»1. Zu Verfassungsrechtsfragen im Zusammenhang mit Führung und Auswertung von kriminalpolizeilichen personenbezogenen Sammlungen. 2. Da der Schutz der Menschenwürde und der Handlungsfreiheit nach bayerischem Verfassungsrecht nicht hinter den im wesentlichen inhaltsgleichen Grundrechten des Grundgesetzes zurückbleibt, können die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur informationellen Selbstbestimmung jedenfalls in den Grundaussagen auch zur Auslegung von Art. 100 und 101 BV herangezogen werden. Von besonderer Bedeutung ist der Anspruch des Bürgers auf normative Bestimmtheit der Voraussetzungen und des Umfangs zulässiger Beschränkungen (BVerfGE 65, 1 ff.). 3. Wegen des grundrechtlich gesicherten Persönlichkeitsrechts der Personen, über die bei den Polizeibehörden Kriminalakten geführt werden, erscheint es nach Art. 101 i.V.m. Art. 100 BV geboten, daß der Gesetzgeber die Materie regelt, die bisher Gegenstand der Richtlinien für die Führung kriminalpolizeilicher personenbezogener Sammlungen ist. Dabei sind die erforderlichen Abgrenzungen zwischen den Rechten des einzelnen und dem Interesse der Allgemeinheit vorzunehmen. 4. Es ist nicht zweifelhaft, daß es im bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überwiegende Interessen des Allgemeinwohls gibt, über Informationen aus Kriminalakten zu verfügen; Datenschutz darf nicht zum Tatenschutz werden. 5. Gesetzliche Regelungslücken müssen unter Umständen für eine gewisse Zeit hingenommen werden, um dem Gesetzgeber ausreichend Zeit für die Beratung und den Erlaß der erforderlichen Vorschriften zu lassen. Das gilt insbesondere dann, wenn sich die Notwendigkeit von gesetzlichen Regelungen erst auf Grund neuer verfassungsgerichtlicher Erkenntnisse ergeben hat. Andernfalls könnte eine Funktionsunfähigkeit staatlicher Einrichtungen entstehen, die der verfassungsmäßigen Ordnung noch ferner stünde, als der bisherige, gesetzlich unzureichend geregelte Zustand (VerfGH 34, 82/98).«