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BGH - Entscheidung vom 31.05.2005

5 StR 85/05

Normen:
StGB § 55 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 31.05.2005 - Aktenzeichen 5 StR 85/05

DRsp Nr. 2005/9816

Einbeziehung und Vollstreckung bei Unkenntnis der weiteren Einbeziehung einer Strafe

Wurde eine Strafe in ein Urteil in Unkenntnis einer inzwischen erfolgten Einbeziehung der Strafe in ein anderes Urteil (erneut) einbezogen, so handelt es sich bei vollständiger Verbüßung (der ersten Strafe) nicht um eine Vollstreckung im Sinn des § 55 StGB , sondern um eine Teilvollstreckung der zweiten Gesamtstrafe.

Normenkette:

StGB § 55 Abs. 1 ;

Gründe:

1. Die Gesamtstrafbildung des Landgerichts durch Bildung mehrerer Gesamtstrafen in Anwendung des § 55 StGB erweist sich in zwei Punkten als korrekturbedürftig.

a) Die Einbeziehung einer im März 2000 gegen den Beschwerdeführer verhängten viermonatigen Freiheitsstrafe für eine weitere vor der ersten maßgeblichen Zäsur (Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 9. Dezember 1999) begangene Tat war nicht durch Vollstreckung ausgeschlossen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 StGB ). Ihre Vollstreckung in Unkenntnis inzwischen erfolgter Einbeziehung der Strafe hatte nicht die Folge vollständiger Verbüßung, sondern der Teilvollstreckung jener neuen Gesamtstrafe (§ 51 Abs. 2 StGB ). Der Senat gleicht den Fehler in dem bereits in Verletzung des Art. 6 Abs. 1 MRK verzögerten Verfahren durch Nachholung der gebotenen Einbeziehung auch dieser Strafe in die erste Gesamtstrafe, die er gleichwohl in unveränderter Höhe beläßt, aus.

b) Das Urteil vom 22. Januar 2001 begründete keine Zäsur, da auch die dort abgeurteilte Tat vor der ersten Zäsur begangen worden war (vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13). Die Einzelstrafen für die Fälle 2 bis 29, die sämtlich nach der ersten Zäsur und vor der zweiten Zäsur (Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. März 2003, sechs nach der ersten Zäsur begangene Taten betreffend) begangen wurden, sind mit den Einzelstrafen aus dem letztgenannten Urteil auf eine einzige Gesamtstrafe zurückzuführen. Der Senat setzt sie mit Rücksicht auf den Konzentrationseffekt bei Gesamtstrafbildung und unter Bedachtnahme auf die erwähnte Verfahrensverzögerung selbst um einen Monat niedriger als die bisherige Summe der gebildeten zweiten und dritten Gesamtstrafe fest. Eine noch gravierendere Bevorteilung des Beschwerdeführers kann mit Rücksicht darauf nicht in Betracht kommen, daß hiermit die bisher für die einbezogenen Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe lediglich um neun Monate und damit nicht einmal um die Einsatzstrafe (zehn Monate Freiheitsstrafe) für die hier abgeurteilte Tatserie überschritten wird, daß ihm mit der eine weitere Anrechnung von vier Monaten Strafverbüßung nach sich ziehenden weiteren Einbeziehung in die Gesamtstrafe wegen des ersten Falles (oben a) trotz eines ihm vom Landgericht insoweit zugebilligten Härteausgleichs ohnehin schon ein überproportionaler Vorteil zugute kommt und daß ihm das Landgericht mit der Zubilligung eines zweiten Strafabschlags bereits einen ihm nicht zustehenden Vorteil im Rahmen der Gesamtstrafbildung zuerkannt hat (vgl. BGHR MRK Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Verfahrensverzögerung 16).

2. Der erzielte Teilerfolg des Beschwerdeführers im Gesamtstrafübel rechtfertigt eine Kostenteilung nach § 473 Abs. 4 StPO .