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BGH - Entscheidung vom 29.09.2005

4 StR 420/05

Normen:
StGB § 25 Abs. 2 § 27 Abs. 1

Fundstellen:
NStZ 2006, 94

BGH, Beschluß vom 29.09.2005 - Aktenzeichen 4 StR 420/05

DRsp Nr. 2005/18355

Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe

1. Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. 2. Ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen.

Normenkette:

StGB § 25 Abs. 2 § 27 Abs. 1 ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat auf die Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO .

1. Nach den Feststellungen wirkte der Angeklagte als Wache und Fahrer eines Fluchtfahrzeugs an einem von Mahmut S., Haluk G. und Vedat So. geplanten und ausgeführten bewaffneten Überfall auf einen zur Barzahlung bereiten Kaufinteressenten eines von S. im Internet zum Verkauf angebotenen, tatsächlich aber nicht existierenden Pkw BMW Z 8 mit. Der Angeklagte erhielt aus der Tatbeute 500 Euro, den Rest der Beute von insgesamt 45.000 Euro teilten sich die anderen drei Tatbeteiligten.

Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Teilnahme an dem schweren Raub hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern will, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Ob ein Beteiligter dieses enge Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür können gefunden werden im Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, im Umfang der Tatbeteiligung und in der Tatherrschaft oder wenigstens im Willen zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH StraFo 1998, 166).

Hieran gemessen liegt nur Beihilfe vor: Der vom Angeklagten geleistete Tatbeitrag, der Anhaltspunkt für den Grad seines Tatinteresses sein könnte, war im Vergleich zu den Beiträgen der anderen Tatbeteiligten, wenn auch wichtig, so doch gering. Während S. die Tat plante und die wesentlichen Tatvorbereitungen traf, G. und So. den Überfall ausführten, beschränkte sich der Beitrag des Angeklagten darauf, die Zufahrt zum Tatort zu überwachen und eines der beiden Fluchtfahrzeuge zu steuern. Er war weder in die Tatplanung eingebunden noch an der unmittelbaren Tatausführung beteiligt. Die untergeordnete Bedeutung seines Tatbeitrags wird nicht zuletzt durch den ihm versprochenen und überlassenen lediglich geringfügigen Beuteanteil belegt. Der Angeklagte hatte auch keine Tatherrschaft. Vielmehr erbrachte er seinen Tatbeitrag nach den Anweisungen G.s (UA 10). Er war über wesentliche Einzelheiten der Tat, etwa die erwartete Höhe der Tatbeute, nicht informiert und hatte auf die Tatausführung keinerlei Einfluss. In Anbetracht dieser Feststellungen stellt sich das Verhalten des Angeklagten als Unterstützungshandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB dar.

Die Urteilsfeststellungen ergeben jedoch, auch wenn sie eine Verurteilung wegen Mittäterschaft nicht begründen, eine vorsätzliche Gehilfenhandlung des Angeklagten. Der Senat kann den Schuldspruch entsprechend umstellen. § 265 StPO steht einer Schuldspruchänderung nicht entgegen, da auszuschließen ist, dass sich der Angeklagte anders als geschehen hätte verteidigen können. Der Senat schließt weiter gehende Feststellungen, die eine Mittäterschaft begründen könnten, aus.

2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen. Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Tatrichter eine niedrigere Freiheitsstrafe verhängt hätte, wenn er die Tat als Beihilfe und nicht als Mittäterschaft gewertet hätte.

Vorinstanz: LG Dortmund, vom 11.04.2005
Fundstellen
NStZ 2006, 94