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BGH - Entscheidung vom 23.02.2005

XII ZB 105/04

Normen:
VAHRG § 1 Abs. 3
BEZNG § 15

Fundstellen:
BGHReport 2005, 1058
FamRZ 2005, 1464
FamRZ 2005, 880
MDR 2005, 1055
NJW-RR 2005, 1017

BGH, Beschluß vom 23.02.2005 - Aktenzeichen XII ZB 105/04

DRsp Nr. 2005/6677

Ausgleich von Anwartschaften auf Zusatzversorgung bei der Bahnversicherungsgesellschaft Abt. B

»Bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B begründete Anwartschaften auf Zusatzversorgung sind jedenfalls dann im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auszugleichen, wenn der versicherte Ehegatte im Zeitpunkt der Neuordnung des Eisenbahnwesens am 1. Januar 1994 in der Zusatzversicherung bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B versichert war (§ 15 Abs. 1 Satz 2, 3 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz).«

Normenkette:

VAHRG § 1 Abs. 3 ; BEZNG § 15 ;

Gründe:

I. Die am 12. Oktober 1989 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 6. Oktober 2003 zugestellten Antrag des Ehemannes (Antragstellers) durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 29. Januar 2004 geschieden (insoweit rechtskräftig am selben Tag) und der Versorgungsausgleich geregelt.

Während der Ehezeit (1. Oktober 1989 bis 30. September 2003, § 1587 Abs. 2 BGB ) erwarben die Parteien Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar die am 9. Januar 1966 geborene Ehefrau bei der Landesversicherungsanstalt Schleswig-Holstein (weitere Beteiligte zu 3, LVA) in Höhe von 192,82 EUR und der am 31. Dezember 1957 geborene Ehemann bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. A (weitere Beteiligte zu 2; BVA/A) in Höhe von 398,52 EUR, jeweils monatlich und bezogen auf den 30. September 2003. Außerdem hat der Ehemann in der Ehezeit bei der Bahnversicherungsanstalt Abt. B (weitere Beteiligte zu 1, BVA/B) eine Anwartschaft auf Zusatzversorgung in monatlicher Höhe von 200,68 EUR, bezogen auf den 30. September 2003, erworben.

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es bei der BVA/A bestehende Rentenanwartschaften des Ehemannes in Höhe von (398,52 EUR - 192,82 EUR = 205,70 EUR : 2 =) 102,85 EUR, bezogen auf den 30. September 2003, im Wege des Splittings auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen hat. Die bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung hat es als volldynamisch angesehen und zu Lasten dieser Anrechte für die Ehefrau Rentenanwartschaften bei der LVA in Höhe von 100,34 EUR begründet.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der BVA/B hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts abgeändert und - zum Ausgleich der für den Ehemann bei der BVA/B begründeten Anrechte auf Zusatzversorgung - im Wege des erweiterten Splittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A in monatlicher Höhe von 34,61 EUR, bezogen auf den 30. September 2003, auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA übertragen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die BVA/B gegen die Ausgleichsform.

II. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind die für den Ehemann bei der BVA/B begründeten Anrechte auf Zusatzversorgung als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch anzusehen. Sie seien dementsprechend gemäß § 1587 a Abs. 3 BGB i.V. mit Tabelle 1 zu § 2 Abs. 1 BarwertVO umzurechnen und mit dem sich daraus ergebenden Wert eines volldynamischen Anrechts in Höhe von 69,22 EUR in die Ausgleichsbilanz einzustellen (200,68 EUR x 12 Monate x 3,8 [Barwertfaktor Alter bei Ehezeitende 45] x 165 % [Anmerkung 2 zu Tabelle 1 BarwertVO] = 15.099,16 EUR [Barwert] x 0,0001754432 [Umrechnungsfaktor EPe] x 26,13 EUR [aktueller Rentenwert] = 69,22 EUR). Der sich ergebende Ausgleichsanspruch in Höhe von insgesamt (398,52 EUR + 69,22 EUR - 192,82 EUR = 274,92 EUR : 2 =) 137,46 EUR sei in Höhe von (398,52 EUR - 192,82 EUR = 205,70 EUR : 2 =) 102,85 EUR im Wege des Splittings (§ 1587 b Abs. 1 BGB ) zu erfüllen. Der verbleibende Ausgleichsbetrag in Höhe von (137,46 EUR - 102,85 EUR =) 34,61 EUR sei an sich (gemäß § 2 VAHRG ) schuldrechtlich auszugleichen. An die Stelle des schuldrechtlichen Ausgleichs trete jedoch nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG bis zur Höhe des dort genannten Höchstbetrags (hier: 47,60 EUR) ein erweitertes Splitting nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG i.V. mit § 1587 b Abs. 1 BGB , so daß Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A in Höhe von weiteren 34,61 EUR auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der LVA zu übertragen seien.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

