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BSG - Entscheidung vom 23.07.2007

B 13/4 R 381/06 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 23.07.2007 - Aktenzeichen B 13/4 R 381/06 B

DRsp Nr. 2007/21215

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren, Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache

Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung des Senats über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist die Wiedergabe des der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalts. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 § 160a Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

Mit Beschluss vom 4.7.2006 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Gewährung höherer Regelaltersrente unter Anwendung von § 4 Abs 4 des Gesetzes zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittsgebiets ( AAÜG ) verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt den Anforderungen nicht, weil keiner der in § 160 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ( SGG ) abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Fragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) Eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung vom 28.8.2006 nicht gerecht.

Der Kläger bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfragen,

"ob § 4 Abs. 4 AAÜG und § 307b Abs. 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch ( SGB VI ) nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes kollidieren";

"ob die Zubilligung einer Vergleichsberechnung nach § 4 Abs. 4 AAÜG und § 307b SGB VI über die Stichtage 30.6.1995 bzw 31.12.1991 hinaus und die Zulässigkeit einer massiven Schlechterstellung einer kleinen Gruppe von Rentnern mit Renteneintritt zwischen dem 01.07.1995 und dem 31.12.2001 zulässig ist".

Der Senat lässt offen, ob der Kläger damit konkrete Rechtsfragen aufgeworfen hat. Jedenfalls lassen sich seinem Vortrag Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit dieser Fragen nicht entnehmen. Denn der Kläger gibt den der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalt überhaupt nicht wieder und ermöglicht somit dem Senat nicht einmal, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten - allein aufgrund seines Vortrags - ein Bild über den Streitgegenstand und seine rechtlichen wie tatsächlichen Schwerpunkte zu machen. Er begnügt sich vielmehr mit der Wertung, "aus Gründen des Vertrauensschutzes wäre ... eine andere Auslegung der BVerfGE notwendig gewesen". Das LSG habe die Auswirkungen eines begrenzten Vertrauensschutzes in seinem "Urteil" übersehen oder bewusst nicht behandelt (S 4 der Beschwerdebegründung).

Die Wiedergabe des der Entscheidung des LSG zugrunde liegenden Sachverhalts ist aber Mindestvoraussetzung für eine Entscheidung des Senats über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde (vgl BSG Beschlüsse vom 21.6.1999 - B 7 AL 228/98 B -, vom 3.11.1999 - B 7 AL 152/99 B - und vom 29.8.2003 - B 8 KN 7/03 B - alle veröffentlicht bei Juris; Senatsbeschluss vom 26.6.2006 - B 13 R 153/06 B). Denn für die Beantwortung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache ist die Wiedergabe des Sachverhalts erforderlich, damit insbesondere die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage beurteilt werden kann. Klärungsfähig ist nämlich allein eine Rechtsfrage, die für den zu entscheidenden Fall rechtserheblich ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31; BFHE 105, 335 , 336). Über die aufgeworfene Rechtsfrage müsste das Revisionsgericht also - in Ergänzung zur abstrakten Klärungsbedürftigkeit - konkret-individuell sachlich entscheiden können (BSG SozR 1500 § 160 Nr 39 und 53 und § 160a Nr 31; BVerwG Buchholz 310 § 75 VwGO Nr 11; BFHE 96, 41, 44). Dies erfordert, dass der Beschwerdeführer den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung und damit insbesondere den Schritt darstellt, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Ob und wieweit es auf die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage der vermeintlichen Ungleichbehandlung von Altersrentnern ankommt, deren Rentenbeginn vor dem 30.6.1995 oder - wie bei ihm - nach diesem Datum liegt, lässt sich indes vom Senat ohne Umschreibung des Streitgegenstands und des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts nicht beurteilen. Es ist auch nicht Sache des Revisionsgerichts, sich aus Anlagen zur Beschwerdebegründung (LSG-Beschluss; Lebenslauf; Berufungsschrift) dasjenige Vorbringen herauszusuchen, das für ihre Begründung geeignet sein könnte (BSG SozR 1500 § 160a Nr 14 S 21; Beschluss vom 8.6.2001 - B 12 KR 8/01 B - veröffentlicht bei Juris). Damit hat der Kläger den Senat nicht - wie erforderlich - in die Lage versetzt, den entscheidungserheblichen Sachverhalt ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten hinreichend genau zu erfassen.

Kann der Senat hiernach die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht beurteilen, muss aber die Beschwerde gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig verworfen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Chemnitz, vom 04.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 7 RA 283/03
Vorinstanz: SG Leipzig, vom 18.06.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 8 RA 316/02