufl., § 399 Rdnr. 42; Saar, ZIP 1999, 988, 993; MünchKommHGB/Karsten Schmidt, aaO.; von Olshausen, ZIP 1995, 1950, 1953 f.; Wagner in: Ebenroth/Boujong/Joost, aaO., Rdnr. 17; ders., aaO., S. 13 f.; a.A. Berger aaO.).

III. Nach alledem kann das Berufungsurteil in dem angefochtenen Umfang keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist insoweit nicht zur Endentscheidung reif, da es gemäß den obigen Ausführungen (unter II 2 a) noch tatsächlicher Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsurteil in dem angefochtenen Umfang aufzuheben, und die Sache ist insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück zu verweisen.

Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 13.08.2003
Vorinstanz: LG Hamburg,
Fundstellen
BB 2005, 404
BGHReport 2005, 615
DB 2005, 442
JuS 2005, 564
MDR 2005, 640
NJW-RR 2005, 624
NZI 2006, 256
WM 2005, 429
ZIP 2005, 445