Richtig ist, daß die bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung im Anwartschaftsstadium als statisch und im Leistungsstadium als volldynamisch zu beurteilen sind (Senatsbeschluß vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959). Für die Zwecke des Versorgungsausgleichs ist deshalb der Wert dieser Anrechte in den Wert volldynamischer Anrechte umzurechnen. Dies hat das Oberlandesgericht zutreffend getan; auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

Nicht richtig ist jedoch, daß das Oberlandesgericht diese Anrechte gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG i.V. mit § 1587 b Abs. 1 BGB im Wege des erweiterten Splittings ausgeglichen hat. Einem Ausgleich im Wege des erweiterten Splittings sind, wie schon der Wortlaut des § 3 b Abs. 1 VAHRG verdeutlicht, nur solche Anrechte zugänglich, die nicht bereits nach § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 VAHRG ausgeglichen werden können und die, gäbe es die Möglichkeit eines Ausgleichs nach § 3 b VAHRG nicht, deshalb gemäß § 2 VAHRG schuldrechtlich ausgeglichen werden müßten. Das ist hier nicht der Fall. Die BVA/B ist, worauf sie im Beschwerdeverfahren selbst zutreffend hingewiesen hat, ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsträger mit der Folge, daß die bei ihr begründeten Anrechte nach § 1 Abs. 3 VAHRG im Wege des analogen Quasi-Splittings auszugleichen sind. Dies ergibt sich aus der Weiteranwendungsklausel des § 15 Abs. 1 Satz 1, 2 Bundeseisenbahnneugliederungsgesetz (BEZNG, vom 27. Dezember 1993 BGBl. I S. 2378, berichtigt 1994, 2439). Diese Regelung sieht für den Versichertenbestand im Zeitpunkt der Neuordnung des Eisenbahnwesens am 1. Januar 1994 weiterhin eine Zusatzversorgung durch die als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Funktion einer Pensionskasse ausgestaltete BVA/B vor. Ob für die Anrechte derjenigen Beschäftigten, für die die Weiteranwendungsklausel des BEZNG nicht zur Anwendung gelangt und für die die Deutsche Bahn AG deshalb zwar selbst Träger der ihnen zugesagten Versorgung ist, sich bei deren technischer Abwicklung aber (bis zum 31. Dezember 2003) im Wege eines Auftrags der BVA bedient (vgl. zum Ganzen Erman/Klattenhoff BGB 11. Aufl. § 1 VAHRG Rdn. 7), etwas anderes gilt, kann hier dahinstehen; denn diese Voraussetzungen - Einstellung bei der Deutschen Bahn AG nach 1994 - liegen hier nicht vor. Dementsprechend waren zum Ausgleich der bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung nicht Rentenanwartschaften des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BVA/A in Höhe von 34,61 EUR auf die Ehefrau zu übertragen, sondern - gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG - zu Lasten der bei der BVA/B bestehenden Anrechte des Ehemannes auf Zusatzversorgung für die Ehefrau Anrechte bei der LVA in dieser Höhe zu begründen.

Vorinstanz: SchlHOLG, vom 31.03.2004
Vorinstanz: AG Bad Oldesloe, vom 29.01.2004
Fundstellen
BGHReport 2005, 1058
FamRZ 2005, 1464
FamRZ 2005, 880
MDR 2005, 1055
NJW-RR 2005, 1017